Atherom - Ursachen und Behandlung der Talgzyste (Grützbeutel)

Unter einem Atherom wird eine gutartige Zyste verstanden, die im Unterhautfettgewebe entsteht. Die Zyste ist auch als Grützbeutel bekannt.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: L72
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Was ist ein Atherom?

Bei einem Atherom handelt es sich um eine Zyste von gutartiger Natur. Die Bezeichnung Atherom entstammt dem Griechischen und bedeutet deutsch übersetzt "Weizengrütze". Umgangssprachlich wird sie auch Grützbeutel, Grießknoten oder Balggeschwulst genannt.

Definition

Ein Atherom zeigt sich als Beule, die von einer Hautschicht umspannt wird. Zu den Hauptbestandteilen dieser Beule zählen Hautzellen und Fett. Mediziner bezeichnen derartige Hohlräume, die aus einer verstopften Drüse hervorgehen, auch als Retentionszysten. Das Atherom wird als Trichilemmalzyste (Haarwurzelscheiden-Zyste) eingestuft.

Zu den typischen Merkmalen von Atheromen gehört, dass sie sich im Haarwurzelbereich entwickeln. Aus diesem Grund entstehen sie bevorzugt an Körperstellen, die stark behaart sind. Bei rund 90 Prozent aller Betroffenen kommen sie an der behaarten Kopfhaut vor. Mitunter treten sie auch im Gesicht, im Nacken, an der Bauchregion oder im Schambereich auf.

Im Prinzip kann sich ein Atherom bei jedem Menschen entwickeln. Bei einigen betroffenen Personen besteht jedoch eine genetische Veranlagung. Nicht selten bilden sich dann mehrere Grützbeutel zur gleichen Zeit.

Größe

Die Größe des Atheroms schwankt zwischen einem Stecknadelkopf und einem Hühnerei. Die durchschnittliche Größe eines Atheroms beträgt ein bis drei Zentimeter. In seltenen Fällen erreicht der Grützbeutel auch den Umfang eines Apfels.

Unterscheidung zur Epidermoidzyste

Manchmal wird auch die Epidermoidzyste (Epidermalzyste) den Atheromen zugeordnet. Dabei handelt es sich um Knoten, die den Umfang einer Erbse oder Pflaume aufweisen und ebenfalls aus den Haarwurzeln hervorgehen. Sie entstehen jedoch stets im obersten Haarwurzelbereich. Während sich in der Epidermoidzyste in erster Linie abgeschältes Hornmaterial befindet, enthält der Grützbeutel vorwiegend fettige Substanzen.

Grafik der Unterhaut mit Haarwurzel
Hautgewebe mit Haarwurzel und Talgdrüse

Ursachen

In den meisten Fällen entsteht das Atherom aus der Kopfhaut heraus und geht aus einem Haarfollikel (Haarwurzel) hervor. Sein genauer Ursprung liegt innerhalb eines schmalen Kanals im Haarbereich. Der Kanal befindet sich unterhalb des haarigen Hautbereichs. Jedes Haar verfügt über eine kleine Talgdrüse, die in den Kanal mündet. Zu den Aufgaben dieser Talgdrüse gehört es, eine Ummantelung mit einem öligen Flüssigkeitsfilm zu bilden. Bei einer Überaktivität der Talgdrüsen kommt es rasch zum Fetten des Haars.

Mitunter entsteht am Isthmus der Talgdrüse, der deren Ausführungsgang bildet, eine Verstopfung. Mögliche Gründe für das Verstopfen sind Hautzellen oder kleine Fettkristalle. Aufgrund der Verstopfung ist ein problemloses Abfließen des Talgs nicht mehr durchführbar. Weil die Drüse jedoch weiterhin Talg herstellt, hat dies dessen Anstau zur Folge.

Im weiteren Verlauf entsteht aus der Haarwurzel eine runde Blase, aus der sich wiederum das Atherom bildet.

Symptome

Von außen ist der Grützbeutel als sichtbare Hauterhebung erkennbar. Trotz seiner prallen Füllung präsentiert sich das Atherom nicht hart, sondern eher elastisch. Einige Zysten können sogar auf der Haut verschoben werden. In einigen Fällen treten auch mehrere Atherome gleichzeitig auf, die sich als Gruppe anordnen.

Große Atherome können die sie überziehende Haut deutlich überspannen. Die dort wachsenden Haare stehen daher weit auseinander oder sind mitunter gar nicht vorhanden.

Bei einigen Betroffenen tritt auf dem Atherom ein schwarzer oder grauer Punkt auf. Ansonsten nimmt das Atherom die Farbe der Haut an.

Liegt keine Entzündung des Grützbeutels vor, bereitet dieser auch keine Schmerzen. Kosmetisch wird die Zyste jedoch oft als unangenehm empfunden.

Entzündet sich das Atherom, führt dies zu dessen Rötung. Außerdem kommt es zu einer Schwellung, Überwärmung und die Zyste reagiert schmerzempfindlich auf Berührungen.

Als bedenklich gilt die Ansammlung von Eiter innerhalb des Atheroms. So besteht dadurch das Risiko einer Abszessbildung.

Eitriger Abszess im Halsbereich
Mit Eiter gefüllter Abszess

Komplikationen

Entsteht das Atherom am Kopf, drohen in manchen Fällen ernste Komplikationen. So besteht die Gefahr, dass Bakterien und Eiter bis ins Gehirn vordringen. Ist der Grützbeutel infiziert, können die sich ausbreitenden Keime eine lebensgefährliche Blutvergiftung (Sepsis) verursachen.

