Studie zu HIV-Zahlen in Europa: Viele Diagnosen werden zu spät gestellt

Ist der Körper erst einmal geschwächt, wird eine Therapie schwierig und der Ausbruch von Aids wahrscheinlicher

Von Cornelia Scherpe
20. Dezember 2017

Eine Infektion mit HIV kann heute so gut behandelt werden, dass ein Ausbruch von Aids verhindert wird und die Patienten eine nahezu normale Lebenserwartung haben. Das Problem jedoch ist die Tatsache, dass viele Betroffene zu spät zum Arzt gehen und die Virenlast im Körper zum Zeitpunkt der Diagnose bereits weit fortgeschritten ist.

Die HIV-Situation in Europa

Wie genau die aktuelle Situation in Europa ist, hat eine Studie untersucht. Der Report wurde gemeinsam von der Weltgesundheits­organisation WHO und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ECDC erstellt.

Die Erhebung zeigt, dass im Jahr 2016 rund 160.000 Neudiagnosen ausgesprochen wurden. Die meisten HIV-Patienten kamen dabei aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Hier kamen 6,2 Diagnosen auf 100.000 Menschen. In den meisten westlichen EU-Ländern ist die Zahl der Neuinfektionen hingegen eher rückläufig, in Deutschland lag sie mit 3.100 Fällen stabil zu Vorjahren. Das entspricht 2,9 Diagnosen pro 100.000 Menschen.

Die Diagnose kommt häufig zu spät

Im Osten des Kontinents ist zwar die Zahl der Patienten höher, doch überall in Europa gehen viele Betroffene erst spät zum Arzt. Bei 56 Prozent der Osteuropäer und damit bei über der Hälfte lag die Zahl der CD4-Zellen unter 350 pro mm3. 32 Prozent davon kamen sogar auf unter 200 pro mm3.

Ist der Körper bereits so weit geschwächt, wird eine Therapie sehr schwierig. Das zeigen auch die Zahlen der Patienten, bei denen Aids ausbrach: Im Osten Europas waren das 11.151 Betroffene, von denen 3.947 starben. Im Westen lag die Zahl der späten Diagnosen bei Ü50-Patienten sogar bei 60 Prozent und bei den jüngeren Menschen immerhin noch bei 30 Prozent. Aids-Diagnosen gab es 3.628 mit 849 Todesfällen.

Mehr Aufklärung nötig

Für ECDC und WHO steht fest, dass noch mehr Aufklärung gefragt ist. Viele Menschen gehen spät zum Arzt, da sie gar nicht an die Möglichkeit denken, sie könnten infiziert sein. Während im Westen Europas vor allem homosexueller Geschlechtsverkehr ohne Kondom zu einem hohen Infektionsrisiko führt, ist es im Osten Europas heterosexueller Verkehr mit Infizierten sowie das gemeinsame Benutzen von Injektionsnadeln, so die Studie.