Auswirkungen des elterlichen Streits auf den Nachwuchs - Kindern faires Streiten beibringen

Die Auswirkungen des elterlichen Streits auf den Nachwuchs können erheblich sein. Kinder brauchen Harmonie, um glücklich aufwachsen zu können. Natürlich ist jedes Kind hin und wieder in Streitereien verwickelt. Von klein auf sollten die Eltern ihrem Nachwuchs aber faires Streiten lehren, so dass nicht mit Fäusten, sondern mit Worten gestritten wird. Lesen Sie, warum und inwieweit ein elterlicher Streit auch die Kleinen der Familie belastet und wie man Nachwuchs faires Streiten beibringt.

Von Claudia Haut

Natürlich kommt Streit in der besten Familie vor. Und Streit zwischen Eltern kann auch positiv für die kindliche Entwicklung sein, wenn er nur hin und wieder auftritt und nicht in einer Schlägerei endet.

So lernen die Kinder, dass auch ihre Eltern nicht immer einer Meinung sind. Klären die Eltern ihren Streit sachlich, dann lernen die Kinder, wie man einen Streit schlichtet, Kompromisse eingeht und sich anschließend wieder genauso gut verträgt wie zuvor.

Warum streiten Kinder?

Doch natürlich - und recht oft - streiten sich Kinder untereinander. Manchmal so viel und so lange, dass sich Eltern Sorgen machen, dass irgendetwas nicht stimmt. Oder es kommt zu Zankereien zwischen Kind und Eltern. Dabei hat der Nachwuchs gute Gründe, um auch mal lauter zu werden.

  • Kinder äußern ihre Bedürfnisse durch den Streit. Wenn sie noch sehr klein sind, fehlen ihnen die Worte, um das, was sie brauchen, wollen oder nicht gut finden, auszudrücken.

    Also kommunizieren sie anderweitig, beispielsweise, indem sie verärgert den Teller mit Gemüse wegschieben. Oder sie schubsen ein anderes Kind, das ihnen gerade das Lieblingsspielzeug weggenommen hat.

  • Kinder möchten angenommen werden. Und das bedeutet für viele, vor allem, wenn sie noch etwas jünger sind, im Mittelpunkt zu stehen. Zu jeder Zeit.

    Kommt ein neues Geschwisterkind und bekommt die Aufmerksamkeit, die das ältere Kind sich stetig wünscht, fängt es Streit an. Auch kann es sein, dass es eine bestimmte Erzieherin für sich beanspruchen möchte - nähert sich ein anderes Kind, wird gestritten.

  • Kinder brauchen Selbstbestätigung und Anerkennung. Haben sie Hunger, möchten sie auf der Stelle etwas zu essen, und nicht erst dann, wenn der Elternteil mit dem Bügeln fertig ist. Nicht erst dann, wenn auch alle anderen Kinder fertig mit dem Basteln sind.

    Sie möchten ihre eigene Persönlichkeit bzw. ihre Wünsche durchsetzen. Sie brauchen Lob - bekommt ein anderes Kind diese Anerkennung, wird ein Streit begonnen.

Streit hat somit auch wichtige Funktionen in der Kindheit. Er muss und sollte vor allen Dingen nicht umgehend beendet werden, da der Nachwuchs ihn benötigt, um wichtige Erfahrungen zu sammeln. Was jedoch wichtig ist, ist den Streit ernst zu nehmen - denn es stecken in vielen Fällen ernsthafte Bedürfnisse dahinter.

Dass Kinder streiten, ist wichtig für:

  • die soziale Entwicklung
  • das Verstehen von Regeln und die Alltagsstruktur
  • die Entwicklung der Selbstkompetenz

Kindern faires Streiten beibringen

Meinungsverschiedenheiten kommen gerade bei Kindern sehr häufig vor. Da findet die eine ihr eigenes Federmäppchen viel schöner als das des anderen Mädchens, ein Junge behauptet, er könne wesentlich besser Fußballspielen als der Freund, oder es gibt einfach Zankereien wegen anderer Nichtigkeiten.

Nichtigkeiten sind es jedoch nur in den Augen Erwachsener. Kinder sehen dies ganz anders und verteidigen ihre Meinung, ihre Spielsachen und andere Dinge vehement.

Wenn es sein muss, auch mit Gewalt. Doch davon sollte man seine eigenen Kinder abhalten.

Einen Streit mit Worten klären

Streit gehört zum Leben dazu und sollte auch nicht sofort von Erwachsenen unterbunden werden. Im Streit können die Kinder eine Menge lernen.

Jedoch können Meinungsverschiedenheiten mit Worten wesentlich besser geklärt werden als mit Gewalt. Lernen die Kinder dies von klein auf, so wenden sie es auch an. Natürlich müssen auch die Eltern diese Form des Streites ihren Kindern genau auf diese Weise vorleben.

Der Stärketest

Geht es um reine Machtkämpfe, so kann man den beiden Streithähnen beispielsweise ein Seil geben. Jeder darf an einem Ende ziehen. Der Stärkere hat gewonnen und zum Schluss gibt man sich freundschaftlich die Hand.

Um die Kinder dahingehend zu erziehen, dass sie Meinungsverschiedenheiten durch Worte klären, kann man sie auch an einen Tisch setzen und in Ruhe über das Streitthema reden. Ein Erwachsener sollte jedoch dabei sitzen und den Unparteiischen spielen.

