Shigellenruhr - durch Shigellen-Bakterien verursachte Durchfallerkrankung

Bei der Shigellenruhr handelt es sich um eine meldepflichtige Durchfallerkrankung. Sie wird von Shigellen-Bakterien verursacht und auch als Shigelliose, Shigellendysenterie oder Bakterienruhr bezeichnet. Übertragen wird sie durch fäkal-orale Schmierinfektionen. Je nach Schwere der Erkrankung kommt es zu wässrigem Durchfall sowie anderen Beschwerden. Informieren Sie sich hier ausführlich über die Shigellenruhr.

Von Jens Hirseland

In der Medizin bezeichnet man die Shigellenruhr auch als Shigelliose, Shigellendysenterie oder Bakterienruhr. Betroffen ist in erster Linie der Dickdarm.

Verbreitung

Die Shigellenruhr zählt in Deutschland zu den meldepflichtigen Krankheiten. Darunter fallen Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle. Hierzulande kommt sie eher selten vor und wird zumeist durch Ansteckung im Ausland eingeschleppt. Lediglich 20-30 Prozent aller Krankheitsfälle haben ihre Ursache in Deutschland.

Besonders betroffene Regionen, in denen sich die Erkrankten infizieren, sind

Ursachen

Verantwortlich für die Entstehung der Shigellenruhr sind Bakterien aus der Gattung Shigella. Shigellen kommen auf der ganzen Welt vor und sind eng mit den Kolibakterien (Escherichia coli) verwandt. Unterteilt werden die Bakterien in die Gruppen

  • Shigella dysenteriae (Gruppe A)
  • Shigella flexneri (Gruppe B)
  • Shigella boydii (Gruppe C) und
  • Shigella sonnei (Gruppe D).

Gemeinsam haben sämtliche Shigellen, dass sie mit einem Endotoxin (Zellgift) ausgestattet sind. Durch die Absonderung dieses Giftes kommt es zu einer entzündlichen Reizung der Darmschleimhaut. Zusätzlich sondert der Erregertyp Shigella dysenteriae ein Exotoxin ab, durch das die Gefahr eines schweren toxischen Krankheitsbildes besteht.

In Deutschland werden die meisten Shigelleninfektionen jedoch von den Erregern Shigella sonnei und Shigella flexneri verursacht. Alle anderen Erreger kommen hierzulande kaum vor, wodurch meist nur leichte Krankheitsverläufe zu verzeichnen sind.

Übertragungswege

Die Übertragung der Shigellenruhr erfolgt durch fäkal-orale Schmierinfektionen. Quellen der Infektion sind infizierter Kot oder Urin. Eine große Rolle bei der Verbreitung spielt schlechte Hygiene.

In den meisten Fällen erfolgt die Übertragung der Krankheit durch unmittelbaren Kontakt von Mensch zu Mensch. Aber auch verunreinigte Lebensmittel oder kontaminierte Gegenstände können zur Ansteckung führen, was jedoch vorwiegend in wärmeren Ländern der Fall ist. Mitunter kommt es in diesen Regionen auch zur Ansteckung durch kontaminierte Gewässer.

Da Shigellen hochansteckend sind, reichen schon zehn bis einhundert Keime aus, um eine Infektion hervorzurufen. Zudem sind die Erreger säurestabil, sodass sie im Magen nicht abgetötet werden. Die Inkubationszeit beträgt etwa 2-7 Tage, ist jedoch nur in seltenen Fällen länger als 12-96 Stunden. Solange der Erreger mit dem Stuhl ausgeschieden wird, besteht Ansteckungsgefahr.

Symptome

Typisch für eine Shigellenruhr ist, dass es plötzlich zu heftigen Beschwerden kommt. In den ersten zwei Tagen leiden die Betroffenen unter wässrigem Durchfall. Der weitere Krankheitsverlauf ist auch vom jeweiligen Erregertyp abhängig.

So kann es sowohl zu leichten als auch zu schweren Erkrankungen kommen. Normalerweise verschwinden die Beschwerden nach einer Woche wieder.

Bei einer schweren Shigelleninfektion geht der wässrige Durchfall häufig in blutigen oder schleimigen Durchfall über. Weitere Beschwerden können

sein. Außerdem ist das Entstehen von Geschwüren im Dickdarm möglich. Im schlimmsten Fall besteht die Gefahr, dass sich der Darm aufweitet und es zu einem lebensgefährlichen Durchbruch kommt.

Normalerweise beschränkt sich eine Shigellenruhr auf den Dickdarm. Eher selten treten Komplikationen außerhalb des Darms wie ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) und Nierenversagen auf.

Diagnose

Diagnostiziert wird eine Shigellenruhr durch die Untersuchung einer Stuhlprobe. Diese wird unter dem Mikroskop analysiert.

Ein deutlicher Hinweis sind eine vermehrte Anzahl an Leukozyten (weiße Blutkörperchen). Es ist aber auch möglich, den Erreger direkt nachzuweisen.

Behandlung

In der Regel behandelt man eine Shigellenruhr mit Antibiotika, was auch für leichte Krankheitsverläufe gilt. Zur Anwendung kommen

  • Tetracyclin
  • Chinolone
  • Doxycyclin
  • Ampicillin oder
  • Trimethroprim-Sulfamethoxazol.

Darüber hinaus ist es wichtig, den Flüssigkeitsverlust, der durch den Durchfall entsteht, wieder auszugleichen. Zu diesem Zweck erhält der Patient entsprechende Infusionen.

Vorbeugung und Bekämpfung

Um eine Infektion zu vermeiden und bestehende Erreger zu bekämpfen, können einige Vorkehrungen getroffen werden. Eine einwandfreie Hygiene ist hierbei das A und O; diese sollte sich auf

  • den Körper, besonders auch die Hände
  • das Trinkwasser
  • die Lebensmittel sowie
  • öffentliche Einrichtungen

beziehen. Bei einem Aufenthalt in Ländern, in denen schlechte hygienische Bedingungen herrschen, sollte Wasser grundsätzlich vor jeglicher Benutzung abgekocht, Lebensmittel, wenn möglich, geschält und gekocht werden.

Wenn mehrere Personen in einem Haushalt leben, sollten Patienten auf eine gründliche Hygiene achten und jegliche Gegenstände und Flächen, die sie nutzen, regelmäßig desinfizieren. Die Benutzung eigener Handtücher etc. sollte selbstverständlich sein.

Schulen und andere öffentliche Einrichtungen dürfen bei Erkrankung nicht besucht werden. Des Weiteren ist das Herstellen und Zubereiten von Lebensmitteln bzw. Speisen strengstens untersagt.

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