Fabeln - Charakteristische Merkmale und Aufbau

Die Fabel ist eine in Versen oder Prosa, also in ungebundener Rede, gefasste Erzählung. Sie ist in aller Regel frei erfunden und hat einen etwas belehrenden Hintergrund. Typisch ist die Personifikation von Tieren oder Pflanzen; besonders Tierfabeln erfreuen sich großer Beliebtheit. Lernen Sie die typischen Merkmale sowie den Aufbau einer Fabel kennen und lesen Sie, welche Tiere typischerweise mit welchen Charaktereigenschaften in Zusammenhang gebracht werden.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Bei einer Fabel handelt es sich um eine etwas kürzere Erzählung, die in Prosa oer Vers verfasst ist. Typisch ist die belehrende Absicht und die Personifikation von Tieren oder Pflanzen. Am Schluss gibt es eine Pointe, die in der Regel mit einer Moral endet.

Merkmale der Fabel

Das umgangssprachliche "Fabulieren" wird von "Fabel" abgeleitet. Fabulieren bedeutet, eine frei erfundene Geschichte fantasievoll zu erzählen. Sie wird mit Adjektiven ausgeschmückt und angereichert. Ähnlich verhält es sich mit der Fabel selbst.

Pflanzen und Tiere werden zu Fabelwesen. Sie sind mit menschlichen oder menschlich verständlichen Eigenschaften versehen - so wie beispielsweise Reineke Fuchs in dem niederdeutschen Tierepos Reynke de vos aus dem dreizehnten Jahrhundert. Fabeln und ihre Geschichten sind buchstäblich so alt wie die Welt.

In Europa wird die Fabeldichtung auf das sechste Jahrhundert vor Christi Geburt datiert. Sowohl in den damaligen als auch in den heutigen, also neuzeitlichen Fabeln geht es darum, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Hier ist eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Kulturgut des Karnevals erkennbar.

Heutzutage sind die Hauptfiguren in den Fabeln nicht ausschließlich Tiere, sondern auch Elemente der Natur wie Feuer, Wasser und die Erde. Nach wie vor sind die Tierfabeln am beliebtesten und am bekanntesten. Fabelwesen wie

  • Adebar der Storch
  • Grimbart der Dachs
  • Isegrim der Wolf
  • Meister Lampe, der Hase oder
  • Meister Petz, der gutmütige Bär

sind beliebt und werden von Kindern auch im jüngeren Alter gerne angenommen.

Aufbau einer Fabel

Modern ausgedrückt beginnt jede Fabel mit einem kurzen Teaser. Danach wird die Ausgangssituation geschildert. Der eigentliche Handlungsteil ist zweigeteilt.

Da die Fabel auch immer ein Lehrstück darstellen soll, werden Aktion und Reaktion dargestellt. Mit der Aktion wird die betreffende Handlung ausgelöst, und die Antwort darauf ist die Reaktion.

Diese beiden Inhalte sind notwendig, um zu einem Ergebnis, einem Resümee oder Fazit zu kommen. Danach folgt die Epimythion, der eigentliche Abschluss.

Die Fabel möchte auch ermahnen und lehren. Dazu reicht das Resümee nicht aus, weil es das Bisherige zusammenfasst, also resümiert.

Es muss aber noch eine Konsequenz aus dem Fabelinhalt gezogen werden, damit ein vergleichbarer oder ähnlicher Sachverhalt zukünftig anders gehandhabt und insofern zu einem anderen Ende führen kann. Die bekannte Redensart "Die Moral von der Geschichte" ist in diesem Falle gleichbedeutend mit der Lehre, mit der Konsequenz aus der Fabel.

Die Fabel zieht am Ende immer eine Konsequenz aus dem Fabelinhalt
Die Fabel zieht am Ende immer eine Konsequenz aus dem Fabelinhalt

Charakter der Fabel

Jede Fabel hat einen fabulierenden, einen eigenen Charakter. Seine Eigenschaften sind die Belehrung sowie der Unterhaltungswert.

Das Geschehen der Fabel ist ortsgebunden. Es findet meistens nur an einem einzigen Ort statt, und der Zeitrahmen ist eng bis überschaubar. Ein genauer Ort wird jedoch in der Regel nicht genannt.

Entscheidend ist, dass die Fabel nur eine einzige Haupthandlung hat. Es gibt keine Neben- oder Parallelhandlungen und auch kein Drumherum. Das erleichtert ein Verstehen der Fabel und macht sie für nahezu jedes Alter interessant.

Die Beliebtheit der Fabel hängt sehr stark von den ausgewählten Tieren ab. Deren Typus und Charakter ist mitbestimmend für Inhalt und Verlauf der Fabel. Zu den beliebten Tieren zählen

  • Bär
  • Fuchs
  • Hase
  • Igel
  • Katze, Löwe und
  • der Wolf.

Da die Fabel seit jeher volkstümlich ist, wurde und musste sie in der für das Volk verständlichen, also einfachen Sprache formuliert werden. Alle Tiere verhalten sich mit Handeln und Sprechen wie der Mensch; sie verkörpern ihn regelrecht. In diesem Sinne wird von Fabeltieren gesprochen.

Der übergreifende Charakter einer Fabel

Zum übergreifenden Charakter von Fabeln gehört auch, dass sich die Tiere mit ihren Eigenschaften in nahezu allen Fabeln gleichen. Der Fuchs ist immer schlau, und der Bär durchgehend gutmütig sowie tapsig. Das prägt schon im jungen Alter das Bild und die Haltung der Kleinen zu den einzelnen Tieren.

Fabeln eignen sich gut dazu, die Fantasie von Kindern zum eigenen Nachdenken, zum Fabulieren anzuregen.

Jedes Fabeltier hat einen festen Namen und einen unverwechselbaren Charakter.

Auf ein paar dieser typischen Charaktereigenschaften gehen wir im Folgenden ein...

Tierfabeln: Typische Charaktereigenschaften und berühmte Beispiele

Besonders Tierfabeln erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Name des Tieres, welcher dort gewählt wird, unterstreicht dessen Charakter. Es folgt eine Tabelle mit einem Auszug der Tiernamen nach der germanischen Fabeltradition sowie zugehörigen Charaktereigenschaften.

Tiernamen nach der germanischen Fabeltradition - ein Auszug
NameTierCharakter
AdebarStorchstolz
AdelheidGansgeschwätzig
ÄuglerKaninchenvorlaut, frech
BoldewynEselfaul, störrisch
HenningHahnschlau, eitel
HinzeKatereigenwillig
HylaxHundgutherzig, treu
Meister PetzBärnaiv, gutmütig
NobelLöwemächtig, stolz, gefährlich
ReinekeFuchshinterlistig, schlau
SwinegelIgelschlau
LambLammwehrlos, unschuldig
PflückebeutelRabeeitel, besserwisserisch, diebisch
MetkeZiegesturr, meckernd
LynxLuchsvorsichtig

Zu den bekannten Tierfabeln zählen beispielsweise:

  • Vom Fuchs und Raben
  • Der Hase und der Igel
  • Der Löwe und das Mäuschen
  • Wolf im Schafspelz
  • Das Lamm und der Wolf
  • Das Einhorn im Garten
  • Der Sperling und seine vier Kinder
  • Der alte Löwe, der Eber, der Stier und der Esel
  • Der Hirtenjunge und der Wolf
  • Die zwei Schakale