Rollenspiele

Wenn der größte Ärger verraucht ist, so helfen auch Rollenspiele, um das Streiten mit Worten zu üben. Hat eine Meinungsverschiedenheit zuvor in einer Schlägerei geendet, so sollte man die Situation nachspielen, dann jedoch nicht zur Gewalt greifen sondern versuchen, zusammen mit den Kindern die richtigen Worte zu finden, wie die Situation mit Gesprächen hätte entschärft werden können. Was die Kinder anfangs vielleicht etwas belustigend finden, werden sie irgendwann jedoch umsetzen.

Sich füreinander einsetzen

Und hat ein Streit dennoch in Gewalt geendet, so sollte der "Gewinner" dazu gebracht werden, ein Pflaster, eine Creme, einen Waschlappen etc. zu holen und seinen Freund oder die Freundin bzw. den Bruder oder die Schwester zu verarzten. Anschließend können sich die beiden Parteien auch hier die Hand geben und wieder Frieden schließen, denn eigentlich versteht man sich ja ganz gut.

Um Kindern faires Streiten beibringen zu können, sollten Erwachsene bzw. Eltern aber auch selbst an ihrem Verhalten arbeiten - ständige Auseinandersetzungen können die Entwicklung des Nachwuchses deutlich beeinflussen...

Mögliche Auswirkungen ständigen Streits

Streiten sich die Eltern hingegen ständig und/oder werden sogar handgreiflich, so ist dies alles andere als positiv für die Entwicklung von Kindern. Kinder, die das ständig miterleben müssen, reagieren mit unterschiedlichen Verhaltensweisen darauf.

Verhaltensauffälligkeiten und Erkrankungen

Die einen ziehen sich völlig zurück und igeln sich in ihrem Zimmer ein, die anderen werden aggressiv anderen Kindern oder Erwachsenen gegenüber. Es gibt aber auch viele Kinder, die anfangen,

  • ständig an den Nägeln zu kauen
  • sich Haare auszureißen oder
  • sich selbst Verletzungen zuzufügen.

Auch Erkrankungen wie die Magersucht können die Folge davon sein, wenn das Kind zu Hause keine Harmonie vorfindet.

Schulprobleme

Kinder, die schon zur Schule gehen, bringen aufgrund der negativen häuslichen Situation häufig schlechtere Noten mit nach Hause als noch ein paar Monate zuvor. Sie können sich in der Schule nicht mehr richtig konzentrieren und haben auch zu Hause nicht die Ruhe, ihre Hausaufgaben ordentlich zu erledigen.

Ängste und Gefühle

Kinder, deren Eltern sich ständig streiten, haben aber auch die unbewusste Angst, die Eltern könnten sich trennen. Natürlich will ein Kind Mama und Papa nicht hergeben und fürchtet, es könnte bei einer Trennung den Kontakt zumindest zu einem Elternteil verlieren.

Dabei ist ein Schlussstrich unter die Beziehung in Form einer Trennung für die Kinder auf Dauer besser zu ertragen als Eltern, die den Kindern etwas vorspielen und nur wegen der Kinder noch unter einem Dach wohnen. Kinder haben sehr feine Antennen und spüren, wenn ständiger Streit in der Luft liegt.

Diese Situation macht Kinder krank. Eine Trennung ist zwar im ersten Moment sehr schlimm für die Kinder; auf lange Sicht hin gesehen jedoch besser, als ständig den Streit von Mama und Papa ertragen zu müssen.

Worauf sollten Eltern achten?

Doch natürlich kommen auch Streitgespräche vor, ohne dass die Trennung vom Partner auch nur in Erwägung gezogen wird. Hin und wieder kommt es nunmal zu Auseinandersetzungen, zum Beispiel aufgrund von Meinungsverschiedenheiten. In solchen Fällen sollten betroffene Eltern ein paar Punkte beachten.

Den Streit wenn möglich lieber nicht vor den Kindern austragen
Den Streit wenn möglich lieber nicht vor den Kindern austragen

Zunächste einmal sollten Kinder wissen, dass auch mal ein Streit zu einer Beziehung dazugehören kann. Nicht immer ist es möglich, den Nachwuchs vor Auseinandersetzungen zu schützen, doch sollte es so gut es geht vermieden werden, sie vor den Kindern auszutragen. Das Problem ist, dass Kinder erst ab einem bestimmten Alter unterscheiden können, ob es sich um einen echten Streit oder lediglich ein etwas lautstärkeres, kritisches Gespräch handelt - hier sind Verunsicherungen vorprogrammiert.

Um dies zu vermeiden, sollten Eltern generell darauf achten, beim Thema zu bleiben und den Partner nicht generell infrage stellen. Des sollten solche Gespräche einen Lösungsversuch zum Ziel haben; eine Versöhnung ist wichtig, denn auf diese Weise lernen Kinder.

Dass trotz Streit zwischen dem Elternpaar alles in Ordnung ist, ist ein wichtiges Signal, welches der Nachwuchs braucht. Wird dieses ausgesendet, verstehen Kinder, was es heißt, konstruktiv zu streiten. Zu den Tabus im elterlichen Streit zählen:

  • die Themen Trennung, Geldsorgen, Intimitäten
  • Wutausbrüche und Gewalt
  • das Einbeziehen der Kinder in den Streit