Zwanghaftes Horten - Wenn das Sammeln von Dingen krankhaft wird

Für viele Menschen wird das Sammeln zur Leidenschaft, und die ist ja bekanntlich, das was Leiden schafft. Sammeln ist eigentliche eine schöne Beschäftigung, aber sie ist auch kritisch zu sehen und kann krankhaft werden: in dem Fall spricht man vom Horten. Das krankhafte Sammeln von Dingen wird dann zum Mittelpunkt des Lebens des Betroffenen, eine Suchte, die behandelt werden kann. Informieren Sie sich über das zwanghafte Horten von Gegenständen und lesen Sie, wie man aus dieser Sucht wieder rauskommt.

Von Claudia Rappold

Zu Urzeiten hatte das Sammeln eine überlebenswichtige Funktion. Und auch in Krisenzeiten war das Sammeln von nützlichen Dingen, beispielsweise Brennholz oder Nahrungsmittel, zum Überleben notwendig.

Adelshäuser benutzten ihre Privatsammlungen vorwiegend dazu, ihre Macht zu demonstrieren. Und auch für viele Sammler heutzutage geht die Sammelleidenschaft in eine ungute Richtung.

Merkmale einer Sucht

So haben sich zum Beispiel nicht wenige Sammler finanziell ruiniert. Gerade bei kostspieligen Sammelobjekten kann dies schnell passieren.

Krankhaft wird das Sammeln, wenn es zum Zwang und zur Sucht wird. Das Sammeln nimmt dann mehr Raum im Leben des Sammlers ein, als es ihm gut tut. Da kann sich alles nur noch um die begehrten Sammlerstücke und der Jagd nach neuen Trophäen drehen.

Oft wird das Sammeln auch zur Flucht, zur Flucht vor der Realität und Situationen, die im alltäglichen Leben überfordern. Manche Sammler werden auch kontaktscheu, ziehen sich vollkommen zurück und vergraben sich in ihre Sammelleidenschaft.

Man muss beim Sammeln also unterscheiden, ob dies landläufig geschieht und man sich auch längerfristig daran erfreuen kann, ob man es sich leisten kann und genügend Platz dafür hat - muss man all diese Aspekte verneinen, wird die Situation bedenklich; dann ist die Rede vom "krankhaften Horten", im Englischen als "compulsive hoarding" bekannt.

Was dabei gesammelt wird, ist unterschiedlich. In vielen Fällen nimmt man auch einfach wahllos all das mit, was man bekommen kann, besonders, wenn es sich um kostenlose Dinge handelt.

Der objektiv gesehene Wert eines Objektes steht dabei an letzter Stelle - mitunter wird auch zu Prospekten oder leeren Dosen gegriffen. Die Sammler jedoch fangen an, eine starke Bindung zu diesen Dingen aufzubauen; für sie gibt es irgendwann nichts Wertvolleres mehr, sodass eine Trennung unmöglich wird.

Abgrenzung vom Messie-Syndrom

Oftmals wird das krankhafte Sammeln auch als Messie-Syndrom bezeichnet, allerdings ist dies ein weitaus komplexeres Erkrankungsbild, von dem das Horten jedoch auch ein Teil sein und letztendlich auch dazu führen kann. Das Messie-Syndrom macht sich aber auch durch eine Vielzahl weiterer Punkte bemerkbar, wie etwa

  • der Unfähigkeit, Ordnung zu halten
  • einer mangelnden Hygiene bis zur Geruchsbelästigung
  • einer chronischen Unpünktlichkeit
  • Handlungsblockaden, besonders in wichtigen Situationen
  • Vernachlässigung sozialer Verpflichtungen
  • dem Gefühl der Hilflosigkeit

Warum kommt es zur Sucht?

Oft soll mit dem Sammeln auch etwas kompensiert werden.

  • Mangelerfahrungen
  • Ausgrenzungen oder gar
  • Verletzungen

sollen so wieder ausgeglichen werden. Für manchen Sammler wird die Sammelleidenschaft zur Ersatzbefriedigung. Soziale Kontakte verarmen, die Familie wird vernachlässigt und alles dreht sich nur noch um die Beschaffung und das Horten der Sammelobjekte.

Es kann aber auch sein, dass eine innere Leere und Einsamkeit kompensiert werden sollen. Es gibt Sammler, die zu Messies werden und dann leidet auch ihre Umgebung darunter. Wenn aber mindestens ein Mensch unter der Sammelwut leidet, dann ist sie mit Sicherheit krankhaft.

Exzessives Sammeln ist eine Zwangshaltung, unter der die Betroffenen meist selber leiden. So eine Sammelwut kann eine Familie zerstören: Partner flüchten und auch Kinder halten es nicht mehr aus.

Mitunter können auch andere zwanghafte Züge bestehen. Ebenfalls typisch sind Probleme, entscheidende Informationen zu verarbeiten: das Reduzieren auf das Wesentliche fällt Betroffenen sehr schwer.

Behandlungsmöglichkeiten

Das Krankheitsbild kann sehr komplex sein, aber das pathologische Sammeln ist behandelbar. Es gibt eine Vielzahl an Anlaufstellen und verschiedene Therapieformen.

Selbst eine klassische homöopathische Behandlung kann helfen. Die erste Anlaufstelle ist immer der Hausarzt, er kann weitere Schritte vorschlagen und den Betroffenen vielleicht am ehesten davon überzeugen professionelle Hilfe anzunehmen.

Möchte man einem Betroffenen helfen, so nützt es nichts, wenn man ihn dazu zwingt, sich von den Gegenständen zu trennen - oder diese gar selbst entsorgt. Selbst, wenn einem dies gelingt, wird sich nach einiger Zeit wieder dieselbe Situation einstellen.

Stattdessen ist es sinnvoll zu versuchen, in Ruhe ein Gespräch zu führen und dem Sammler bzw. der Sammlerin verständlich zu machen, dass er/sie professionelle Hilfe benötigt. Die Therapie ansich erfolgt ebenfalls durch Gespräche; zudem macht der Therapeut beispielsweise auch Hausbesuche und hilft dem Betroffenen, sich von den angesammelten Gegenständen zu trennen - meistens in kleinen Schritten.

Es gibt auch Selbsthilfegruppen, an die man sich wenden kann. Wichtig ist, dass man sich bzw. dem Betroffenen Zeit gibt, um von diesem Zwang loszukommen; von heute auf morgen wird dieses Vorhaben nicht gelingen.