Sozial stark: Wer zweisprachig aufwächst, kann bei Missverständnissen besser vermitteln

Bilinguale Erziehung schafft bei einem Irrtum schnelleres Erkennen und Lösungsvorschläge

Von Cornelia Scherpe
23. Februar 2017

Viele Eltern legen Wert darauf, dass ihre Kinder zweisprachig aufwachsen. Manche Jungen und Mädchen lernen gleichzeitig Deutsch und die Muttersprache ihrer Eltern. Andere werden bereits im Kindergarten mit Englisch in Kontakt gebracht, um die Weltsprache spielerisch zu erlernen.

Kritik an bilingualer Erziehung gibt es von vielen Seiten. Viele Erzieher und Grundschullehrer beobachten beispielsweise, dass durch das gleichzeitige Erlernen zweier Sprachen die Kinder insgesamt einen geringen Wortschatz haben.

Das macht Sinn, da sie pro Sprache weniger Lernzeit hatten als Kinder, die einsprachig aufwachsen. Das führt dazu, dass den Kindern im Alltag Wörter fehlen, sie mitten im Satz in die andere Sprache wechseln und damit auch Satzkonstruktionen vermischen.

Schon früh werden erste Aufklärungsversuche gestartet

Viele Entwicklungspsychologen sehen in dieser Tatsache aber keinen Nachteil, sondern vielmehr einen Vorteil. Da die Kinder in alltäglichen Situationen oft mit Missverständnissen konfrontiert werden, üben sie sich früh darin, die Situationen aufzuklären. Das schult sie auf sozialer Ebene und ist damit ein echter Gewinn.

Wie das in der Praxis aussieht, hat eine Schweizer Forscherin herausgearbeitet. Sie führte eine Studie mit 111 Jungen und Mädchen durch. Die Kinder waren maximal drei Jahre alt und wurden entweder ein- oder zweisprachig erzogen.

Die Entwicklungspsychologin zeigte jedem Kind einen Stoffelefanten und erklärte, der Elefant möchte spazieren gehen und dafür muss er Schuhe anziehen. Sie zog dem Plüschtier drei Schuhe an, behielt den letzten Schuh in der Hand und tat so als suche sie das Kleidungsstück im Raum. Alle Kinder versuchten dem Elefant zu helfen und deuteten mit dem Finger auf die Hand der Versuchsleiterin.

Sie tat in diesem Moment so, als hätte das Kind auf ein Bild hinter ihr gezeigt und schaffte so ein klassisches Missverständnis. Die bilingualen Kinder erklärten ihr daraufhin den Irrtum, während die übrigen Kinder in der Mehrheit der Fälle hilflos waren und nicht wussten, wie sie mit dem Missverständnis umgehen sollten.