Arbeiten im Familienunternehmen - Vor- und Nachteile für externen Arbeitnehmer und Familienmitglied

Etwa 90 Prozent der in Deutschland ansässigen Unternehmen sind Familienunternehmen. Und die erfreuen sich bei den Arbeitnehmern durchaus großer Beliebtheit, weil sie ihnen Chancen zur persönlichen Entwicklung und Sicherheit bieten. Wer jedoch als Familienmitglied in diesem Unternehmen arbeitet, hat auch häufig mit Nachteilen zu kämpfen.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Merkmale eines Familienunternehmens

Per Definition kann sich ein Familienunternehmen als solches bezeichnen, wenn Leitung und Eigentum eine Einheit bilden. Dabei muss es sich aber nicht zwangsläufig um das klassische Modell handeln, bei dem das Familienoberhaupt Besitzer und Geschäftsführer eines Unternehmens ist.

Es gibt auch das Modell des familiengeführten Unternehmens. Bei diesem Modell verteilen sich die Eigentumsanteile auf maximal zwei Familien, und einer der Inhaber ist in der Geschäftsleitung tätig ist.

Darüber hinaus gibt es das familienbeherrschte Unternehmen. Bei dieser Variante handelt es sich allerdings nur um ein Familienunternehmen im weitesten Sinne. Denn hier verteilen sich die Anteile von mindestens 50 Prozent auf bis zu drei Familien, wobei keiner der Anteilseigner in der Geschäftsführung tätig sein muss.

Beschäftigung in einem Familienunternehmen als externer Arbeitnehmer

Neben den strukturellen Merkmalen gibt es selbstverständlich auch jene, die Familienunternehmen für Arbeitnehmer so überaus interessant machen.

Vorteile von Familienunternehmen

Familienunternehmen sind teils mit uralten Klischees behaftet. So wird beispielsweise oft der Familienpatriarch angesprochen, der stur an alten Vorgehensweisen festhält und sich gegen Neuerungen jeglicher Art sperrt.

Doch dabei handelt es sich in dem meisten Fällen tatsächlich nur um ein Klischee. Denn Familienunternehmen sind durchaus sehr modern.

Gerade in den mittelständischen Unternehmen - zu denen sich die meisten Familienunternehmen in Deutschland zählen - wird viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, was grundsätzlich einen gewissen Willen zur Innovation voraussetzt. Auch die flachen Hierarchien und die vergleichsweise geringe Bürokratie machen Familienunternehmen überaus attraktiv.

Attraktiv ist häufig auch das Arbeitsumfeld. Das kommt vor allem daher, weil Familienunternehmen oft andere Werte verfolgen als Großkonzerne.

Der einzelne Mitarbeiter wird hier viel mehr geschätzt. Die Unternehmen sind stärker daran interessiert, ihre Mitarbeiter so lange wie möglich im Unternehmen zu halten. Das gelingt ihnen unter anderem mit

  • der guten Ausbildung junger Berufseinsteiger
  • Fortbildungsmaßnahmen für langjährige Angestellte und
  • dem Versprechen eines sicheren Arbeitsplatzes.

Und in der Tat ist die Fluktuation von Personal in Familienunternehmen auch in Krisenzeiten deutlich geringer als in so manchem großen Konzern. Dieser vergleichsweise lange Verbleib der Mitarbeiter in den jeweiligen Unternehmen ist für beide Seiten ein Gewinn.

Die Arbeitgeber können sich darauf verlassen, dass sie qualifizierte Kräfte in ihren eigenen Reihen haben und die Arbeitnehmer können sich stetig weiterentwickeln. Und auch das schafft wiederum für beide Seiten positive Perspektiven. Neben dem Wunsch der Arbeitgeber, sich möglichst langfristig an ihre Arbeitnehmer zu binden und der guten Möglichkeit für die Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens Karriere zu machen, wird auch das Arbeitsklima in den meisten Familienunternehmen sehr positiv bewertet.

Die Fluktuation in Familienunternehmen ist meist geringer
Die Fluktuation in Familienunternehmen ist meist geringer

Beschäftigung in einem Familienunternehmen als Familienmitglied

In der Regel wahrt der Arbeitnehmer eine gewisse Distanz und Respekt vor dem Arbeitgeber, welcher dies zumeist auch einfordert. Es gibt allerdings oftmals auch Fälle, in welchen der eigene Arbeitgeber ein Familienmitglied ist. Doch welche Vor- und Nachteile zieht einer derartige Konstellation nach sich und wie kann mit eventuellen Konflikten umgegangen werden?

