Gestalttherapie - Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf

Bei der Gestalttherapie handelt es sich um eine Form der Psychotherapie. Dabei legt man Räume an, um auf diese Weise aktuelle Gefühle zu verarbeiten bzw. sich auf aktuelle Bedürfnisse zu besinnen. Neben Gesprächen kommen dabei viele unterschiedliche Methoden zur Anwendung. Zudem lassen sich mehrere Techniken unterscheiden. Informieren Sie sich über Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf der Gestalttherapie.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Die Gestalttherapie - Funktion und Anwendungsgebiete

Bei der Gestalttherapie handelt es sich um eine besondere Form der Psychotherapie. Sie basiert auf der Annahme, dass jedem Menschen die Fähigkeit gegeben ist, sich weiter zu entwickeln. Durch die Gestalttherapie soll der Patient bzw. Klient erkennen, wie er die nötige Energie entwickeln bzw. aktivieren kann, um seine Probleme alleine zu lösen.

Begründet durch hauptsächlich Psychoanalytiker, finden sich in in dieser Therapie auch Ansätze der Psychoanalyse. Jedoch weisen die Herangehensweise an die Konflikte hierbei Unterschiede auf.

Der Therapeut interessiert sich für die Sicht des Klienten auf die Welt sowie für dessen Wahrnehmung. Dabei soll er sich der aktuellen Situation bewusst werden - nur durch dieses Bewusstsein kann er diese Situation auch verändern.

Grundlagen der Gestalttherapie

Die Gestalttherapie zählt zur erlebnisaktivierten Psychotherapie und ist phänomenologisch und hermeneutisch ausgerichtet. Sie zählt zur humanistischen Psychologie. Begründet wurde sie von dem deutschen Psychiater Fritz Perls (1893-1970), dessen Frau Laura Perls (1905-1990) sowie dem amerikanischen Autoren Paul Goodman (1911-1972).

Die "Gestalt" in der Gestalttherapie

Im Mittelpunkt der Gestalttherapie steht eine noch nicht abgeschlossene Gestalt. Damit sind Erfahrungen oder Konflikte gemeint, die noch nicht abgeschlossen wurden. Stellt die Gestalt jedoch eine Belastung für den Patienten dar, ist es wichtig, die Erfahrung oder den Konflikt zu beenden.

Im Unterschied zu gesunden Personen vermeidet der Patient bestimmte Handlungen, Gedanken oder Gefühle. Dadurch besteht jedoch die Gefahr, dass er zu seiner Umwelt allmählich den Kontakt verliert.

Indikation: Wann wird eine Gestalttherapie durchgeführt?

Die Gestalttherapie wird in vielen unterschiedlichen Situationen angewandt. Sie hilft bei psychischen Störungen, ebenso bei beruflichen Problemen.

Liegen familiäre Probleme vor, können auch Familienangehörige oder Partner mit in die Therapie einbezogen werden. Dabei stehen jedoch nicht immer Probleme im Zentrum; auch, um die eigenen Fähigkeiten zu entfalten, lässt sich die Gestalttherapie nutzen.

Die Therapie lässt sich mit einzelnen Personen als auch in einer Gruppe durchführen. Eine Sitzung kann dabei eine Dauer von 50 bis 100 Minuten haben.

Kostenübernahme der Gestalttherapie durch die Krankenkassen

Die Anzahl der Sitzungen ist abhängig von der individuellen Situation des Klienten. Hierzulande übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Therapie nicht.

Durchführung der Gestalttherapie

In der Gestalttherapie geht es darum, Räume für aktuelle Bedürfnisse oder Gefühle anzulegen. Diese Gefühle dienen dazu, den Teil der Lebensgeschichte aufzuarbeiten, der bislang nicht verarbeitet wurde.

Auf diese Weise lassen sich lästige Blockaden lösen und mehr Energien für andere Lebensaufgaben erhalten. Im Grunde genommen handelt es sich bei der Gestalttherapie um eine Widerstandsanalyse.

