Psychologen wollen Persönlichkeitsstörung bereits während der Pubertät behandeln

Wann es am sinnvollsten ist, eine Therapie zu beginnen ist, ist umstritten

Von Cornelia Scherpe
3. Februar 2015

Es gibt eine ganze Palette an Persönlichkeitsstörungen, die in der Psychologie bekannt sind und die behandelt werden können. Allerdings ist es der Regelfall, dass zumindest vergleichsweise "harmlose" Störungen erst mit Eintritt ins Erwachsenenalter therapiert werden.

Die Psychologen begründen das mit der Rücksicht auf die Pubertät eines Menschen. Während dieser Phase der Selbstfindung sind die meisten Jungen und Mädchen impulsiv bis aggressiv, ziehen sich teilweise zurück und zeigen allgemein ein Verhalten, das die Eltern beunruhigt. Hier bereits eine Persönlichkeitsstörung zu vermuten und sofort therapeutische Maßnahmen zu starten, ist verfrüht.

Jugendliche bei einer möglichen Persönlichkeitsstörung auffangen

Allerdings werden nun auch Stimmen laut, die zu mehr Mut beim Therapiestart aufrufen. Dabei geht es vor allen Dingen darum, die Jugendlichen aufzufangen, die extreme Muster wie Ritzen und anderes selbstverletzendes Verhalten zeigen. Hier sind die Grenzen der gesunden Pubertät überschritten. Auch wenn die klassischen "Symptome" über lange Zeit bestehen bleiben und eher stärker als schwächer werden, sollten Eltern aufmerksam werden. Hier kann eine beginnende Persönlichkeitsstörung ihr Gesicht zeigen und dabei sollte man handeln.

Befürworter begründen dies mit dem Fakt, dass seelische Störungen in der Regel schlimmer werden und die Behandlungserfolge bei frühzeitigem Beginn am besten sind. Bis zum Ende der Pubertät zu warten, kann sich daher als Fehler herausstellen. Da die Persönlichkeitsentwicklung ohnehin nicht mit 18 Jahren abgeschlossen ist, sondern ein Leben lang andauert, sollte man die Pubertät nicht als Ausrede benutzen.

Therapie erst recht verstörend?

Kritiker dieser Einstellung verweisen jedoch darauf, dass Jugendliche in der Zeit der Selbstfindung nicht sofort therapiert werden sollten, nur weil sie ihre Grenzen austesten. Das kann sie sonst erst recht verstören und mit einem Stigma belegen. Unabhängig davon sind 85 Prozent aller Persönlichkeitsstörung nach zehn Jahren auch ohne Therapie wieder abgeklungen.