Meningismus - Ursachen, Diagnose und Behandlung

In der Medizin wird der Meningismus auch als menigeales Syndrom oder Meningose bezeichnet, umgangssprachlich auch als Genickstarre. Die Erkrankung äußert sich durch eine schmerzhafte Versteifung von Nacken oder Genick, oftmals einhergehend mit Kopfschmerzen und weiteren Beschwerden. Hervorgerufen wird sie durch Erkrankungen oder Reizungen der Hirnhäute (Meningen). Mehr über mögliche Ursachen und wie ein Meningismus behandelt werden kann, lesen Sie hier.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: R29.1
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Merkmale des Meningismus

Bei einem Meningismus leiden die betroffenen Personen unter Nacken- und Kopfschmerzen. Die Schmerzen treten bei Vorwärtsbewegungen des Kopfes in Richtung Brustbein auf. Weil sich die Nackenmuskulatur als Reaktion auf die Schmerzen verspannt, fallen Bewegungen des Kopfes noch schwerer. Nackenmuskeln oder Halswirbel sind vom Meningismus nicht betroffen, dennoch entsteht der Eindruck, als sei dies der Fall.

Häufig wird der Meningismus noch von weiteren Beschwerden begleitet:

  • Lichtempfindlichkeit (Photophobie)
  • Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen (Phonophobie)
  • Übelkeit
  • Erbrechen

Welche Rolle spielen die Hirnhäute?

Die drei Hirnhäute überziehen sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark. Sie liegen wie drei Etagen übereinander und tragen die Bezeichnungen Pia mater (innere Hirnhaut), Arachnoidea (mittlere Hirnhaut) und Dura mater (äußere Hirnhaut). Während die innere und mittlere Hirnhaut weich sind, weist die äußere Hirnhaut eine harte Konsistenz auf. Die Hirnhäute haben Anteil am Schutz des Gehirns, an seiner Versorgung mit Nährstoffen sowie am Blutfluss.

Die Dura mater reagiert am empfindlichsten auf Schmerzen. Kommt es zu einer Reizung der Hirnhäute, ruft die äußere Haut oft intensive Kopfschmerzen hervor. Neigt der Erkrankte seinen Kopf in die vordere Richtung, erfolgt eine Zugbewegung auf die Hirnhäute. Sind bereits Kopf- oder Nackenschmerzen vorhanden, verstärkt der Zug deren Intensität.

Ursachen eines Meningismus

Häufigste Ursache für einen Meningismus ist eine Meningitis (Hirnhautentzündung). Meist tritt die Nackensteife als erstes Anzeichen der Entzündung auf. Verursacht wird die Meningitis in der Regel durch Viren oder Bakterien. Mitunter können auch Pilze oder Parasiten für sie verantwortlich sein. Allerdings zeigt sich der Meningismus nicht automatisch bei jeder Hirnhautentzündung.

Zu den weiteren möglichen Ursachen der Genickstarre zählen:

  • Blutvergiftung (Sepsis)
  • Subarachnoidalblutungen, bei denen es zu Einblutungen zwischen der inneren und der mittleren Hirnhaut kommt
  • Sinusthrombose
  • Meningeosis neoplastica, in deren Rahmen sich Tumorzellen an den weichen Hirnhäuten ansiedeln
  • Bleivergiftung
  • Sonnenstich, durch den sich die Hirnhäute entzünden
  • Lungenentzündung durch Pneumokokken

Pseudomeningismus

Nicht immer sind Reizungen der Hirnhäute für einen Meningismus ursächlich. In solchen Fällen ist von einem Pseudomeningismus die Rede. Typische Auslöser können sein:

Bei einem Pseudomeningismus zeigen sich weder Lichtempfindlichkeit noch Übelkeit.

Diagnose eines Meningismus

Da eine schmerzhafte Nackensteife fast immer das Anzeichen für eine behandlungsbedürftige Erkrankung ist, muss grundsätzlich ein Arzt zu Rate gezogen werden.