Zur Psychoanalyse besteht jedoch der Unterschied darin, dass man den Widerstand nicht deutet, sondern ihn als Gestalt darstellt, wodurch er für den Patienten sichtbar wird. Im Zentrum des Geschehens befindet sich vor allem der Blockierungs- und Kontaktprozess und nicht das Material, welches man wegzensiert. Erkenntlich werden die nicht abgeschlossenen Gestalten im Verhalten des Patienten, seines Selbstkontaktes und seiner Bewältigungstaktiken.

Methoden: Vorgehen bei der Gestalttherapie

Je nachdem, in welcher Bedürfnislage sich der Patient befindet, kommt eine bestimmte Figur aus dem Hintergrund zum Vorschein. Dabei kann es sich um

  • ein Gefühl
  • ein Bedürfnis
  • eine Wahrnehmung oder
  • eine kognitive Erkenntnis

handeln. Im gestaltpsychologischen Sinne drängt die jeweilige Figur dazu, geschlossen zu werden. Gelingt es, Kontakt zur Umwelt aufzunehmen, lässt sich die Gestalt schließen. Nachdem sie in den Hintergrund zurückgekehrt ist, folgt eine neue Figur.

Der Dialog zwischen Therapeut und Klient ist besonders wichtig. Letzterer kann auf diese Weise an seiner Wahrnehmung für Verhalten und Gefühle arbeiten.

Es kommt zu Konfrontationen des Klienten mit widersprüchlichem Verhalten, welches wiederum Konflikte zur Folge haben kann. Auch die Ermutigung, bisherige Ansichten auch mal zu hinterfragen, zählen zu den Therapiebestandteilen.

Durch Veränderungen in der Wahrnehmung können auch neue Verhaltensrichtungen ausprobiert werden. Der Therapeut bringt dem Klienten Wertschätzung und Einfühlungsvermögen entgegen, doch fordert er ihn auch zur Weiterentwicklung auf.

Die zentralen Methoden der Gestalttherapie lassen sich wie folgt einteilen:

  • dialogisch: der Therapeut gibt persönliche und authentische Antworten auf die aktuelle Situation des Klienten
  • feldtheoretisch: der Klient soll dabei unterstützt werden, sich an sein (Um)feld anzupassen - dies gelingt auch durch Wechsel des Blickwinkels
  • phänomenologisch: der Therapeut muss offen sein und sich unvoreingenommen auf die individuelle Situation des Kleinten einlassen
  • existentialistisch: der Klient ist verantwortlich dafür, wie er die Welt sieht und wie seine Reaktionen darauf aussehen

Techniken der Gestalttherapie

Es gilt, die erwähnten Methoden durch bestimmte Techniken auszudrücken. Dabei kommen fünf unterschiedliche Möglichkeiten zur Anwendung:

  • Übungen: Situationen mit vorgegebener Struktur zur Förderung des Bewusstseins des Kleinten
  • Experimente: Erfahrungen von neuen Situationen
  • Hausaufgaben: Experimente mit zuvor gemeinsam entworfenem Design; die Durchführung soll vom Klienten außerhalb der Sitzungen erfolgen
  • Situationsbezogene Interventionen: Rückmeldungen des Therapeuten: Fragen/Antworten innerhalb des Gesprächs mit dem Klienten
  • Medien und Modalitäten: Berücksichtigung des Mediums des Körpers, z.B. Atmung oder Stimmfarbe

Gestalttherapie-Ausbildung: Voraussetzungen und Dauer

Deutschlandweit gibt es einige Institute, die Mitglied der DVG, der Deutschen Vereinigung für Gestalttherapie e.V., sind, und die eine Ausbildung im Bereich der Gestalttherapie anbieten. Generell richtet sich eine solche Ausbildung an diejenigen, die

  • in der Seelsorge
  • in der Jugendhilfe
  • im klinischen Bereich oder im
  • Beratungs-, Bildungs- oder Gesundheitswesen

arbeiten oder arbeiten möchten. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium in

  • Psychologie
  • Medizin oder
  • weiteren Humanwissenschaften.

Die Ausbildung dauert in der Regel vier Jahre. Es gibt eine Basisstufe sowie diverse Aufbauseminare.