Die Vor- und Nachteile des Fremdsprachenunterrichts im frühen Kindesalter

Fremdsprachenunterricht im frühen Kindesalter - In vielen Grundschulen gehört das Erlernen einer Fremdsprache zum normalen Lehrplan dazu. Es gibt eine Menge Stimmen dafür sowie eine Vielzahl, die dagegen sprechen. Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn die Kinder schon so früh eine zweite Sprache lernen? Welche Ziele verfolgen entsprechende Grundschulen, die eine Fremdsprache in ihrem Programm aufweisen? Informieren Sie sich hier.

Von Claudia Haut

Fremdsprachenunterricht an der Grundschule: Nutzen und Verbreitung

Im Jahr 2003 hat Baden-Württemberg als erstes Bundesland der Republik den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule eingeführt. In den Grenzregionen wurde Französisch gelehrt, ansonsten stand Englisch auf dem Stundenplan. Der Start war dabei sehr früh - bereits seit der ersten Klasse bekommen die Schüler dort Fremdsprachenunterricht.

Aufgrund von Defiziten in anderen Fächern - teils ist auch von einer mangelnden Anzahl an Grundschullehrern die Rede - soll die Fremdsprache zum Schuljahr 2018/2019 erst ab der dritten Grundschulklasse unterrichtet werden. Generell wird aber, zumindest dort, ein hoher Nutzen dieses Unterrichtkonzepts im frühen Alter betont bzw. aufgrund von internationalen Kontakten des Landes als unerlässlich angesehen. Allenfalls, ob Französisch in den besagten Regionen mehr Sinn mache als Englisch, wird von Lehrern und Eltern unterschiedlich gesehen.

Befürworter des Unterrichts ab der ersten Klasse sind der Ansicht, Kinder lernen die Fremdsprache mit Spaß und Neugier und sind dementsprechend auch motiviert genug. So sehen es auch einige Eltern, von denen man nun befürchtet, sie könnten ihre Kinder auf eine Privatschule schicken - sofern finanziell möglich - sobald der Start des Fremdsprachenunterrichts auf die dritte Klasse verlegt wird.

Neben Baden-Württemberg zählen akutell noch Rheinland-Pfalz und Hamburg zu den Städten, in denen eine Fremdsprache ab der ersten Klasse unterrichtet wird. Nordrhein-Westfalen folgt mit der zweiten, alle anderen Bundesländer mit der dritten Klasse.

Wie verbreitet der Fremdsprachenunterricht hierzulande auch ist - Fakt ist, dass es bezüglich der Frage, ob die Fremdsprache überhaupt in der Grundschule unterrichtet werden soll, wohl stetig unterschiedliche Ansichten gehen wird.

Sprachen können im Kindesalter noch sehr spielerisch vermittelt werden
Sprachen können im Kindesalter noch sehr spielerisch vermittelt werden

Lernkonzept

Die Fremdsprache an einer Grundschule kann auf unterschiedliche Art und Weise übermittelt werden; wichtig sind vor allen Dingen folgende Punkte:

  • Das Lernen erfolgt integriert: das Lernen ist fächerübergreifend und schult die Weltwahrnehmung des Schülers im Ganzen
  • Das Lernen erfolgt sprachlich: es wird gelesen, gesprochen, gehört und geschrieben
  • Das Lernen erfolgt spiralförmig: das Gelernte wird ständig wiederholt, vertieft und erweitert
  • Das Lernen erfolgt authentisch: beim Lernen erhalten die Schüler auch Einblicke in die Lebensgewohnheiten in anderen Ländern
  • Das Lernen erfolgt interkulturell: die Schüler werden für die eigene und Unterschiede zu anderen Kulturen sensibilisiert und lernen, aufeinander zuzugehen
  • Das Lernen erfolgt kommunikativ: kommunikative Kompetenzen werden gestärkt
  • Das Lernen erfolgt exemplarisch: es werden Parallelen zu anderen Sprachen und Kulturen gezogen

Vor- und Nachteile

Bezüglich der Entscheidung, ob es sinnvoll ist, eine Fremdsprache bereits in den ersten Schuljahren zu erlernen, sollte man einen Blick auf die Vor- und Nachteile werfen.

Vorteile

Genau das ist bereits der Vorteil: Kinder, die schon in der Grundschule eine Fremdsprache lernen, beginnen damit sehr früh. Forscher haben herausgefunden, dass Kinder unter zehn Jahren am leichtesten eine Fremdsprache erlernen können. Je früher also damit angefangen wird, desto besser.

Kinder, die schon in der Grundschule eine Fremdsprache wie zum Beispiel Englisch lernen, tun sich später in einer weiterführenden Schule viel leichter, wenn diese Sprache intensiviert wird. Zudem fördert das frühe Lernen einer Fremdsprache auch nachweislich die Intelligenz und das Lernverhalten. Als weitere Vorteile wird angesehen:

  • man legt die Basis für das lebenslange Lernen einer Fremdsprache
  • man ermöglicht Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Kulturen
  • die Weltsicht und der Blick auf die eigene Kultur und Sprache werden erweitert
  • man erkennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Muttersprache und erweitert somit sein kulturelles Wissen
  • man entwickelt kommunikative Fertigkeiten
  • man fördert wichtige Lernveraussetzungen, wie Merkfähigkeit, Ausdrucksfähigkeit, Sprechbereitschaft, Leistungsbereitschaft

Nachteile

Jedoch hat das frühe Lernen einer Fremdsprache auch Nachteile. In vielen Grundschulen beginnt das Lernen der Fremdsprache in der dritten Klasse. Hier herrscht sowieso großer Druck aufgrund des Übertritts in eine weiterführende Schule nach der vierten Klasse, und auch der Lehrstoff nimmt in der dritten Klasse massiv zu.

Kommt nun auch noch eine vollkommen unbekannte Sprache hinzu, so kann dies viele Kinder überfordern, zumal das Erlernen der Sprache mit zusätzlichem Arbeitsaufwand und Vokabellernen verbunden ist. Kinder könnten sich besser auf die anderen Haupt- und Nebenfächer konzentrieren, wenn sie nicht noch eine ihnen unbekannte Sprache erlernen müssen.

Viele Kinder sind mit dem erlernen der ersten Fremdsprache überfordert
Viele Kinder sind mit dem erlernen der ersten Fremdsprache überfordert da sie bereits ohne die Sprache viel Schulstoff zu verarbeiten haben

Andererseits muss aber auch gesagt werden, dass Kinder im Grundschulalter noch leichter lernen als einige Jahre später. Und natürlich läuft der Englischunterricht gerade zu Beginn spielerisch ab, indem englische Lieder gesungen werden und englische Bilderbücher vorgelesen werden.

Dieses Material muss den Lehrern aber auch zur Verfügung gestellt werden. Außerdem müssen die Lehrer Fortbildungsveranstaltungen besuchen, da viele Grundschullehrer in ihrem Studium die Fremdsprache als Unterrichtsfach nicht erlernt haben. Aber nur wenn die Lehrer ausreichend ausgebildet sind, kann auch die Sprache effektiv vermittelt werden.

Fazit

Sicher kann man zweigeteilter Meinung über das frühe Erlernen einer Fremdsprache sein. Lehrer, die ihren Schülern auf spielerische und lockere Weise die Fremdsprache nahe bringen können, tragen dadurch sicher dazu bei, dass die Kinder in den weiterführenden Schulen bestens auf die erworbenen Sprachkenntnisse aufbauen können. Außerdem ist gerade eine Fremdsprache wie Englisch heutzutage absolut notwendig, nicht nur für den Beruf sondern beispielsweise auch für den Urlaub.