Häusliche Pflege von Angehörigen - Rechte, Pflichten und Hinweise zum Familienpflegezeitgesetz
Häusliche Pflege kann auch von Angehörigen durchgeführt werden. Dabei gibt es jedoch einiges zu beachten. Für die zu pflegende Person hat diese Variante natürlich einige Vorzüge; kann sie doch in einer ihr vertrauten Umgebung wohnen bleiben. Diejenigen, die über die Pflege eines Angehörigen nachdenken, sind sollten sich jedoch darüber klar werden, was für einer Herausforderung sie sich damit stellen. Auch beruflich gilt es, sich über einiges zu informieren. Lesen Sie über die Rechte und Pflichten in Sachen häusliche Pflege.
Häusliche Pflege - Grundlegende Aspekte
Die häusliche Pflege stellt eine Alternative zur Pflege im Heim dar. Zu diesem Zweck kann Fachpersonal engagiert werden; man kann die Aufgabe auch als Angehörige erledigen. So oder so - wird ein geliebter Mensch pflegebedürftig, wird man als Verantwortlicher mit einer Menge Fragen konfrontiert.
Wichtigster Punkt ist, sich zu fragen, ob man die Pflege übernehmen kann. Dabei sollte man ehrlich zu sich selbst sein und abwägen, ob man sich dieser Aufgabe gewachsen fühlt. Doch auch wenn dem so ist, sollte man überlegen, wer einem bei dieser Arbeit helfen kann, wozu auch zählt, andere Arbeiten abgenommen zu bekommen.
Wer vorübergehend den Angehörigen nicht pflegen kann, kann die so genannte Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Dies ist beispielsweise bei
- Urlaub
- einer nötigen intensiven Pflege, etwa nach einem Krankenhausaufenthalt
- vor der endgültigen Aufnahme in ein Heim
möglich. Bei der Tages- und Nachtpflege erhält die pflegebedürftige Person eine intensive Betreuung samt Therapie. Gleichzeitig kann die betreuende Person entlastet werden - eine Auszeit, regelmäßig fällig wird, kann während dieser Zeit wahrgenommen werden. Auch die Verhinderungspflege wird in solch einer Situation wahrgenommen.
Unterstützung kann man auch durch einen ambulanten Pflegedienst erhalten. Dieser hilft etwa bei der Hygiene oder bei der Essenszubereitung.
Wer selbst die Pflege übernehmen möchte, sollte sich vor allem über das Pflegezeitgesetz informieren...
Pflegezeitgesetz
Durch verschiedene Umstände kann ein Mensch zum Pflegefall werden. Die meisten Pflegebedürftigen wünschen sich dann, dass sie in einer vertrauten Umgebung und von ihren Angehörigen betreut werden. Für diese bedeutet eine häusliche Pflege meist eine große Herausforderung.
Pflegezeitgesetz ab Juli 2008
Wer einen nahen Angehörigen pflegen möchte, hat Anspruch auf eine gewisse Pflegezeit, deren Dauer bis zu sechs Monate betragen kann. Es folgt zunächst eine Übersicht des Gesetzes, welches ab Juli 2008 gültig war.
Nach dieser Regelung haben Angestellte das Recht, ihren Arbeitsplatz kurzfristig für einen Zeitraum von zehn Tagen zu verlassen, damit sie für einen nahen Angehörigen bei einer akuten Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege sicherstellen oder organisieren können.
Ist eine längere häusliche Pflege erforderlich, haben berufstätige Angehörige auch die Möglichkeit, sich teilweise oder vollständig von ihrer Arbeit für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten freistellen zu lassen. Auf diese Weise können sie den Umfang ihrer Berufstätigkeit dem Pflegebedarf des Angehörigen anpassen.
In dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer jedoch kein Gehalt, dafür bleiben Arbeitslosen- und Sozialversicherung bestehen. Als nahe Angehörige gelten
- Ehepartner
- Eltern
- Großeltern
- Schwiegereltern
- Geschwister
- leibliche Kinder
- Kinder des Lebenspartners und
- Adoptivkinder.
Ärztliche Bescheinigung
Für eine Freistellung für zehn Tage muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die bestätigt, dass bei einem nahen Angehörigen eine akute Pflegebedürftigkeit vorliegt. Möchte man sich bis zu sechs Monate freistellen lassen, muss eine Bescheinigung des medizinischen Dienstes der Krankenkasse oder der Pflegekasse vorgelegt werden.
