Carving - Merkmale, Fahrtechniken und typische Pisten

Carving ist die neue, moderne Form des Skifahrens. Unterscheidet sich für den Laien die Sportart nur unwesentlich vom herkömmlichen Skifahren, so sind für den Fahrer selbst tatsächlich deutliche Unterschiede spürbar. Die sehr kurzen und taillierten Carving-Ski weisen komplett andere Fahreigenschaften auf als herkömmliche Langski. Und so lassen sich auch die alt bewährten Techniken nicht einfach übernehmen. Manche können abgewandelt werden, andere Techniken müssen jedoch komplett neu erlernt werden, um dem Carving den authentischen Fahrspaß abzugewinnen. Lesen Sie alles Wissenswerte zum Carven.

Von Kathrin Schramm

Carving - Merkmale und Techniken

Schon die Namensgebung des Carvings lässt erste Rückschlüsse auf die Techniken zu: denn "carving" bedeutet in der englischen Sprache "schnitzen". So besteht die Carving-Technik darin, sichtbare Fahrspuren in den Schnee zu schnitzen. Dies gelingt dem Skifahrer dadurch, dass er Kurven nicht wie bisher durchgleitet, sondern sie komplett auf den Kanten durchfährt.

Dies erfordert einiges an Kraft und Stehvermögen, wird jedoch durch die kurze, taillierte Form der Ski ermöglicht. Die Fliehkräfte werden hier optimal genutzt.

Der herkömmliche Fahrstil wird im Wesentlichen in aufrechter Haltung gefahren. Zwar legt sich der Fahrer auch in die Kurven, um die Flieh- und Zentrifugalkräfte zu nutzen, beziehungsweise auszugleichen, doch meist erst bei höheren Geschwindigkeiten. So kann ein Anfänger den herkömmlichen Fahrstil auch in einem sehr niedrigen Tempo gut erlernen.

Auch weniger geübte oder weniger risikofreudige Sportler können mit dem herkömmlichen Fahrstil sehr gut zurecht kommen, da sie sowohl ihre Geschwindigkeit als auch ihre Neigung selbst kontrollieren können. Darum werden bevorzugt ältere Menschen, die sich körperlich nicht mehr allzu extrem belasten wollen, vermutlich eher beim klassischen Fahrstil bleiben.

Fahren über Lage

Eine der beiden hauptsächlichen Carving-Techniken ist die Inklination oder das "Fahren über Lage". Dabei wird die Kurve über den Innenski eingeleitet, während sich der ganze Körper immer näher zum Hang neigt.

Durch die wirkenden Zentrifugalkräfte wird diese Technik erst möglich. Die Ski werden eingekantet, und der Richtungswechsel in der Kurve erfolgt durch ein kräftiges Kippen der Kanten in die neue Fahrtrichtung.

Bei dieser dynamischen Fahrweise werden die wirkenden Kräfte genutzt und Muskelkräfte eingespart, ähnlich wie beim Snowboarden. Ideal sind hierfür gut präparierte Pisten in mittlerer bis steiler Hangneigung und mit besonders griffigem Schnee.

Fahren mit Hüftknick

Die zweite der Grundtechniken des Carving ist die so genannte Angulation, das "Fahren mit Hüftknick". Dabei wird die Kurve über den Außenski eingeleitet, und die Knie werden zur Innenseite des Hanges gedrückt, damit die Ski aufkanten können.

Der Oberkörper muss dabei vom Hang weg geneigt werden, damit die auftretenden Flieh- und Zentrifugalkräfte austariert werden. So entsteht ein Abknicken im Hüftbereich.

Der Kurvenwechsel bei der Angulation wird durch ein aktives Entlasten der Ski erzielt. Hier kommt Muskelkraft zum Einsatz. Am Ende der Kurve wird erneut aufgekantet.

Die Knie drücken zur Innenseite des Hangs. Damit ähnelt die Technik der Angulation sehr stark der herkömmlichen Technik des Skifahrens aus den Zeiten, bevor das Carving erfunden wurde.