Erster Untersuchungsschritt ist das Befragen des Patienten. So möchte der Arzt wissen, ob neben dem Meningismus noch weitere Symptome bestehen. Anschließend legt sich der Patient auf den Rücken, damit der Arzt seinen Kopf genauer untersuchen kann. Dabei überprüft er, ob der Patient beim Beugen des Kopfes Schmerzen verspürt. Ist das der Fall, gilt dies als Indiz für den Meningismus. Außerdem kann der Arzt die Hirnhäute durch spezielle Bewegungen dehnen, was Schmerzen hervorruft.

Überprüfbare Anzeichen

Verschiedene Zeichen helfen dem Arzt bei der Diagnosestellung:

Das Lasegue-Zeichen

Der Patient liegt auf dem Rücken, während der Arzt sein gestrecktes Bein anhebt. Erreicht die Beugung einen gewissen Grad, sind Schmerzen im Rücken, Gesäß oder Bein möglich.

Das Brudzinski-Zeichen

Auch beim Brudzinski-Zeichen nimmt der Patient Rückenlage ein. Sein Kopf wird vom Arzt in die vordere Richtung gebeugt. Der Erkrankte zieht dann mit einem Reflex seine Beine an, um Schmerzen zu vermeiden.

Das Kernig-Zeichen

Beim Kernig-Zeichen beugt der Patient ein Bein in Knie und Hüfte. Das Bein im Kniegelenk wird vom Arzt langsam gestreckt. Dabei kommt es zu den gleichen Schmerzen wie beim Lasegue-Zeichen.

Untersuchung von Kindern

Schwieriger gestalten sich oftmals Untersuchungen von Kindern. Für sie gelangen daher weitere Zeichen zur Anwendung. Dazu gehören der Kniekuss sowie der Dreifuß.

Beim Kniekuss ist das Kind nicht imstande, seinen Kopf bis zum Knie vorzubeugen. Beim Dreifuß stützt das Kind seine Hände nach hinten ab, während es sitzt. Hüfte und Knie bleiben dabei gebeugt.

Behandlung eines Meningismus

Auf welche Weise der Meningismus behandelt wird, richtet sich nach der auslösenden Ursache.

Liegt eine Hirnhautentzündung vor, erhält der Patient entweder Antibiotika, die gegen Bakterien vorgehen, oder antivirale Arzneimittel. In vielen Fällen bedarf es einer intensivmedizinischen Therapie, um möglichen Komplikationen wie einer Epilepsie entgegenzuwirken. In der Regel wird durch die Gabe der Antibiotika schon bald eine Besserung der Beschwerden erzielt.

Sind Erkrankungen der Halswirbelsäule die Ursache für die schmerzhafte Nackensteifheit, muss vor der Therapie genau festgestellt werden, welche Strukturen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Nach den Ergebnissen richtet sich dann die Vorgehensweise wie die Gabe von Medikamenten oder physiotherapeutische Behandlungen. Ebenso ist eine Kombination aus beiden Methoden möglich.

Ist ein ausgeprägter Bandscheibenvorfall die Ursache für den Meningismus, muss häufig ein chirurgischer Eingriff stattfinden.

Prognose bei einem Meningismus

Ebenso wie die Therapie hängt auch die Prognose des Meningismus von dessen auslösender Ursache ab. So kann die Nackensteifheit in schweren Fällen sogar lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Wenn sie nicht fachgerecht und frühzeitig behandelt wird, droht im Extremfall sogar der Tod des Patienten. Negativ fällt die Prognose außerdem aus, wenn sich die Krankheit durch eine Infektion mit Pneumokokken zeigt.

Erfolgt die Therapie jedoch frühzeitig, nimmt die Erkrankung in der Regel einen günstigen Verlauf. In den meisten Fällen ist der Meningismus nach einigen Wochen wieder vollständig verheilt.

Bei einem ungünstigen Verlauf drohen allerdings dauerhafte neurologische Folgeerscheinungen. Dazu zählen Beeinträchtigungen des Gehörs, Lähmungserscheinungen oder psychische Störungen. Vor allem bei einem Übergreifen der Erkrankung auf das Gehirn sind Langzeitschäden zu befürchten.

Meningismus vorbeugen

Es gibt keine Möglichkeit, Meningismus direkt vorzubeugen. Um Schäden an der Halswirbelsäule, die Nackensteifheit hervorrufen können, zu vermeiden, sind regelmäßige Bewegung, abwechslungsreiche Tätigkeiten sowie gymnastische Übungen zu empfehlen.

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