Wie betrunken ist man? Wer Nüchterne als Gesellschaft hat, schätzt sich realistisch ein

Studie mit 1.860 Partygängern macht deutlich, dass die Selbsteinschätzung vom Feierumfeld abhängig ist

Von Cornelia Scherpe
15. September 2016

Wer als Nüchterner einen Betrunkenen vor sich hat, der kann dessen Alkoholpegel meist ganz gut einschätzen. Der Trinkende selbst hat dagegen eher eine schlechte Selbstwahrnehmung. Es ist allgemein bekannt, dass beim Genuss von Alkohol die Einschätzungsfähigkeit sinkt. Doch eine aktuelle Studie zeigt, dass das nicht immer so sein muss.

Offenbar spielt es eine Rolle, ob man mit anderen gemeinsam trinkt, oder Nüchterne als Gesellschaft um sich hat. Letztere werden offenbar als Vergleich wahrgenommen. Betrunkene realisieren, dass die anderen sich anders verhalten und schlussfolgern daraus, wie stark sie selbst betrunken sind. Diese Einschätzung fällt recht realistisch aus. Sind andere Betrunkene dagegen in der Nähe, funktioniert das Vergleichen nicht mehr.

Selbsteinschätzung vom sozialen Umfeld abhängig

Die Forscher suchten sich 1.860 junge Erwachsene, die sich selbst als Partygänger bezeichneten. Alle waren im Schnitt 27 Jahre alt und wurden beim Feiern begleitet.

Es wurde der Ort der Party dokumentiert und via Promilletester bei jedem Teilnehmer der tatsächliche Alkoholspiegel gemessen. 400 der Feierenden gaben zudem an, wie betrunken sie sich selbst fühlten und wie stark sie das gesundheitliche Risiko ihres Trinkverhaltens finden. Es zeigte sich, dass die Selbsteinschätzung vom Feierumfeld abhängig ist.

  • War der Blutalkohol der Befragten höher als bei den anderen Partygästen, schätzten sie ihren Konsum realistisch hoch ein.

  • Waren sie dagegen von vielen Menschen mit ähnlichem Promille-Wert umgeben, wurde der eigene Konsum weniger dramatisch gesehen. Auch gesundheitliche Risiken gerieten in den Hintergrund.

Einfluss auf das Trinkverhalten

Die Studie beantwortet damit die Frage, ob Menschen ihren eigenen Alkoholkonsum an die Umgebung anpassen, oder nur nach dem Rausch glauben, die anderen hätten ähnlich viel getrunken. Offenbar beeinflusst tatsächlich die soziale Umgebung das Trinkverhalten.

Wer also plant, bewusst einmal weniger am Wochenende zu trinken und dennoch feiern möchte, sollte einfach mehr Nüchterne um sich haben. Das zügelt das eigene Trinkverhalten fast automatisch. Da alle Teilnehmer zufällig angesprochen wurden, untersuchte die Studie allerdings nicht, ob Freunde einen anderen Einfluss haben als Fremde. Durch die engere, soziale Bindung ist fast davon auszugehen.