Das Geheimnis der Kraft - Muskelmasse ist nicht gleich Stärke
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Sie mit dem Fitnesstraining angefangen haben. Damals konnten Sie sich von Workout zu Workout in fast allen Übungen steigern. Egal, ob es sich dabei um Kniebeugen, Seitheben, Latziehen am Kabelzug handelte. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Ihre Muskeln noch gar keinen Millimeter an Umfang gewonnen hatten. Dieses kleine Erlebnis, dass jeder Trainierende am Anfang seiner Fitness-Karriere macht, zeigt, dass die Muskelkraft nicht allein von der Muskelmasse abhängt. Die folgenden Zeilen erklären, warum Muskelmasse nicht gleich Stärke ist.
Der Zusammenhang von Nerven und Muskelfasern
Wie Sie in der Einleitung bereits erfahren haben, ist der Muskelquerschnitt nur einer von vielen Faktoren, die Einfluss auf die generellen Kraftfähigkeiten eines Athleten haben. Neben den körperlichen Proportionen und den daraus resultierenden Hebelverhältnissen spielt auch das Muskelfaserverhältnis und das Nervensystems eine entscheidende Rolle.
Mit den Nervensystem und dessen neuronaler Adaptation soll sich dieser Artikel beschäftigen und klären, welche Bedeutung die neuronale Adaptation für das Krafttraining hat und wie man sie stimulieren kann. Intuitiv wird auch von den meisten Nichtsportlern die Muskelmasse eines Athleten mit dessen Kraft bzw. Stärke gleichgesetzt. Im Prinzip ist das auch keine grundsätzliche falsche Annahme, da ein großer Muskelquerschnitt ein Beleg für das Vorhandensein von vielen Myofibrillen ist, die wiederum eine wesentliche Einflussgröße der Kraft sind.
Wenn ein Athlet also seine Muskelmasse erhöht, wird er auch zwangsläufig stärker? Nur bedingt, denn jetzt kommt das Nervensystem und seine neuronale Adaptation ins Spiel. Denn zusätzlich zu Ihren Muskeln müssen Sie auch Ihr Nervensystem trainieren, damit ihre vorhandene Muskelmasse auch optimal aktiviert wird (Faserrekrutierung).
Es nützt Ihnen relativ wenig, wenn Sie über eine beeindruckende Muskulatur verfügen, aber nicht annähernd alle Myofibrillen während einer Kontraktion einbeziehen können. Denn so sind Sie logischerweise nicht in der Lage, Ihr Kraftpotential auszureizen.
Der ganze Sachverhalt ist für sich genommen recht komplex, lässt sich jedoch auf eine sehr einfache Veranschaulichung reduzieren. Folgende bildliche Abstraktion soll helfen, die Beziehung zwischen Muskeln und Nervensystem zu erklären.
Bildliche Erklärung
Stellen Sie sich vor, dass die Myofibrillen in Ihren Muskeln kleine Motoren sind, die sie in einer Massephase bauen. Sie sehen sicherlich ein, dass Ihnen diese Motoren nur von Nutzen sind, wenn diese auch an das Stromnetz angeschlossen sind. Ihr Nervensystem ist sozusagen das Stromnetz in Ihrem Körper und Sie müssen etwas anders trainieren, um dieses körpereigene Stromnetz mit den vorhandenen Motoren zu verknüpfen.
Missachten Sie deshalb nicht den Faktor der "Neuronalen Adaptation" bei Ihrer weiteren Trainingsplanung, wenn Ihr Ziel die Erhöhung der Maximalkraft ist. Wenn Sie die unten genannten Regeln in Ihr Training integrieren, werden Sie bereits in kurzer Zeit deutliche Kraftzuwächse verzeichnen können. Im Gegensatz zum Muskelaufbau kann die neuronale Effizienz bereits nach drei Wochen gezieltem Training wesentlich optimiert werden.
Neurale Adaption und Tipps zum Training
Anfänger im Bereich des Krafttrainings werden sich in der Regel schnell über Leistungssteigerungen freuen können. Besonders zu Beginn des Workouts sind diese aber noch nicht auf das Wachstum der Muskeln zurückzuführen, sondern vielmehr auf neurale Verbesserungen.
Ein Zuwachs an Kraft lässt sich in vielen Fällen durch die Steuerungsart des Muskels durch das Nervensystem erklären. Unter anderem sorgt es dafür, dass die Muskeln, die die Bewegungungen anderer Muskeln unterstützen, stimuliert werden. Gleichzeitig werden die Antagonisten gehemmt.
Diese Funktionsweise des Nervensystems steht für die Kraft des Sportlers. Ebenso aber zählt auch die Dauer dieser Stimulation und Hemmung dazu. Je gleichmäßiger Stimulation und Hemmung vonstatten gehen, desto länger können die Kräfte aufrecht erhalten bleiben.
Für die neurale Adaption sollten einige Trainingsregeln und -hinweise beachtet werden. Erreicht man einen Kraftzuwachs bei einer Aktivität, lässt sich dieser nicht einfach so auf andere Aktivitäten übertragen - je größer der Unterschied, desto geringer die Kraftübertragung.
Beim Training sollte also darauf geachtet werden, Bewegungen auszuführen, die spezifisch für die einzelne Sportart sind, statt sich auf einzelne Muskelgruppen zu konzentrieren. Das Nervensystem darf nicht vernachlässigt werden, wenn es darum geht, eine Kraftzunahme anzupeilen.
Beispiel Laufen: handelt es sich um Sporarten, bei der das Laufen einen wichtigen Teil darstellt, sollten Übungen im Sitzen, bei denen man sich auf einzelne Muskelgruppen beschränkt, ausgelassen werden. Empfehlenswert sind Workouts, bei denen man die Kraft von jeweils einem Bein aufbringen muss, so etwa bei einbeinigen Kniebeugen oder einbeinigen Sprüngen.
Hinweise zur explosiven Muskelkontraktion
Möchte man die Effizienz des Krafttrainings steigern, wird dazu angeraten, mit weniger Wiederholungen zu arbeiten und höhere Belastungen zu wählen. Das Schlüsselwort stellt hierbei die explosive Muskelkontraktion dar.
Dabei werden die Wiederholungen möglichst schnell ausgeführt; die Muskeln erfahren eine maximale Aktivierung, was zu einer schnellen Krafterzeugung führt. für den Sportler hat diese Methode einige Vorteile.
So lässt sich die Zeit reduzieren, die man aufwenden muss, damit ein bestimmter Zuwachs an Kraft erreicht werden kann. Außerdem ist eine schnellere Erholung möglich, sofern man im gesunden Maß trainiert.
Jedoch sollte man wissen, dass durch die größeren Belastungen beim Training auch höhere Verletzungsrisiken bestehen, sofern man die Bewegungen nicht richtig ausführt. Gerade unerfahrene Sportler sollten sich demnach von einem Profi beraten lassen.