Die Verhinderung an der Arbeitsleistung sowie deren Länge ist dem Arbeitgeber umgehend mitzuteilen. Nicht gültig ist das Pflegezeitgesetz für Beamte.
Nach Ablauf der Pflegezeit kann der Arbeitnehmer wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. In der Regel erfolgt für die Zeit der Pflege die Rentenversicherung über die Pflegekasse. Sollte es nötig sein, übernimmt die Pflegekasse auch Pflegeversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge bis zur Höhe des Mindestbeitrags.
Pflegezeitgesetz ab 2012
Durch das neue Familienpflegezeitgesetz (FPflZG) haben berufstätige Menschen bessere Möglichkeiten, ihren Beruf und die Pflege eines Angehörigen leichter unter einen Hut zu bringen. Es ist seit dem 1. Januar 2012 gültig.
Immer mehr Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig und benötigen fremde Hilfe für die Verrichtung verschiedener alltäglicher Dinge. So werden etwa 1,7 Millionen Pflegebedürftige von Angehörigen oder ambulanten Diensten in ihren heimischen vier Wänden gepflegt.
Wer jedoch einem Beruf nachgeht, hat es nicht leicht, seine beruflichen Tätigkeiten mit der Betreuung einer pflegebedürftigen Person miteinander zu vereinbaren. Das im Oktober 2011 vom Bundestag verabschiedete Familienpflegezeitgesetz soll nun Abhilfe schaffen.
Vor der Einführung des neuen Gesetzes hatte man als Arbeitnehmer nur zwei Möglichkeiten, wenn man einen pflegebedürftigen Angehörigen betreuen wollte. Entweder zog man sich, ohne Gehalt zu bekommen, für sechs Monate aus dem Berufsleben zurück, oder man ließ sich spontan für einige Tage vom Arbeitgeber freistellen, damit man in dieser Zeit für eine bedarfsgerechte Pflege sorgen konnte.
Allerdings ließ sich die erste Möglichkeit nur dann realisieren, wenn man in einem Betrieb mit mehr als 15 Mitarbeitern tätig war. Beide Regelungen sind übrigens auch weiterhin wirksam.
Zusätzliche Neuerungen
Das neue Familienpflegezeitgesetz sieht nun vor, dass der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber abspricht, für einen Zeitraum von zwei Jahren weniger zu arbeiten. Möchte der Arbeitnehmer beispielsweise anstatt einer bisherigen Vollzeitstelle nun eine halbe Stelle, bekommt er während der Pflegezeit 75 Prozent an Gehalt. Ist nach spätestens zwei Jahren die Pflegezeit vorbei, tritt die Nachpflegephase in Kraft, die den gleichen Zeitraum umfasst wie die eigentliche Pflegephase.
Auf diese Weise sollen Stunden- und Lohnkonto ausgeglichen werden. Das heißt, dass der Arbeitnehmer wieder voll arbeitet.
Sein volles Gehalt bekommt er jedoch erst wieder, wenn er sein Minus an Arbeitsstunden abgebaut hat. Nach Ende der Nachpflegephase darf der Arbeitnehmer wiederum eine Pflegephase beantragen.
Grundsätzlich haben sämtliche Angestellte, die einen pflegebedürftigen Verwandten in dessen häuslicher Umgebung betreuen wollen, Anspruch auf Familienpflegezeit, sofern der Angehörige mindestens Pflegestufe 1 aufweist. Die Regelung gilt unabhängig von der Größe des jeweiligen Betriebes.
Es handelt sich allerdings nicht um einen Rechtsanspruch. Das heißt, dass der Arbeitgeber die Familienpflegezeit ablehnen kann, wenn er einen wichtigen Grund dafür hat.
Stimmt der Arbeitgeber jedoch zu, hat er die Möglichkeit, beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, einen Antrag auf ein zinsloses Darlehen zu stellen. Dieses wird dann in der Nachpflegezeit von einem einbehaltenen Teil des Arbeitnehmergehaltes wieder zurückgezahlt.
Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, einen Angehörigen zu pflegen, sollten Sie sich gründlich damit auseinandersetzen, was mit dieser Aufgabe auf sie zukommt.