Wann zum Arzt?

Wurde die Hautstelle, an der die Zyste auftritt, zuvor nicht untersucht, empfiehlt sich der Besuch eines Arztes. Dieser stellt fest, ob es sich wirklich um ein Atherom handelt.

Der Gang zum Arzt ist auch dann erforderlich, wenn sich die betroffene Stelle entzündet hat, was sich durch Schmerzen, Rötung und Überwärmung bemerkbar macht. Gleiches gilt, wenn der Grützbeutel zu kosmetischen Problemen führt oder sich störend auf den Alltag, wie zum Beispiel beim Kämmen der Haare, auswirkt.

Diagnose

Führt das Atherom den Betroffenen zum Arzt, gelten ein Allgemeinmediziner oder ein Dermatologe (Hautarzt) als beste Anlaufstelle. Der Mediziner nimmt zunächst ein Gespräch mit dem Patienten vor und erkundigt sich danach, wie lange der Grützbeutel schon vorhanden ist, ob noch weitere Atherome entstanden sind und ob schmerzhafte Beschwerden vorliegen. Im Anschluss erfolgt eine körperliche Untersuchung. Dabei übt der Arzt Druck auf den Grützbeutel aus und prüft, ob dieser verschiebbar ist. In den meisten Fällen lässt sich das Atherom rasch erkennen.

Zur Unterscheidung zwischen einer Trichilemmalzyste, also einem echten Atherom, und einer Epidermoidzyste ist eine feingewebliche Untersuchung erforderlich. Zu diesem Zweck entfernt der Arzt chirurgisch etwas Gewebe vom Grützbeutel und schickt dieses zur genaueren Analyse an ein Labor. Diese Untersuchung gilt als wichtig, um bösartige Geschwülste ausschließen zu können.

Gespräch beim Arzt
Der Arzt kann ein Atherom sehr leicht diagnostizieren

Behandlung

Nicht in jedem Fall bedarf ein Atherom einer medizinischen Behandlung. Dies gilt besonders für kleine Grützbeutel, die nicht wachsen.

Verursacht die Zyste jedoch gesundheitliche oder starke kosmetische Probleme, ist eine Entfernung durch einen Hautarzt erforderlich. Für eine dauerhafte Entfernung muss ein operativer Eingriff erfolgen. Dies gilt sowohl für den Kopf als auch für alle anderen Körperregionen.

Atherom nicht selbst ausdrücken

Man sollte auf keinen Fall den Versuch unternehmen, das Atherom selbst auszudrücken. Denn selbst nach der Entleerung des Hohlkörpers, der mit Sekret gefüllt ist, bleibt die glattwandige Zyste erhalten und füllt sich erneut mit Flüssigkeit.

Operation

Für eine chirurgische Entfernung des Grützbeutels greift der Hautarzt auf spezielle Instrumente zurück. Mit deren Hilfe kann er die Zyste spindelförmig aus der Haut schälen. Wichtig ist, dass die Zyste vollständig entfernt wird, da sich sonst mit der Zeit ein neues Atherom bildet.

Handelt es sich nur um einen kleineren oder mittelgroßen Grützbeutel, nimmt der Eingriff, der unter lokaler Betäubung erfolgt, weniger als eine Stunde in Anspruch.

Komplikationen durch den operativen Eingriff treten nur selten auf. Manchmal leiden die betroffenen Personen unter Wundheilungsstörungen, Blutungen oder Infektionen.

Spritze und Ampulle
Die Entfernung des Grützbeutels findet in der Regel unter lokaler Betäubung statt

Behandlung eines entzündeten Atheroms

Problematischer hingegen gestaltet sich die Behandlung bei einer Infektion. Dann darf der Arzt das Atherom nicht entfernen, solange es noch entzündet ist. Aus diesem Grund erfolgt zunächst eine örtliche Therapie mit der Gabe von Antibiotika.

Hat sich ein Abszess gebildet, ist erst dessen Reifung vor seiner Entfernung notwendig. Anschließend entfernt der Mediziner den Eiter und reinigt die Wunde gründlich.

Weil eine lokale Anästhesie des infizierten Grützbeutels nicht durchführbar ist, werden kleinere Exemplare vereist. Liegt ein größeres infiziertes Atherom vor, bekommt der Patient meist eine Vollnarkose. In manchen Fällen muss auch eine Drainage angelegt werden, um die Entzündung zu behandeln.

Oft dauert es vier bis sechs Wochen, bis die Entzündung verheilt ist. Anschließend findet das Entfernen des Grützbeutels in der üblichen Weise statt.

Prognose

Der Verlauf eines Atheroms ist sehr unterschiedlich. Während es in manchen Fällen keinerlei Schwierigkeiten hervorruft, kann es sich bei anderen Patienten sehr störend auswirken. Nicht wenige Betroffene wünschen sich die Entfernung des Atheroms besonders aus ästhetischen Gründen.

Die Gefahr einer Entzündung des Atheroms besteht vor allem bei Epidermalzysten.

Gelingt es dem Arzt nicht, den Grützbeutel komplett zu entfernen, zeigt er sich später oft erneut. In manchen Fällen beendet das Atherom aber auch sein Wachstum und stagniert dann.

Vorbeugung

Einem Atherom vorzubeugen, ist leider nicht möglich. Damit es nicht zur Entzündung des Grützbeutels kommt, darf der Betroffene nicht mit den Fingern an ihm herumdrücken. So besteht dadurch die Gefahr, dass schädliche Bakterien bis zur Zyste vordringen.

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