Dammriss - Wie entsteht er und wann wird er behandelt?

Als Dammriss bezeichnet man einen Gewebeeinriss zwischen After und Vulva beim Geburtsvorgang. Dieser entsteht durch eine sehr starke Dehnung des Dammgewebes. Man unterscheidet vier Schweregrade; die leichte Form verheilt in der Regel von selbst. Auf einen Dammschnitt zur Vorbeugung wird meist verzichtet, da der Riss deutlich besser verheilt. Lesen Sie, wie ein Dammriss entsteht und wann er behandelt wird.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: O70
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Was ist ein Dammriss? - Eine Definition

Als Damm bezeichnet man einen Teil des Beckenbodens oder der Beckenbodenmuskulatur. Diese befindet sich zwischen dem After und der Vagina (Scheide).

Bei der Geburt muss das große Köpfchen des Babys durch die relativ kleine Öffnung der Scheide. Der Damm dehnt sich dabei bis zu einem gewissen Maße mit. Wenn bei einem Geburtsvorgang die Weichteile der Mutter nicht elastisch oder weich genug sind oder der Kopf des neugeborenen Kindes zu groß ist, kann es zur Entstehung eines Dammrisses kommen.

Formen - Vier Schweregrade eines Dammrisses

Da Dammrisse von unterschiedlicher Schwere sein können, werden sie in vier verschiedene Schweregrade eingeteilt.

Bei einem Dammriss 1. Grades kommt es zu einer Verletzung des Damms sowie der Haut des Scheideneingangs, ohne das dabei die Dammmuskulatur verletzt wird. Es reißt lediglich die Haut leicht ein.

Bei einem Dammriss 2. Grades entsteht ein Riss an der oberflächlichen Dammmuskulatur. Oftmals kommt es auch zu einem ausgeprägten Scheidenriss. Der äußere Schließmuskel des Afters (Musculus sphincter ani externus) bleibt hingegen unversehrt.

Bei einem Dammriss 3. Grades kommt es sowohl zum Dammriss als auch zum Riss des äußeren Schließmuskels.

Bei einem Dammriss 4. Grades entsteht ein vollständiger Riss des Dammes. Dabei werden auch die Rektumvorderwand und die Darmschleimhaut eingerissen.

Ferner kann es auch zu Rissen der Kilitoris, der Cervix, der Labien und sogar zum Gebärmutterriss kommen.

Ursachen - Wie entsteht ein Dammriss?

Ursache für einen Dammriss sind oftmals Vakuum- oder Zangenentbindungen, die ausgeprägte Risse verursachen können. Auch überdurchschnittliche Größe oder Gewicht eines Kindes kann einen Dammriss verursachen.

Darüber hinaus spielt die Dehnbarkeit des Dammgewebes eine große Rolle. Weitere Faktoren sind:

  • die Vorbereitung des Dammes
  • der vorgenommene Dammschutz
  • die Geschwindigkeit und der Ablauf der Geburt
Vakuum- oder Zangengeburten sind oft Auslöser von Dammrissen
Vakuum- oder Zangengeburten sind oft Auslöser von Dammrissen

Mögliche Folgen des Dammrisses

Normalerweise verläuft ein Dammriss ohne schwerwiegende Beeinträchtigungen der Mutter. Bei guter Hygiene kommt es nur selten zu Entzündungen. Auch starke Blutungen sind eher selten zu verzeichnen.

Kommt es jedoch bei Darmrissen dritten Grades zu einer Beteiligung der Darmschleimhaut, besteht die Gefahr von Fistelbildungen zwischen dem Darm und der Scheide.

Verletzungen des Schließmuskels können zu einer Darminkontinenz führen, von der besonders der Gasabgang betroffen ist. Dabei kann es mehrere Monate dauern, bis sich diese Funktionen wieder normalisieren. Solche Fälle treten heutzutage jedoch nur noch selten auf.

Symptome - Wie bzw. woran bemerkt man einen Dammriss?

Da ein Dammriss zumeist während einer Wehe stattfindet werden die Symptome eines Dammrisses von einer Frau während des Geburtsvorgangs nur selten wahrgenommen. Nach der Geburt kann es jedoch zu Schmerzen beim Laufen, Sitzen, bei Sport oder beim Urinieren und Stuhlgang kommen. Die Beschwerden können noch Wochen oder Monate nach der Geburt zu spüren sein.

In seltenen Fällen kommt es zu chronischen Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs (Dyspareunie). Auch die Bildung von Schwellungen und Narben ist möglich. Infektionen oder Abszessbildungen, die sogar operiert werden müssen, kommen eher selten vor.

