Kleinzelliges Bronchialkarzinom - Ursachen, Therapie und Prognose

Das kleinzellige Bronchialkarzinom, kurz SCLC für "small cell lung carcinoma", ist mit knapp 15 Prozent aller Fälle die zweithäufigste Lungenkrebsform. Aufgrund des schnellen Tumorwachstums und der frühen Streuung von Metastasen gilt das kleinzellige Bronchialkarzinom als besonders gefährlich. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist daher entscheidend. Wie sich ein kleinzelliges Bronchialkarzinom bemerkbar macht und welche Therapiemöglichkeiten bestehen, lesen Sie in diesem Artikel.

Von Jens Hirseland

In der Medizin wird das kleinzellige Bronchialkarzinom auch als Kleinzeller, kleinzelliges Lungenkarzinom oder Haferzellkarzinom bezeichnet, im Englischen small cell lung carcinoma, kurz SCLC. Gemeint ist damit die am zweithäufigsten vorkommende Lungenkrebsform, deren Wachstum rasch voranschreitet. Aus diesem Grund gilt das kleinzellige Bronchialkarzinom als überaus gefährlich.

Das kleinzellige Bronchialkarzinom geht aus den so genannten APUD-Zellen hervor. In den APUD-Zellen befinden sich unterschiedliche Peptide (Eiweißstücke) sowie deren Vorstufen, zu denen unter anderem Serotonin und Endothelin zählen. Bei den meisten Betroffenen zeigt sich das kleinzellige Bronchialkarzinom im zentralen Lungenbereich.

An dieser Stelle ähnelt das Karzinom einer Manschette, die sich um die Bronchien herum legt. Weil die entarteten Zellen sich in großer Geschwindigkeit teilen, hat dies ein rasches Tumorwachstum zur Folge. Ein weiteres Problem ist das frühe Streuen des Tumors in andere Körperbereiche, sodass sich dort Metastasen (Tochtergeschwülste) bilden.

Aufgrund der Metastasen-Bildung sowie dem schnellen Voranschreiten des Tumors lässt sich das kleinzellige Bronchialkarzinom nur schwer behandeln. Darüber hinaus wird es zumeist erst in einem späten Krankheitsstadium entdeckt. Bei rund 15 Prozent aller Bronchialkarzinome handelt es sich um ein kleinzelliges Bronchialkarzinom.

Ursachen eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms

Raucher zieht an einer Zigarette
Raucher sind besonders gefährdet

Zu den häufigsten Verursachern des kleinzelligen Bronchialkarzinoms zählt das Rauchen. Als besonders gefährdet gelten Personen, die schon früh in ihrem Leben mit dem Tabakkonsum begonnen haben und intensiv rauchen. Vor allem bei Frauen und Jugendlichen wurden empfindliche Reaktionen auf Stoffe im Tabakrauch festgestellt, die Krebs hervorrufen.

So fällt das Lungenkrebsrisiko insbesondere bei weiblichen Jugendlichen hoch aus. Doch auch bei Passivrauchern besteht die Gefahr, dass sie an einem kleinzelligen Bronchialkarzinom erkranken. Neben dem Rauchen kommen aber noch weitere Ursachen wie hohe Schadstoffbelastungen der Luft sowie Berührungen mit Asbest als Gründe für das Haferzellkarzinom in Betracht.

Die Bezeichnung "Haferzellkarzinom" geht darauf zurück, dass die Krebszellen unter einem Mikroskop an Haferflocken erinnern.

Symptome eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms

Zu Beginn eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms machen sich nur unspezifische Symptome bemerkbar wie

Von den meisten Betroffenen werden diese Beschwerden unterschätzt, weil sie denken, nur unter einer hartnäckigen Bronchitis zu leiden. Der Verlauf des kleinzelligen Bronchialkarzinoms schreitet aber rasch voran. Infolgedessen treten weitere Beschwerden auf wie:

Einige Beschwerden des Haferzellkarzinoms gehen auf das Ausschütten des Tumors von hormonartigen Substanzen ins Blut zurück. Mediziner sprechen dann von einem Paraneoplastischen Syndrom. Dadurch kommt es wiederum zu Beschwerden wie

Diagnose eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms

Führen die Beschwerden den Patienten zum Arzt, erkundigt sich dieser zunächst genau nach dessen Symptomen. Von Interesse ist für den Mediziner außerdem, welchen Beruf der Erkrankte ausübt und ob er häufig raucht.

Im Anschluss an die Befragung wird eine körperliche Untersuchung vorgenommen. Außerdem werden Röntgenbilder vom Brustraum angefertigt, auf denen in den meisten Fällen bereits die Auswirkungen des Tumors zu erkennen sind. Um genauere Aufschlüsse zu erhalten, kann eine Computertomographie (CT) durchgeführt werden.

Ferner ermittelt der Arzt das Ausmaß des kleinzelligen Bronchialkarzinoms. Ungefähr 75 Prozent aller Kleinzeller werden im späten Stadium der Krankheit diagnostiziert.

