Geruch und Gefühl: Gerüche werde nicht nur individuell, sondern situationsbedingt wahrgenommen

Geruchswahrnehmung und -bewertung wird durch die emotionale Verfassung beeinflusst

Von Cornelia Scherpe
12. September 2017

Jeder Mensch nimmt seine Umwelt über verschiedene Sinneseindrücke wahr. Neben dem Sehen als dominanter Reiz spielt auch der Geruchssinn eine Rolle. Viele riechen beispielsweise an Obst, das schon länger im Kühlschrank war oder fühlen sich in öffentlichen Verkehrsmitteln im Sommer vor allem wegen des Schweißgeruchs anderer unwohl.

Doch wie wir einen Geruch bewerten, ist nicht nur von Mensch zu Mensch verschieden, sondern ändert sich auch bei jedem einzelnen. Grund dafür ist die aktuelle, emotionale Verfassung und die daraus resultierende Bewertung eines Sinneseindrucks.

Bestimmte Gesichtsausdrücke beeinflussen Geruchsbewertung

Neuropsychologen baten für ihre Studie 17 gesunde Erwachsene zum Test. Die Männer und Frauen aus Bochum bekamen Menschen auf Fotos gezeigt: neutrale, erfreute und angeekelte Gesichter. Danach sollten Sie an Proben riechen und sagen, wie angenehm oder unangenehm der jeweilige Geruch ist. In den Proben befanden sich Dinge wie Karamell, Knoblauch, Zitrone oder auch Schweißproben und Fäkalien.

Tatsächlich zeigte sich, dass der zuvor gesehene Gesichtsausdruck einen Einfluss auf das Geruchserlebnis hatte. Wer ein angewidertes Gesicht gesehen hatte, schätzte Proben insgesamt ekeliger ein - auch die Proben, mit eher angenehmen Geruch.

Die Erwartungshaltung hatte die Wahrnehmung gefärbt. Bei fröhlichen Gesichtern trat entsprechend der gegenteilige Effekt ein und selbst Schweiß roch plötzlich nicht mehr so schlimm. Nur Fäkalien blieben unabhängig vom gesehenen Gesicht immer abstoßend.

Aktiver piriformer Kortex als Voraussetzung

Damit die Erwartung unsere Wahrnehmung überhaupt beeinflussen kann, muss im Gehirn der piriforme Kortex aktiv werden. Dieser Bestandteil des menschlichen Riechhirns beginnt seine Arbeit bereits vor dem eigentlichen Aufnehmen der Gerüche. Das zeigen Echtzeitaufnahmen der Hirnströme mittels fMRT.

Der piriforme Kortex kreiert entsprechend des Gesehenen oder auch entsprechend der aktuellen Gefühlslage eine Grundhaltung; auch ohne, dass man selbst es will oder überhaupt bemerkt. Die Forscher vermuten, dass hierbei soziale Situationen/Erwartungen eine Rolle spielen. Weitere Studien sollen nun klären, wie genau der piriforme Kortex auch die Körperwahrnehmung beeinflusst.