Stress verlangsamt die Heilung von Knochenbrüchen

Forscher fanden heraus, warum Dauerstress den Heilungsprozess bei einer Fraktur behindert

Von Cornelia Scherpe
23. Mai 2019

Nach einer Fraktur müssen Patienten oft für mehrere Wochen mit einem Gips, beziehungsweise immer häufiger mit modernen Orthesen oder Kunststoffschienen durch den Alltag gehen. Wie lange es dauert, bis der Knochen ausgeheilt ist, hängt von vielen Faktoren ab. Junge Knochen heilen beispielsweise viel schneller als die älterer Menschen und Dinge wie Nikotinkonsum verzögern ebenfalls die Genesung.

Nun haben Forscher herausgefunden, dass auch chronischer Stress messbar auf die Heilungsdauer einwirkt. Wer eine Extremsituation wie Krieg oder Missbrauch erleben musste, bei einem Verkehrsunfall drastische Dinge sah oder im Krankenhaus um sein Leben fürchten musste, kann dauerhaft traumatisiert sein. Der Körper reagiert mit chronischem psychosozialem Stress und das verlangsamt die Heilung.

Dauerstress verzögert den Aufbau des Knochengewebes

Für die Studie wurden 19 männliche Mäuse in einem Käfig gehalten. Da die Männchen sehr dominant werden und sich in einem Käfig nicht aus dem Weg gehen können, bedeutet das für alle Tiere Stress. Bei gebrochenen Gliedmaßen konnten die Wissenschaftler nun den genauen Ablauf der Heilung beobachten.

Normalerweise kommt es zu lokalen Reaktionen des Immunsystems genau an der Bruchstelle. Das Knochenmark wird informiert und es wachsen neue Knochenzellen, die exakt an die Stelle wandern, an der sie benötigt werden. Der Spalt einer Fraktur wächst so langsam zu. Bei Dauerstress jedoch ist das Immunsystem an der Bruchstelle viel zu aktiv. Statt das Wachstum neuer Knochenzellen anzuregen, werden auch mehr neutrophile Granulozyten und andere Immunzellen gebildet. Das verzögert jedoch den Aufbau des Knochengewebes.

Schuld an der Überreaktion der Abwehrkräfte ist die dauerhafte Alarmbereitschaft des Körpers aufgrund des empfundenen Stresses. Ein Signalweg für das Hormon Adrenalin ist beständig in Gebrauch. Genau an dieser Stelle könnte eine Therapie ansetzen, denn wenn der adrenalinvermittelte Signalweg unterbrochen wird, kann sich die Heilung normalisieren. Der Betablocker Propra­nolol könnte dafür zum Einsatz kommen. Dies sollen weitere Studien klären.