Diagnose - Einen Dammriss erkennen

Für das Erkennen eines Dammrisses bedarf es keinerlei Untersuchungen; der Arzt erkennt diesen anhand der Hauptsymptome - Schmerzen und Blutung - durch reine Blickdiagnose. Um eine Darmverletzung auszuschließen, wird in vielen Fällen eine rektale Untersuchung durchgeführt.

Behandlung - Was tun bei einem Dammriss?

Der Dammriss wird nicht direkt nach der Geburt genäht. In der Regel wird erst einmal das Baby versorgt und den Eltern in den Arm gelegt. Ein Dammriss I. Grades heilt zudem meist von selbst ab, während schwerwiegendere Dammrisse unter örtlicher Betäubung genäht werden müssen.

Geschieht dies nicht oder nur unzureichend, so kann die Mutter später Probleme beim Wasserlassen bzw. Probleme mit Inkontinenz bekommen. Auch Schmerzen beim Sex können die Folge eines schlecht behandelten Dammrisses sein.

Bei Verletzungen der Muskulatur ist der Einsatz von speziellen Kompressen oder Eis zu empfehlen, um Blutergüsse zu kühlen. Kommt es zu Dammrissen von Schweregrad 3 oder 4, muss auf eine geregelte Verdauung und einen weichen Stuhlgang geachtet werden.

Förderlich für die Heilung von Dammrissen sind auch kurze Sitzbäder von etwa zwei Minuten Länge. Auch elastische Ringe, die das Gewebe entlasten sowie Halt geben sind hilfreich.

Pflege, Rasieren, Sport und Co. - Wann ist ein Dammriss verheilt?

Bis ein Dammriss verheilt ist, kann es einige Wochen dauern. Wurde der Riss genäht, sollte man mit vier bis sechs Wochen rechnen.

In Sachen Pflege und Wundheilung sollte man folgende Ratschläge beherzigen:

  • nach dem Stuhlgang den Po nach hinten abputzen
  • nach zehn Tagen regelmäßig Sitzbäder mit Kamille oder Ringelblume durchführen
  • alternativ zu Sitzbädern regelmäßig Intimspülungen mit Lösungen aus der Apotheke durchführen
  • bei Schwellung der Narbe diese kühlen
  • die Narbe mit Creme behandeln (dazu den Arzt befragen)

Mit einer Rasur in diesem Bereich sollte gewartet werden, bis die Wunde vollständig verheilt ist. Gleiches gilt für Geschlechtsverkehr.

In Sachen Sport nach einem Dammriss sollte ebenfalls der Arzt oder die Hebamme um Rat gefragt werden. Wann sportliche Aktivitäten wieder aufgenommen werden können und in welcher Form, hängt von der Nahtgröße und der Wundheilung ab.

Vorbeugung - Kann man einen Dammriss verhindern?

Zu den Vorbeugemaßnahmen gegen einen Dammriss gehörte früher eine Epsiotomie (Dammschnitt). Dieser wird heutzutage jedoch nur noch selten durchgeführt, da ein Dammriss meist zu geringeren Verletzungen führt als ein Dammschnitt.

Massagen

Stattdessen gehören Massagen des Dammgewebes, um dieses flexibler und weicher zu machen, zu den Vorbeugemaßnahmen gegen einen Dammriss. Mit diesen Massagen sollte bereits in den ersten Wochen und Monaten einer Schwangerschaft begonnen werden. Hilfreich sind dabei natürliche Öle zur Unterstützung.

Um die bestmögliche Wirkung zu garantieren, sollten die Massagen ab der 34. Schwangerschaftswoche täglich ausgeführt werden. Massiert man während der Schwangerschaft regelmäßig den Scheideneingang mit Weizenkeimöl oder anderen speziellen Massageölen, kann sich das Gewebe bei der Geburt viel besser dehnen.

Weitere Hilfsmittel und Maßnahmen, die vor einem Dammriss schützen können

Eigens entwickelte Geräte wie z.B. aufblasbare Silikonballone zur Kräftigung und Stärkung der Beckenbodenmuskulatur ohne Schmerzempfindung haben ihren Ursprung in Afrika. Dort trainieren Schwangere mit Kürbissen ihren Beckenboden und somit das umliegende Gewebe.

Eine gute Hebamme weiß außerdem, wie man einen guten Dammschutz durchführt, ein spezieller Handgriff, der vor einem Dammriss gut schützen kann.

bilden zusammen mit der werdenden Mutter während der Geburt ein gutes Team. Daneben gibt es aber auch verschiedene Gebärpositionen, die besonders dammschonend sind. Dazu gehört die Geburt im Vierfüßlerstand oder auch in der Hocke.