Lachende Frau in Skimontur mit Skiern auf der Schulter unter blauem Himmel mit Sonne, im Hintergrund Berge
Lachende Frau in Skimontur mit Skiern auf der Schulter unter blauem Himmel mit Sonne, im Hintergrund Berge

Carving-Ski: Länge und Schliff

Carving Ski sind im Unterschied zu den früher verwendeten Skiern sehr viel kürzer, meist sogar kürzer als die eigene Körpergröße des Skifahrers. Sie sind sehr stark tailliert, verfügen aber im vorderen Bereich über regelrechte Schaufeln, und sind auch im hinteren Bereich sehr flach und breit ausgestellt. Auch der Kantenschliff weicht vom üblichen Schliff ab und ermöglicht ein optimales Kurvenfahren.

Unterschiede in Fahrverhalten und Körperhaltung

Dies machte die Carving Ski zu Anfang sehr gewöhnungsbedürftig. War man doch lange, schmale und sehr elegante Latten gewöhnt, so erschienen einem die Carving Ski zu Anfang plump und schwer fahrbar.

Doch dies ist ein Irrtum. Ein geübter Fahrer kann auf einem Carving Ski schnellere Geschwindigkeiten erreichen als auf einem normalen Ski.

Beim Carven wird nicht in der Fall-Linie der Piste gefahren und kurz geschwungen, wie dies beim Skifahren üblich war. Im Gegenteil: Die Breite der Piste wird komplett ausgenutzt.

Die Körperhaltung ist sehr stark vorgebeugt und in den Knien, so dass sich der Fahrer optimal in die Kurven legen kann. Die Zentrifugalkraft sorgt für den Rest.

In der Kurve wird durch langsames kontinuierliches Umsteigen das Standbein gewechselt. Trotz dieses vermeintlich gemächlichen Bewegungsablaufs werden beim Carven hohe Geschwindigkeiten erreicht.

Für Anfänger geeignet

Die Ski sind kurz, breit und sehr stark tailliert. Der Fahrer hat auf ihnen einen guten und sicheren Stand, und kann sein Sportgerät so sehr viel einfacher kontrollieren. Deshalb kann auch ein wenig geübter Skifahrer auf Carving-Ski Erfolge erzielen, auch wenn er nicht die optimale Carving-Technik fährt, sondern einen Mix aus Carving und herkömmlichem Stil.

Skifahrer mit roter Hose und roten Stöcken bei einer schwungvollen Abfahrt
Skifahrer mit roter Hose und roten Stöcken bei einer schwungvollen Abfahrt

Geeignete Pisten

Nicht jede Skipiste ist auch fürs Carven geeignet. Gerade Anfänger sollten bei der Wahl der Piste einige Punkte beachten.

Gut präparierte, nur wenig wellige und breite Pisten werden bevorzugt. In sehr lang gezogenen Schwüngen, die mitunter an Schlittschuhschritte erinnern, fährt der Carver ins Tal.

Doch Carving Ski eignen sich auch für die Buckelpiste und für Kurzschwünge. Hier hilft ihre taillierte Form beim schnellen und einfachen Kurvenfahren.

Zum Einstieg: Flache Pisten

Geradezu ideal fürs Carving sind

  • Pisten ohne größere Erhebungen,
  • die zudem gut präpariert sind
  • und über eine feste Schneeauflage verfügen.

Je breiter eine solche Piste ist, desto besser lassen sich Carvingschwünge üben und perfektionieren. Solche Pisten sind häufig auch als "Autobahnen" bekannt.

Carvingeinsteiger können zuerst auf etwas flacheren Pisten üben. Wer die Technik schon gut beherrscht, kann sich steilere Pisten suchen. Doch Vorsicht: Durch das starke Gefälle erhöht sich auch Ihre Fahrgeschwindigkeit.

Für die Profis: Tiefschnee

Junge Frau mit Strickmütze und Skibrille, dahinter Berg Panorama
Junge Frau mit Strickmütze und Skibrille, dahinter Berg Panorama

Wahre Profis können ihre Carvingkünste auch im Tiefschnee zeigen, jedoch ist dies nicht ganz ungefährlich, da sich Unebenheiten unter der tiefen Schneeschicht verstecken können. Eine zu rasante Geschwindigkeit kann deshalb schnell zu Stürzen führen.

