Night Eating Syndrom - Ursachen, Symptome und Behandlung

Als Night Eating Syndrome wird eine Essstörung bezeichnet. Dabei leiden die Betroffenen unter Heißhungerattacken in der Nacht - mindestens ein Viertel der täglichen Nahrungsaufnahme erfolgt während der Nacht bzw. nach 21 Uhr. Das Frühstück wird häufig weggelassen; weitere typische Merkmale sind Übergewicht, Schlafstörungen sowie das Auftreten von Angstzuständen. Lesen Sie alles Wissenswerte über das Night Eating Syndrome.

Von Jens Hirseland

Von einem Night Eating Syndrome (NES) ist die Rede, wenn jemand unter nächtlichen Heißhungerattacken leidet und mindestens 25 Prozent seiner täglichen Nahrungsaufnahme in der Nacht verrichtet.

Verbreitung

Die Essstörung wird auch als Mitternachtshunger bezeichnet. In Deutschland leiden etwa 1-2 Prozent aller Bundesbürger unter einem Night Eating Syndrome. Besonders betroffen sind Menschen mit Übergewicht.

Obwohl das Problem schon seit über 50 Jahren bekannt ist, herrscht unter Medizinern noch immer Uneinigkeit darüber, ob wirklich eine Krankheit vorliegt oder die nächtlichen Essattacken lediglich eine schlechte Angewohnheit darstellen. Offiziell gilt NES daher noch nicht als Krankheit.

Ursachen

Wodurch das Night Eating Syndrome entsteht, ist nach wie vor unklar. Darüber hinaus ist die Essstörung immer noch nicht hinreichend erforscht worden. Manche Wissenschaftler vermuten allerdings, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen, denn die Essstörung tritt oftmals familiär gehäuft auf.

Auch dem Hormonhaushalt wird eine Mitwirkung zugeschrieben. So gilt ein Zusammenhang zwischen einem Mangel an den Hormonen Leptin und Melatonin einerseits und einem Ghrelinüberschuss andererseits mit NES als durchaus wahrscheinlich.

Doch auch psychologische Aspekte gilt es zu beachten, denn viele Betroffene klagen über Vernachlässigung und emotionalen Missbrauch während ihrer Kindheit. In manchen Fällen ist aber auch lediglich ein falsches Essverhalten für die Heißhungerattacken in der Nacht verantwortlich.

Symptome

Das Night Eating Syndrome lässt sich an bestimmten Merkmalen und Verhaltensweisen erkennen. So leiden die betroffenen Personen unter Schlafstörungen. Das heißt, dass sie mitten in der Nacht aufwachen und meist erst wieder einschlafen können, wenn sie etwas gegessen haben.

Allerdings bedeutet nicht jedes nächtliche Hungergefühl automatisch eine Essstörung. Bei den Betroffenen sind die Hungergefühle jedoch so stark ausgeprägt, dass sie keine Kontrolle mehr über ihr Essverhalten haben und zu regelrechten Fressattacken neigen.

Diese Heißhungerattacken treten immer wieder auf und lassen sich durch das Essverhalten des vorherigen Tages nicht erklären. Als weitere typische Merkmale des Night Eating Syndroms gelten

  • das Auslassen des Frühstücks
  • das Auftreten von Angstzuständen
  • Übellaunigkeit
  • Depressionen
  • Einschlafstörungen
  • Durchschlafstörungen und
  • Übergewicht.
  • Mindestens ein Viertel der täglichen Nahrungsaufnahme erfolgt erst nach 21 Uhr.

Des Weiteren sind überdurchschnittlich viele Betroffene Schlafwandler. In vielen Fällen kommt es durch das unkontrollierte Essverhalten zu Übergewicht. Im Gegensatz zu anderen Essstörungen wie Bulimie erbrechen die Betroffenen das Gegessene jedoch nicht wieder.

Behandlung

Da das Night Eating Syndrome bislang nur wenig erforscht ist, gibt es noch keine einheitlichen Behandlungsverfahren. Allerdings wurden positive Erfahrungen mit dem Einsatz von Antidepressiva und Mitteln gegen Epilepsie gemacht. In diesem Rahmen kommen beispielsweise die Wirkstoffe Sertralin und Topiramat zum Einsatz.

Wichtig ist jedoch, eine medikamentöse Behandlung mit einer Psychotherapie zu kombinieren, um den Ursachen für die Essstörung auf den Grund zu gehen. Als hilfreich gegen NES-Ausbrüche gelten zudem Entspannungsmethoden und viel Bewegung. Und auch mit der Lichttherapie konnten bisher schon Erfolge gefeiert werden.

Was man selbst tun kann

Die Betroffenen können auch versuchen, selbst etwas gegen ihre nächtlichen Heißhungerattacken zu unternehmen. So wird empfohlen, jeden Tag drei feste Hauptmahlzeiten wie Frühstück, Mittagessen und Abendbrot zu sich zu nehmen.

Beim Abendessen sollten jedoch minderwertige Kohlenhydrate lieber vermieden werden. Das heißt, dass man auf stark verarbeitete kohlenhydrathaltige Lebensmittel, Zucker und weißes Mehl verzichtet und stattdessen Kartoffeln oder Vollkornprodukte verzehrt.

Wichtig ist zudem, dass das Abendessen reichlich Eiweiß enthält, weil dieses mehr sättigt als Kohlenhydrate. Als sinnvoll gilt auch das Essen von Gemüse, da man es in größeren Mengen genießen kann als Fleisch oder Teigwaren.

Des Weiteren hilfreich ist es,

  • sich körperlich stärker zu betätigen
  • seine Nahrungsaufnahme aufzuzeichnen
  • sich Unterstützung zu suchen sowie
  • mögliche Rückfallsituationen vorherzusehen.

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