Unbehüllte Viren - Merkmale und Arten

Man unterscheidet behüllte von unbehüllten Viren. Letztere werden umgangssprachlich auch als "nackte" Viren bezeichnet. Gegenüber den behüllten Vertretern weist das zentrale Kapsid keine Membranhülle auf. Die Viren sind beispielsweise dafür bekannt, dass sie sehr umweltstabil sein können. Informieren Sie sich über Merkmale und unterschiedliche Arten von unbehüllten Viren.

Von Jens Hirseland

Generelle Merkmale von unbehüllten Viren

Im Gegensatz zu behüllten Viren weisen unbehüllte Viren keine Membranhülle auf. Sie können sich durch eine besondere Umweltstabilität auszeichnen; außerdem sind sie robust gegen Desinfektionsmittel als auch Austrocknung.

Durch Hygienemaßnahmen wie beispielsweise Putzen oder Händewäschen werden allenfalls so viele Viren wie möglich weggeschwemmt. Zu vermeiden, dass sie sich innerhalb eines Haushalts ausbreiten, ist jedoch eher schwierig.

Die Übertragung von hüllenlosen Viren erfolgt leicht über Schmier- oder Kontaktinfektion. Es kommt zur Infektion des Darms, in der Regel als Lokalinfektion. Chronisch werden sie nicht.

Zu den typischen Vertretern von unbehüllten Viren zählen

  • Adenoviren
  • Rotaviren
  • Noroviren und
  • Enteroviren.

Die ersten der drei erwähnten nehmen dadurch eine Sonderstellung ein, als dass sie partiell lipophile Eigenschaften aufweisen. So gelingt eine Inaktivierung etwas leichter, als es bei anderen unbehüllten Viren der FAll ist.

Im Folgenden geben wir eine Übersicht über unterschiedliche unbehüllte Viren...

Adenoviren

Adenoviren (Adenoviridae) sind mit einer doppelsträngigen DNA ausgestattet. Außerdem werden sie von einem hüllenlosen kubischen Kapsid umgeben. Ihre Übertragung kann sowohl durch Tröpfcheninfektion als auch durch Schmierinfektion erfolgen.

Adenoviren sind robust gegen physikalische und chemische Einwirkungen und tolerieren sogar alkoholische Desinfektionsmittel sowie extreme pH-Werte. Zudem erweisen sie sich auch außerhalb eines Wirtskörpers lange Zeit als infektiös. Der Durchmesser der Viren liegt zwischen 70 und 90 Nanometern.

Erkrankungen durch Adenoviren

Beim Menschen werden Erkrankungen durch humanpathogene Adenoviren ausgelöst. Diese rufen vor allem Atemwegserkrankungen wie

hervor. Doch auch für

können sie verantwortlich sein. Da fast 50 Prozent aller Adenovirus-Infektionen frei von Beschwerden oder sehr milde verlaufen, werden sie oft gar nicht bemerkt.

Papillomaviren

Die Gattung Papillomaviridae stellt eine eigene Viren-Familie dar. Papillomaviren haben ein hüllenloses, kubusförmiges Kapsid, in dem sich die doppelsträngige DNA befindet. Die weit verbreiteten Viren sind bei fast jedem Säugetier zu finden.

Übertragen werden die Erreger entweder durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion. Relevant für den Menschen ist das humane Papillomavirus (HPV).

Erkrankungen durch das humane Papillomavirus

Durch humane Papillomaviren kommt es zur Bildung von Warzen. In den Organismus gelangen die Erreger durch kleine Verletzungen von Hautzellen oder Schleimhautzellen.

Die Übertragung der Viren erfolgt durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Vor allem der unmittelbare Kontakt mit den Warzen gilt als infektiös. Allerdings wird die Infektion meist gar nicht bemerkt.

Bis es zur Bildung von Warzen kommt, können Wochen, mitunter sogar Jahre, vergehen. Nicht selten gehen die Warzen auch von alleine wieder zurück. Die meisten Warzen sind eigentlich harmlos.

Bei einigen Warzenviren besteht jedoch die Gefahr, dass sie die menschlichen Zellen verändern. Dadurch kann es wiederum zu Krebserkrankungen wie Gebärmutterhalskrebs kommen. Manchmal mutieren gutartige Warzen auch zu bösartigen Tumoren.