Doch keine Sorge: Mit Ihrer Carving-Ausrüstung können Sie in nahezu jedem Gelände zurecht kommen. Denn die kurzen, stark taillierten Ski erlauben zwar das Durchschneiden der Kurven bei hohen Geschwindigkeiten und ermöglichen das schnelle Dahingleiten, sie setzen es aber nicht voraus. Deshalb können Sie auch in nicht unbedingt fürs Carven geeignetem Gelände mit Ihren Carvingski viel Spaß auf der Piste haben.

Die Buckelpiste meistern

In der klassischen Buckelpiste zum Beispiel bieten die Carving Ski den eindeutigen Vorteil, dass sie durch die leichte Taillierung sehr einfach zu steuern sind. Zudem bleibt man mit den kurzen Enden nicht an den Hügeln hängen, sondern schlüpft elegant auch durch den kleinsten Engpass.

Vermeiden Sie hier einfach das starke Aufkanten, wie es beim Carven üblich ist, sondern nutzen Sie Ihre Ski nach der herkömmlichen Skitechnik. Eine gebückte Fahrweise in der tiefen Kniehaltung optimiert dabei das Dreh- und Wendeverhalten Ihrer Ski. Idealerweise haben Sie auf Pisten, die fürs Carving nicht ideal sind, dann auch noch Ihre Skistöcke zur Unterstützung dabei.

Gefahren

Carvingski bergen jedoch die Gefahr, dass das eigene Fahrkönnen überschätzt wird. Die Anzahl der eher mittelmäßigen Skifahrer, die auf Carving Skiern in extrem hohen Geschwindigkeiten rücksichtlos über die Pisten fahren, nimmt leider immer mehr zu.

Ein ungeübter Fahrer sollte nicht mit hoher Geschwindigkeit fahren, sondern

  • seine Fahrbahn
  • sein Beschleunigen und
  • sein Anhalten

stets optimal unter Kontrolle halten. Dies gelingt beim Carving häufig nicht, und so sind spektakuläre Stürze nicht selten zu sehen.

Manche Fahrer, die unkontrolliert über die Pisten schießen, gefährden damit nicht nur sich, sondern auch andere. Nicht jeder Sportler schätzt zudem die hohen Geschwindigkeiten. Wer es also lieber etwas sicherer, gemütlicher oder beschaulicher mag, für den ist der herkömmliche Fahrstil sicher der geeignetere.

Tipps zum richtigen Carven

Um das Carven zu erlernen, ist der Besuch eines Kurses in einer Skischule zu empfehlen. Es ist jedoch ebenso möglich, sich die Techniken selbst anzueignen. Dabei sollten einige Tipps beherzigt werden.

Die Grundposition ist beim Carven besonders wichtig. Entscheidend ist das leichte Anwinkeln von Fuß-, Knie- und Hüftgelenken. Die Skistellung sollte hüft- bis schulterbreit ausfallen.

Ein Merkmal sollte auch auf die Arme gelegt werden. Diese sind idealerweise ebenso leicht gebeugt und locker seitlich vor dem Körper gehalten.

Für die Einleitung der Kurve ist Beinarbeit gefragt: man belastet die Innenkante des äußeren Skis. Der Körperschwerpunkt wird in Richtung der Kurvenmitte gelegt; der Oberkörper sollte möglichst nicht rotiert werden.

Für eine bessere Belastung des Außenskis lässt sich folgende Übung durchführen: man hebt den inneren Arm und drück den äußeren nach unten. Die Belastung ist umso größer, je extremer man sich in dieser Form bewegt. Nun kann man noch versuchen, langsam den Skischuh zu berühren.

In der Kurve ist eine Ausgleichbewegung notwendig, um gegen die Schräglage anzugehen und somit auch zu verhindern, dass man seitlich wegrutscht. Das Becken wird leicht nach hinten gedrückt, die Hüfte seitlich in Richtung des Hanges geschoben.

Schließlich gilt es noch, typische Fehler zu vermeiden. Der Innenski sollte nicht zu stark belastet werden, ansonsten kann er wegkanten. In der Kurve sollte er kurz angehoben werden; auf diese Weise wird er entlastet.