Therapie eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms

Die Behandlung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms richtet sich nach dem Stadium der Lungenkrebserkrankung. Prinzipiell sind drei Behandlungsoptionen möglich:

Diese drei Therapieformen lassen sich auch miteinander kombinieren. Im Endeffekt wird die Behandlung nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten ausgerichtet, die vom jeweiligen Krankheitsstadium sowie von der körperlichen Verfassung abhängen.

Problematisch für die Behandlung ist das hohe Metastasenrisiko. Selbst bei kleineren ursprünglichen Tumoren treten an anderen Organen oft schon Tochtergeschwülste des kleinzelligen Bronchialkarzinoms auf.

Bei rund zwei Dritteln aller Patienten liegt zu Behandlungsbeginn eine Ausbreitung des Tumors auf beide Brustkorbseiten vor. Nur bei wenigen Erkrankten ist eine komplette Heilung möglich.

Chirurgischer Eingriff

Eine operative Entfernung lässt sich mitunter bei sehr kleinen Tumoren durchführen, sofern die Lymphknoten im Mediastinum noch nicht oder nur geringfügig befallen wurden. Solche Fälle kommen jedoch nur selten vor. Sie werden in der Medizin als sehr frühes Stadium (very limited Disease) bezeichnet.

Nach der Operation findet ergänzend eine Chemotherapie statt. Durch dieses Verfahren sollen eventuelle Metastasen bekämpft werden, die sich noch nicht entdecken ließen.

Kann der Tumor in der Lunge nicht komplett herausoperiert werden, lässt sich von außen eine Nachbestrahlung vornehmen. Weil sich oft Metastasen des kleinzelligen Bronchialkarzinoms im Gehirn ansiedeln, findet meist auch eine prophylaktische Schädelbestrahlung statt.

Chemotherapie und Bestrahlung

In den meisten Fällen wird ein kleinzelliges Bronchialkarzinoms durch eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie behandelt, da diese Methode, die auch als Radiochemotherapie bekannt ist, als am wirkungsvollsten gilt.

Die Chemotherapie findet alle drei Wochen über vier bis sechs Zyklen statt. Zur selben Zeit wie die Chemotherapie wird auch die Strahlentherapie begonnen. Diese erfolgt in der Lunge und im Mediastinum.

Für den Fall, dass ein Patient eine gleichzeitige Chemo- und Strahlenbehandlung nicht verträgt, lässt sie sich auch nacheinander durchführen. Dadurch fallen die Nebenwirkungen geringer aus, was aber gleichzeitig auch für die Effektivität der Methoden gilt.

Verabreichte Zytostatika im mittleren Stadium

Im mittleren Stadium des kleinzelligen Bronchialkarzinoms (Stadium Limited Disease) erhält der Patient verschiedene Medikamente. Dabei werden zwei oder drei Zytostatika miteinander kombiniert. Zum Einsatz kommen in der Regel Cisplatin und Etoposid.

Lässt sich das Cisplatin wegen seiner Nebenwirkungen nicht verabreichen, erfolgt zumeist eine Kombination aus anderen Präparaten. Bei starken Einschränkungen des Gesundheitszustands des Erkrankten lässt sich auch eine Monotherapie vornehmen, die nur einen einzelnen Wirkstoff beinhaltet.

Neoadjuvante Therapie

Bei manchen Patienten kann der Tumor durch die Radiochemotherapie derart verkleinert werden, dass er sich durch einen operativen Eingriff komplett entfernen lässt. In der Medizin ist dann von einer neoadjuvanten Therapie die Rede.

Noch nicht klar ist allerdings, ob die Heilungschancen durch diese Methode entscheidend verbessert werden. Wichtig ist, dass die Lymphknoten im Mediastinum vor der Operation nicht vom Krebs befallen sind.

Behandlung im fortgeschrittenen Stadium

Von einem fortgeschrittenen Stadium (Extensive Disease) des kleinzelligen Bronchialkarzinoms ist die Rede, wenn es zur Entstehung von Metastasen kommt. Die Krebserkrankung lässt sich dann nicht mehr heilen.

Aus diesem Grund wird eine palliative Behandlung durchgeführt, die die Beschwerden lindert. Außerdem soll sie eine Verlängerung der Lebenszeit bewirken. Der Erkrankte erhält in diesem Fall eine Chemotherapie, die den Tumor zumindest zeitweise zurückdrängt.

Prognose bei einem kleinzelligen Bronchialkarzinom

Die Aussichten bei einem kleinzelligen Bronchialkarzinom gelten als schlecht. Selbst im mittleren Stadium der Krankheit kommt es bei acht von zehn Patienten auf längere Sicht zu einem Rückfall, auch wenn sich der Tumor nach der ersten Therapie zurückbildet.

Findet keine Behandlung statt, versterben die meisten Betroffenen ca. zwei bis vier Monate nach der Diagnosestellung. Durch eine Chemotherapie, die individuell angepasst wird, ist es jedoch möglich, die Überlebenszeit des Patienten zu verlängern.

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