Parvoviren

Bei Parvoviren handelt es sich um Viren, die über eine einzelsträngige DNA verfügen. Sie können die Ringelröteln hervorrufen.

Mit einem Durchmesser von 17 bis 26 Nanometern gehören die Parvoviren (Parvoviridae) zu den kleinsten Virenarten. Diesem Umstand verdanken sie auch ihren Namen. So bedeutet der lateinische Begriff Parvus "klein".

Außerdem sind die Parvoviridae die einzigen humanpathogenen Viren, die über ein einzelsträngiges DNA-Genom verfügen. Umgeben wird es von einem kubischen Kapsid. Da Parvoviren keine Hülle haben, sind sie gegen äußere Einflüsse sehr widerstandsfähig.

Erkrankungen durch Parvoviren

Von Belang für den Menschen ist das Parvovirus B19. Dieses verursacht die Ringelröteln. Dabei handelt es sich um eine ansteckende Erkrankung, von der vor allem Kinder betroffen sind. Dabei kommt es an den Gliedmaßen und im Gesicht zu ringelförmigem Ausschlag.

Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Während der Schwangerschaft kann eine Infektion mit dem Parvovirus B19 eine Gefahr für das ungeborene Kind bedeuten.

Reoviren

Ebenfalls zu den unbehüllten Viren zählen die Reoviren. Sie verursachen unterschiedliche Krankheiten.

Von den Reoviren (Reoviridae) wird die größte unbehüllte Virenfamilie gebildet, die über eine doppelsträngige RNA (dsRNA) verfügt. Die Reoviren erreichen einen Durchmesser von ca. 60 bis 80 Nanometern.

Der Begriff "Reovirus" entstammt dem englischen Begriff "respiratory enteric orphan". So weist dies darauf hin, dass diese Viren sowohl Krankheiten der Atemwege als auch des Darms verursachen können. Allerdings führt nicht jede Infektion mit Reoviren zwangsläufig zu Beschwerden.

Krankheiten durch Reoviren

Erkrankungen beim Menschen werden vor allem durch die Reovirus-Arten Coltivirus und Rotavirus ausgelöst.

  • So rufen die Coltiviren das Colorado-Zeckenfieber hervor,
  • während Rotaviren bei Babys und Kleinkindern zu Darmerkrankungen führen.

Caliciviren

Caliciviren (Caliciviridae) sind unbehüllte Viren mit einer einzelsträngigen RNA. Seinen Namen verdankt das Calicivirus den kelchförmigen Vertiefungen an seiner Oberfläche. So bedeutet der lateinische Begriff "Calix" übersetzt "Kelch".

Erkrankungen durch Caliciviren

Caliciviren sind vor allem für Magen-Darmerkrankungen wie Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe) verantwortlich. Besondere Bekanntheit erlangte in den letzten Jahren das Norovirus, auch Norwalk-Virus genannt.

Eine Infektion mit den hochansteckenden Noroviren ruft bereits nach kurzer Zeit Beschwerden wie

hervor. Übertragen wird der Erreger durch Schmierinfektion oder infizierte Lebensmittel.

Hepeviren

Einziger Vertreter der Familie der Hepeviridae ist das Hepatitis-E-Virus (HEV). Früher ordnete man es in der Medizin auch den Caliciviren zu. Erst im Jahr 2006 führte man die monogenerische Hepeviridae-Familie ein.

Beim Hepatitis-E-Virus handelt es sich um ein unbehülltes Virus, das über eine lineare, einzelsträngige RNA verfügt. Das Kapsid des Erregers weist eine zwanzigflächige Form auf.

Erkrankungen durch Hepeviren

Das Hepatitis-E-Virus verursacht Hepatitis E. Diese Krankheit ist vor allem in Vorderasien und Nordafrika verbreitet. Die Übertragung findet entweder durch

  • Kontaktinfektion oder
  • eine fäkal-orale Schmierinfektion

statt. Begünstigt wird die Ausbreitung der Krankheit durch schlechte hygienische Bedingungen. Klinisch lässt sich Hepatitis E von Hepatitis A nicht unterscheiden. Allerdings verläuft die Erkrankung deutlich schwerer und kann mitunter sogar zum Tod führen.