Therapie von Schädel-Hirn-Traumata mit Progesteron?

Vergabe von Progesteron rettet keine Nervenzellen

Von Cornelia Scherpe
15. Dezember 2014

Bei einem Schädel-Hirn-Trauma kommt es durch die Gewalteinwirkung zum Absterben von Nervenzellen im Hirn. Um möglichst viele Neuronen zu beschützen, vergeben manche Krankenhäuser an die Patienten das Hormon Progesteron.

Progesteron als präventives Mittel bei Schädel-Hirn-Trauma?

Dieser Botenstoff kommt im menschlichen Körper von Natur aus vor und spielt besonders in der Schwangerschaft eine zentrale Rolle. Dank des Progesterons wird die eingetretene Schwangerschaft aufrecht gehalten und das Ungeborene nicht abgestoßen. Es gibt für das Hormon jedoch auch Andockstellen im Gehirn, weshalb Ärzte sicher sind, dass Progesteron noch weitere Funktionen hat. Welche das sind, ist bisher allerdings nicht erforscht.

Seit Jahren besteht die Theorie, dass Progesteron einen schützenden Effekt auf die Nervenzellen im Gehirn haben könnte. Tierstudien haben bereits gezeigt, dass nach einem Schädel-Hirn-Trauma die Schwere des Ödems zurückgeht, wenn man Progesteron gibt. Allein das hatte viele Ärzte von der protektiven Wirkung überzeugt. Eine spätere US-Studie mit Freiwilligen und ein ähnlicher Versuch aus China bestätigten diesen Verdacht weiter.

Die aktuellste Studie aus den USA macht diese Annahme nun aber zunichte. Man hatte mit 882 Probanden gearbeitet, die ein mittleres bis schweres Schädel-Hirn-Trauma gehabt hatten. Gemessen wurde der Grad auf der Glasgow Coma Scale, einer Messskala, die von drei bis 15 Punkten geht. Je weniger Punkte ein Patient hat, desto schlechter geht es ihm.

Vorzeitiger Abbruch der Studie

Man teilte die Teilnehmer in zwei Gruppen und verabreichte via Infusion entweder Progesteron, oder nur ein Placebo. Nachdem die Daten ausgewertet wurden, brach man die Studie vorzeitig ab, obwohl ursprünglich noch mehr Patienten (insgesamt 1.140) hatten behandelt werden sollen.

Unter Progesteron hatten zwar 51 Patienten eine positive Entwicklung erreicht, doch in der Placebogruppe kam man auf 56 Prozent. Das Progesteron hatte also keinen schützenden Einfluss auf die Hirnzellen gehabt. Sechs Monate nach der Infusion waren 18,8 Prozent der Progesteron-Patienten verstorben und in der Placebo-Gruppe nur 15,7 Prozent.

Eine zweite Studie mit 1.195 Patienten kam zu dem gleichen Schluss. Hier ging es 50,4 Prozent unter Progesteron und 50,5 Prozent nach Vergabe des Placebos besser. Zumindest die Sterberate war jedoch gleich. Das Fazit lautet daher, dass Progesteron bei einem Schädel-Hirn-Trauma keinen Vorteil bietet.