Vorteile

Zunächst einmal ist ein Familienmitglied als Arbeitgeber natürlich ein riesiger Vorteil. So kann davon ausgegangen werden, dass die eigene Verhaltensweise nicht ständig hinterfragt wird und die Loyalität zum Unternehmen als selbstverständlich gelten dürfte. Als Arbeitnehmer genießt man deshalb einen theoretischen Freiraum, wie er wohl im Falle eines nichtverwandten Arbeitgebers nicht gegeben wäre.

Darüber hinaus kann auch viel direkter und ehrlicher mit dem eigenen Arbeitgeber verhandelt werden. Dies wäre beispielsweise im Falle des Wunsches einer Lohnerhöhung der Fall.

Diese müsste dann nicht diskret während einer Besprechung oder in schriftlicher Form angedeutet werden. Vielmehr kann ein solcher Wunsch dann im privaten Rahmen und entsprechend locker getätigt werden, ohne dass gar negative Konsequenzen gefürchtet werden müssten.

Darüber hinaus lässt sich mit einem Familienmitglied als Arbeitgeber aber auch viel leichter über Urlaube und die Arbeitszeiten verhandeln. In diesem Zusammenhang ist dann auch eine weitaus flexiblere Zeiteinteilung realisierbar, wie sie innerhalb eines bürokratischen Systems wohl nicht üblich bzw. überhaupt möglich ist.

Nachteile

Daneben resultieren aus einem derartigen Arbeitsverhältnis aber natürlich auch Nachteile. Zunächst einmal erntet der Arbeitnehmer seitens der anderen Mitarbeiter häufig Misstrauen oder wird nicht wirklich respektiert. So kann seitens der Mitarbeiter zum einen angenommen werden, dass der Posten nicht aufgrund der eigenen Kompetenz, sondern lediglich aufgrund des Verwandtschaftsgrades derartig besetzt wurden ist.

Des Weiteren verhalten sich die anderen Mitarbeiter gegenüber diesem Verwandten des Arbeitgebers häufig reserviert, da befürchtet wird, fragwürdige Äußerungen könnten dem Chef später im privaten Rahmen berichtet werden. Der Arbeitnehmer wird demnach seitens der Mitarbeiter dann wie ein vermeintlicher Spion behandelt, welche nicht ein Teil der Arbeitsgemeinschaft ist.

Darüber hinaus kann ein solches Abhängigkeitsverhältnis aber auch zu Problemen führen, sobald eine der Seiten nicht adäquat den eigenen Pflichten nachkommt. Sollten dann Gespräche, welche im familiären Umfeld oftmals nicht ernst genug genommen werden, zu keiner Besserung führen, bleiben nur arbeitsrechtliche Schritte, welche wiederum den Familienfrieden erheblich gefährden.

Im Familienunternehmen wird das Team oft sorgfältiger zusammengestellt
Im Familienunternehmen wird das Team oft sorgfältiger zusammengestellt

Erfolgreiche Gestaltung der Unternehmensnachfolge

Egal ob familienintern oder extern - irgendwann kommt für den Geschäftsführer der Zeitpunkt, an dem er über eine Unternehmensnachfolge nachdenken muss. Im besten Fall kümmert man sich frühzeitig darum; besonders stellt sich hier die Frage, ob ein Familienmitglied das Unternehmen übernehmen kann, soll und möchte, oder ob man den Betrieb an eine externe Geschäftsführung übergibt.

Gibt es Familienmitglieder, die diesen Job übernehmen möchten, sollte man diesen Wunsch auch testen, indem man ihnen mehr und mehr Verantwortung übergibt. So lässt sich bald herausfinden, ob der Job tatsächlich die richtige Wahl ist.

Steht die Wahl fest, sollte man als Noch-Geschäftsführer Veränderungen, die der Nachfolger ausspricht, akzeptieren. Des Weiteren ist anzuraten, einen Plan aufzustellen, und in diesem festzuhalten, (bis) wann man sich aus dem Unternehmen zurückziehen möchte - und an diesen Plan hält man sich im Idealfall.

Ein weiterer Rat: man sollte nicht mit zu hohen Erwartungen an den Kaufpreis herangehen. Natürlich hat man viel Arbeit und Herzblut in das Unternehmen gesteckt, allerdings gilt es nun, sich emotional von diesem zu lösen.

Verbringt man viel Zeit miteinander, lässt sich Vertrauen zueinander aufbauen. Dies ist wichtig, um zu sehen, in welche Richtung das Geschäft künftig laufen soll. Zudem kann man auch wertvolle Erfahrungen austauschen.