Der Umgang mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz

Von psychischen Erkrankungen ist eine Vielzahl der Deutschen betroffen. Auch wenn es sich dabei um ein ernstzunehmendes Leiden handelt, gilt das Thema psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz leider immer noch als Tabu. Diejenigen, die davon betroffen sind, scheuen sich darüber zu sprechen, während diese Probleme von anderen selten als ernstzunehmende Krankheit anerkannt werden. Lesen sie alles Wissenswerte zum Umgang mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz.

Paradisi-Redaktion
Von Paradisi-Redaktion

Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz - Formen und Ursachen

Dass es mal stressig auf der Arbeit wird, ist ganz normal. Man wird kaum eine Branche finden, in der Hektik nicht schon mal dazugehört. Halten solche Phasen kurzzeitig an, können sie sogar vorteilhaft sein, da sie für neue Herausforderungen sorgen und die Motivation steigern können.

Bei einem konstanten Stresslevel jedoch können auf Dauer psychische Folgen zum Thema werden. Mittlerweile gelten psychische Belastungen als definiertes Problem im Arbeitsschutzgesetz.

Der Zeitraum der psychischen Belastung am Arbeitsplatz kann beschränkt sein; möglich ist auch ein langfristiges Bestehen. Schlimmstenfalls können sich daraus chronische Berufskrankheiten entwickeln.

Die Auslöser dieser Belastungen können in

  • den Arbeitsaufgaben (zu viele Aufgaben, das Gefühl, Überstunden leisten zu müssen, Unterforderung)
  • der Arbeitsorganisation (Unterbrechungen, Störfaktoren, zu viel Verantwortung
  • den sozialen Beziehungen (fehlende/unangemessene Rückmeldungen, unklare Anweisungen, unterdrückte Kritikäußerung usw.) oder
  • der Arbeitsumgebung (Räumlichkeiten, Temperatur, Arbeitszeitverteilung, Akustik)

liegen.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können unterschiedliche Folgen mit sich bringen. Zu diesen zählen beispielsweise

Psychische Probleme selten als Erkrankung anerkannt

Das Spektrum an psychischen Erkrankungen ist groß. Es gibt viele verschiedene Ursachen, genau so wie eine Menge an unterschiedlichen Symptomen und Beschwerdeformen daraus resultieren können. Egal wie das Krankheitsbild auch aussieht - die Akzeptanz als ernstzunehmende Krankheit fehlt nach wie vor.

Zwar ist die Aufmerksamkeit auf psychische Erkrankungen in den letzten Jahren deutlich größer - vor allem in den Medien wurde das Thema häufiger behandelt -, doch auch die Anzahl der psychisch Kranken ist angestiegen und wird vor allem im Arbeitsleben nicht ernst genommen.

Betroffene scheuen das Gespräch

Wie bereits mehrere Umfragen gezeigt haben, scheuen sich viele Arbeitnehmer davor, ihrem Chef "seelische Leiden" als Grund des Fehlens mitzuteilen und auch bei den Arbeitskollegen wird dies nicht gerne gesehen. Viele von ihnen sind der Meinung, man würde diese Krankheit als Vorwand nehmen, um einfach mal zuhause bleiben zu können.

Ob die psychischen Belastungen ihre Ursachen in der Arbeitswelt haben oder nicht - entscheidend ist, beim Umgang damit ein paar Punkte zu beachten...

Hinweise zum richtigen Umgang

Sowohl die Betroffenen selber als auch Menschen in deren Umfeld haben einige Möglichkeiten, gegen die Probleme anzugehen.

Handlungsmöglichkeiten durch den Vorgesetzten

Es ist wichtig, seinen Vorgesetzten zu informieren, wenn man mit psychischen Beschwerden zu kämpfen hat, denn auch dieser kann bereits mit scheinbar kleinen Handlungsschritten Lösungen bieten. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei das so genannte H-I-L-F-E Konzept, welches als erster Schritt gilt, sich als Vorgesetzter in dieser Situation zu orientieren, und zwar anfangs durch Vier-Augen-Gespräche mit dem betroffenen Arbeitnehmer.

Schritt für Schritt können dann weitere Hilfspersonen hinzugezogen werden. Dabei kann es sich um den Personalrat oder auch den Betriebsarzt handeln.

Das H-I-L-F-E Konzept beinhaltet Schulungs- und Informationsseminare für Führungskräfte. Dabei werden in einem Stufenprogramm folgende Schritte behandelt:

  1. Hinsehen
  2. Initiative ergreifen
  3. Leitungsfunktion wahrnehmen
  4. Führungsverantwortung
  5. Experten hinzuziehen

Zielsetzung des Konzepts ist es also, dass der Vorgesetzte erkennt, dass ein Mitarbeiter Probleme hat, ihn darauf anspricht, konkrete Arbeitsziele mit ihm bespricht, ihn im Rahmen seiner psychischen Situation fördert, aber auch fordert und bei Bedarf fachliche Hilfe hinzuzieht. All diese Punkte können ein erster Schritt in ein beschwerdefreies (Arbeits)leben sein.

Psychische Gefährdungsanalyse

Unabhängig davon sollte der Arbeitgeber eine Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz vornehmen bzw. eine entsprechende Fachkraft zu diesem Zweck engagieren.

Dabei sollten folgende Punkte abgearbeitet werden:

  • Bereiche und Tätigkeiten erkennen, bei denen psychische Belastungen wahrscheinlich sind
  • die genauen Belastungen ermitteln; die Informationen erhält man durch Befragungen, Checklisten und Co.
  • auswerten und beurteilen: feststellen, wie ernst die psychische Belastung ist
  • Gegenmaßnahmen entwickeln und umsetzen
  • die Wirksamkeit kontrollieren
  • den Arbeitsschutz aktualisieren
  • die Beurteilung dokumentieren

Wenn der Arbeitgeber sich weigert, Maßnahmen zu treffen, die für die Beseitigung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz erforderlich wären, bleibt dem Arbeitnehmer noch die Möglichkeit, zu kündigen. Auch wenn es als Strafe gilt, dem Arbeitsschutzgesetz nicht nachzukommen, gab es innerhalb der letzten Zeit keine gerichtlichen Entscheidungen, bei der Arbeitgeber aufgrund der Nichtbeachtung eine Strafe erhalten haben.

Sich seine Krankheit selber eingestehen

Betroffene wollen sich selbst oftmals lange nicht eingestehen, dass sie psychisch krank sind und somit wird auch der Gang zum Arzt vor sich hergeschoben. Auch das fehlende Gespräch mit Freunden und Verwandten trägt dazu bei.

Doch nach Angaben von Experten ist eine frühzeitige therapeutische Behandlung sehr wichtig, da man sonst Gefahr läuft, dass die Erkrankung chronisch wird.

Psychotherapie als vielversprechende Behandlungsmethode

Eine Psychotherapie ist häufig der letzte Ausweg, um Betroffenen zu helfen. Dafür ist es wichtig, dass man selbst die Krankheit anerkennt und dies auch mit seinem Arbeitgeber bespricht, selbst wenn die Angst besteht, dieser könnte es nicht akzeptieren. Das Gespräch mit nahestehenden Personen kann in dieser Zeit sehr hilfreich sein, denn oftmals verhelfen sie einem zu dem fehlenden Mut, endlich aktiv zu werden.