Verbesserter Hirnschrittmacher soll Zwangsstörungen eindämmen

Erster Test an einer Patientin mit schwerer Zwangsstörung war erfolgreich

Von Cornelia Scherpe
3. März 2020

In Regensburg haben Forscher des dortigen Universitätsklinikums erstmals versucht, eine schwere Zwangsstörung durch einen speziellen Hirnschrittmacher einzudämmen. Der behandelten Patientin geht es nach dem Eingriff besser als zuvor. Die Freiwillige ist 36 Jahre alt und leidet seit über 20 Jahren an Zwangsgedanken. Auch intensive Behandlungen durch eine Verhaltenstherapie samt starken Medikamenten konnten ihr bislang nicht helfen und ihr Leidensdruck wuchs stetig. Sie nahm das Angebot des Zentrums für Tiefe Hirnstimulation am Universitätsklinikum Regensburg an und erlaubte den Neurochirurgen, sie mit einem neuartigen Hirnschrittmacher auszustatten.

Um Zwangsstörungen zu behandeln, nutzt die Neurowissenschaft seit rund zehn Jahren Hirnschrittmacher. Allerdings konnten die Modelle bislang nur festgelegte Signale an das Gehirn weitergeben. Das neue Modell misst die Aktivität der Nervenzellen und reagiert mit gezielteren Signalen darauf. Die Wirkung ist daher deutlich effektiver.

Hirnschrittmacher kommuniziert mit dem Smartphone

Das Gerät ist bereits in der EU zugelassen und wird derzeit vor allem bei Parkinson und Epilepsie genutzt. Eine Wirkung bei einer Zwangsstörung könnte mit der Patientin nun ebenfalls belegt werden. Schon kurze Zeit nach der Operation und der Erholung davon beschrieb die Frau, dass sie sich nahezu sofort besser gefühlt habe. Dabei war der Schrittmacher zwar implantiert, jedoch noch nicht aktiviert. Ein Placeboeffekt ist dies jedoch nicht. Aus anderen Hirnoperationen weiß die Forschung seit geraumer Zeit, dass die eingesetzten Elektroden allein durch ihre Anwesenheit eine Veränderung im Gehirn bewirken. Sie üben einen gewissen mechanischen Druck auf das Gewebe aus, der die Arbeit der Nervenzellen subtil beeinflusst. Viele Patienten spüren so erste Veränderungen.

Nachdem der Hirnschrittmacher bei der Patientin aktiviert wurde, trägt sie nun ein Zusatzgerät bei sich, das mit einer App ihres Smartphones kommuniziert. Die tägliche Nervenaktivität kann so aufgezeichnet und die Muster bei Zwangsgedanken ermittelt werden. Für eine individuelle Einstellung des Schrittmachers ist etwas Geduld gefragt. Die Forscher sind jedoch zuversichtlich, mit den Daten wichtige Erkenntnisse zu sammeln. Sollte der Patientin nicht ausreichend geholfen werden, kann der Hirnschrittmacher nicht nur deaktiviert, sondern auch wieder entfernt werden.