Herausforderung und Belastung für Pflegende
Pflege ist nicht erst im Alter ein Thema, denn in jedem Alter kann man in eine Situation kommen, in der man sich nicht mehr selbst versorgen kann. Ob durch
- Krankheit
- Behinderung oder
- das Alter ausgelöst,
die Situation, im Alltag auf andere Menschen angewiesen zu sein, belastet viele Menschen stark. Doch nicht nur der Pflegebedürftige leidet häufig unter der Situation, sondern auch für Pflegende ist die Pflege eines Familienmitglieds häufig eine kaum zu bewältigende Herausforderung und eine körperliche und seelische Belastung. Häufig leiden beide Seiten unter der Belastung und die Pflege wird dadurch erschwert.
Selber pflegen oder pflegen lassen?
Bevor man sich entscheidet einen Angehörigen selbst zu pflegen, sollte man sich darüber klar werden, dass dies Schwerstarbeit bedeutet, die zu starken körperlichen und seelischen Belastungen führen kann. Daher ist es sinnvoll, genau abzuklären, ob eine häusliche Pflege auch wirklich machbar ist und die Familie die Belastungen aushält.
Außerdem wird empfohlen, sich genauestens über den Zustand des Pflegebedürftigen zu informieren, um zu wissen, was einen erwartet. Sehr hilfreich kann die Inanspruchnahme eines professionellen ambulanten Pflegedienstes sein.
Abhängigkeit von anderen Personen
Pflegebedürftige Personen verändern sich häufig mit dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit stark; dies kann für das gesamte Umfeld zu einer starken Belastung werden. Das Gefühl, von anderen Personen abhängig zu sein, löst häufig auf Dauer aggressives Verhalten aus und auch depressive Verstimmungen.
Pflegende müssen deshalb damit rechnen, dass pflegebedürftige Personen häufig überreagieren und unleidlich sind. Für den Pflegenden kann dies zu einer enormen psychischen Belastung werden, denn schließlich möchte man Verständnis für den Pflegebedürftigen aufbringen, doch dies kann sehr viel Kraft kosten, vor allem wenn bei der pflegebedürftigen Person Unzufriedenheit herrscht und es dadurch zu ungerechtfertigten Reaktionen kommt.
Nicht nur für den Pflegebedürftigen eine Belastung
Auch körperlich kann die Pflege den Pflegenden oft sehr schnell an die körperlichen Grenzen bringen. Je nach Grad der vorliegenden Pflegebedürftigkeit muss der Pflegende auch körperlich Höchstleistungen bringen um die pflegebedürftige Person so gut wie möglich zu unterstützen.
Gerade für den Rücken kann die Pflege sehr belastend sein und so leiden Pflegende häufig dauerhaft unter Rückenschmerzen und Verspannungen. Langzeitschäden sind bei einer längeren Dauer der Pflegetätigkeit nicht ausgeschlossen. Gerade deshalb wäre es wichtig, dass Pflegende Vorsorge betreiben und regelmäßig ihre Rückenmuskulatur durch Sport stärken und somit den Rücken entlasten, meist bleibt dies allerdings auf der Strecke, da die Pflege häufig ein rund um die Uhr Job ist.
Die eigenen Bedürfnisse zurückstellen
Doch häufig kämpfen Pflegende mehr mit den psychischen Belastungen als mit den körperlichen, denn Pflege rund um die Uhr lässt kaum mehr Raum für die eigenen Bedürfnisse, und so schwindet mit länger anhaltender Pflegetätigkeit auch häufig die Kraft und somit auch die Leistungsfähigkeit.
Mit zunehmender Unzufriedenheit der pflegenden Person sind Konflikte in der Pflege vorprogrammiert. Pflegende sollten deshalb immer darauf achten, nicht bis an den Rand der eigenen Kräfte zu gehen und sich frühzeitig um Unterstützung kümmern.
Unterstützung kann zum Beispiel von anderen Familienmitgliedern eingefordert werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, Unterstützung durch mobile Pflegedienste in Anspruch zu nehmen und auch Tagespflegeplätze können eine Alternative sein und für Entlastung des Pflegenden sorgen.
Wohlverdienter Urlaub
Da Pflege viel Kraft kostet, sollte auch der Pflegende sich Urlaub zugestehen, denn die Pflege eines Familienangehörigen kostet häufig mehr Kraft als jeder Vollzeitjob, da die Belastungen auch vielfältiger sind. Wenn es nicht möglich ist, dass ein Familienmitglied die Pflege während des Urlaubs übernimmt, können Pflegende den Pflegebedürftigen auch für den Urlaubszeitraum in ein Pflegeheim geben. Viele Heime haben sich darauf eingestellt, Tagespflege- und Kurzzeitpflegeplätze anzubieten um Pflegende zu entlasten.