Die Kurven sollten zudem stets komplett zu Ende gefahren werden; es gilt, nicht ins Driften zurück zu fallen. Stattdessen sollten ein paar Carving-Schwünge in geringerer Anzahl, dafür mit vollem Einsatz absolviert werden, um anschließend ein paar Erholungsschwünge auszuführen.

Skifahrer fährt steilen Hang in Bergen runter, blauer Himmel, Sonnenschein
Skifahrer fährt steilen Hang in Bergen runter, blauer Himmel, Sonnenschein

Wer sein Können als Freizeitcarver einmal unter Beweis stellen möchte, hat beim so genannten Carving Cup Wettbewerb die Möglichkeit dazu...

Der Carving Cup Wettbewerb

Längst hat das Carving sich auf den Skipisten der meisten Wintersportorte fest etabliert und ist nicht mehr weg zu denken. Auch viele weniger geübte Skifahrer haben die Vorteile des Carvings erkannt und sind auf die breiteren und kürzeren Bretter umgestiegen, auf denen sie mehr Halt und Stand finden, auch wenn sie die tatsächlichen Carving-Techniken nicht voll ausfahren können.

Nichts für Anfänger: Beim Carving-Cup-Wettbewerb treten Amateure mit hohem Leistungsniveau gegeneinander an.

Begeisterte und engagierte Sportler jedoch haben das Carving immer weiter entwickelt und so weit perfektioniert, dass es nicht lange dauerte, bis sie nach Wettkämpfen verlangten. So wurde schon Mitte der 90er Jahre der Carving Cup erfunden und etabliert.

Wettkampf für Freizeitsportler

Die Teilnehmer des Carving Cup sind reine Amateure. Zwar wurde die Veranstaltung vom Internationalen Skiverband FIS akzeptiert und auch übernommen, doch bietet er keine Plattform und Möglichkeiten für Profisportler. So sind und bleiben die wettkampfmäßig organisierten Carver immer noch Freizeitsportler, die sich mit ihren Leistungen jedoch auf einem sehr hohen Niveau bewegen.

Regeln

So waren es auch die wahren und unverbesserlichen Carving-Enthusiasten, die sich den Carving Cup, sein Reglement und seine Bewertungsgrundlagen ausdachten und ihn erstmals durchführten. Nicht nur der Ablauf des Carving Cup, sondern auch sein Regelwerk unterscheiden sich eklatant von den Regularien sonstiger alpiner Skirennen.

Der größte und augenfälligste Unterschied jedoch ist es, dass es beim Carving Cup nicht darum geht, eine vorgegebene Strecke oder Abfahrt in der möglichst geringsten Zeit zu durchfahren. Vielmehr geht es darum, innerhalb eines vorab definierten Zeitrahmens so viele Punkte als möglich zu holen.

Das Fahrfeld wird durch am Boden liegende Bojen markiert, nicht wie bei alpinen Skirennen durch Stangen. Dabei markieren jeweils drei zusammen gehörige Bojen eine Kurve. Wie viele dieser Bojen in der Kurvenlinie umfahren werden, bestimmt der Rennläufer selbst.

Davon hängt es auch ab, wie viele Punkte er einheimsen kann. Der Parcours ist dabei so gewählt, dass mit spektakulären Fahrlinien eine sehr hohe Punktzahl erzielt werden kann.

Der Carving Cup ist daher auch für Zuschauer sehr interessant und spektakulär. Gefahren wird übrigens komplett ohne den Einsatz von Stöcken, die man jedoch beim regulären Carving auf den Skipisten immer noch sieht.

K.O.-System

Der Carving Cup wird in mehreren Runden und Durchläufen ausgetragen, bei denen die Athleten im K.O.-System gegeneinander antreten. Um einen Sieg oder eine vordere Platzierung zu erzielen, sind also mehrere gewagte Abfahrten notwendig, und der Fahrer muss zeigen, was er kann. Zufallssiege werden auf diese Weise ausgeschlossen.

  • Johannes Roschinsky Carven - Faszination auf Skiern, Meyer & Meyer Sport, 2006, ISBN 3898992535
  • Jürgen Kemmler Carven: Buckelpiste á Tiefschnee, BLV Verlagsgesellschaft, 2000, ISBN 3405159598

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