Cyberchonder - Warum die Symptomsuche im Internet problematisch sein kann

Was bedeutet es eigentlich, wenn man ständig Kopfschmerzen hat? Wie wird man eine Blasenentzündung schnell wieder los? Und das Muttermal am Hals, könnte das schon Hautkrebs sein? Ein Cyberchonder stellt sich genau solche Fragen und sucht im Internet nach möglichen Diagnosen. Harmlose Beschwerden werden dadurch zu ernsthaften Erkrankungen, in die sich der Betroffene hineinsteigert. Lesen Sie über die Merkmale eines Cyberchonders, und warum die Symptomsuche im Internet problematisch sein kann.

Paradisi-Redaktion
Von Paradisi-Redaktion

Das Web ist längst nicht nur mehr ein Weg der sozialen Vernetzung und schnellen Nachrichtenverbreitung, sondern auch eine wahre Fundgrube für spezielle Fachthemen. Dazu zählt vor allem die Medizin.

Täglich nutzen Millionen von Menschen die einschlägigen Internet-Suchmaschinen, um sich über

zu informieren. Dabei ist es egal, ob man Rückenschmerzen hat oder Darmkrebs - fundiertes wie vermeintliches Fachwissen findet sich überall im Netz, genau wie Diskussionen und Erfahrungsberichte von Betroffenen und deren Angehörigen.

Der Informationsvorsprung wird kleiner

Der Informationsvorsprung, den Ärzte ihren Patienten gegenüber seit jeher haben, schrumpft damit gewaltig. Niemand muss mehr eine Fachbibliothek durchforsten oder einen Experten zurate ziehen, um sich über die Symptome von Depressionen oder Epilepsie zu informieren.

Harmlose Symptome werden zu ernsthaften Krankheiten

Das ist zunächst ein enormer Vorteil für die Betroffenen, kann jedoch auch gefährlich werden. Denn schnell führen Symptome als Suchbegriffe zu schauerlichen Ergebnissen: da wird die Müdigkeit zum sicheren Zeichen für eine Schilddrüsenfehlfunktion, das Kribbeln in den Fingern dagegen kann nur Multiple Sklerose bedeuten.

Es ist ganz natürlich, sich mit einer Erkrankung zu identifizieren, wenn man sich stark damit beschäftigt und in einigen Symptomen wiedererkennt. Der Ausdruck "Medizinstudenten-Syndrom" beschreibt die Pseudo-Erkrankungen von Studenten medizinischer Fächer, die je nach Lehrplan in der Uni wöchentlich wechseln können.

Viele Menschen neigen zu einer leichten Hypochondrie, manche mehr als andere. Und jenen, die hinter einem Mückenstich eine gefährliche Hauterkrankung vermuten, öffnet das Internet Tür und Tor. Ängste werden geschürt, böse Ahnungen unterfüttert.

Cyberchondrie - eine Checkliste

Die Suche nach Krankheiten, wenn einem mal etwas fehlt bedeutet nicht gleich, dass man von einer Cyberchondrie betroffen sein muss. In so einem Fall muss der Betroffene schon sehr große Angst vor einer Erkrankung haben und zudem sind auch folgende Merkmale typisch:

  • normalen Körperfunktionen wird übertriebene Aufmerksamkeit geschenkt
  • es wird online zwanghaft nach Gesundheitsinformationen recherchiert
  • es kann zu Depressionen kommen
  • es treten Angstzustände auf
  • die Gedanken des Betroffenen kreisen stets um die eigene Gesundheit
  • entweder grundlos häufige Arztbesuche oder auch deren Vermeidung

Das Internet ersetzt keinen Arzt

Etwa die Hälfte aller Patienten hat sich heute bereits vor einem Arztbesuch im Internet über ihr Leiden informiert. Auch wenn Mediziner es oft wenig zu schätzen wissen, wenn sie ihre Kompetenz mit einer Internetplattform teilen müssen, ist das grundsätzlich nicht falsch. Dennoch kann eine Suche im Internet den Gang zum Fachmann niemals ersetzen.

Wenn tatsächlich Anlass zur Sorge besteht, ist es ratsam, den Arzt aufzusuchen, bevor man sich in die Tiefen der Erkrankung eingelesen hat und in Panik verfällt. In der Regel kann der Hausarzt doch besser beurteilen, was seinen Patienten fehlt, wie sie behandelt werden sollten und welchen Facharzt sie eventuell aufsuchen sollten.

Denn die Selbstdiagnose via Internet ist anfällig für Fehler. Nicht alle Informationen, die man online findet, sind vertrauenswürdig und unabhängig. Viele wurden von Laien verfasst, aber auch von Pharmaunternehmen, die ihre Produkte und Behandlungsverfahren vermarkten wollen - manchmal sehr direkt, manchmal unterschwellig.

Also: Zu viel Surfen zum Thema Erkrankungen tut nicht gut. Ärzte und Apotheker sind in vielen Punkten die kompetenteren Ansprechpartner.

Wenn recherchieren, dann auf seriösen Seiten

Wer im Internet auf Gesundheitsseiten unterwegs ist, sollte zumindest darauf achten, dass diese auch vertrauenswürdig sind. Folgende Punkte sind dabei wichtig:

  • ein Impressum/Ansprechpartner mit Postanschrift und/oder Emailkontakt
  • die Nennung des Inhabers/Betreibers der Seite
  • dass es eine öffentliche und keine private Homepage ist
  • Qualifikation der Autoren
  • der wissenschaftliche Beleg der Quellen von Bildern und Texten
  • Aktualität der Seiteninhalte
  • bestimmte Qualitätssiegel wie z.B. das HON-Loge oder das afgis-Logo
  • die klare Kennzeichnung von Werbung als Anzeige
  • übersichtlicher Aufbau der Texte
  • Erklärung der Fachbegriffe

  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860

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