Schilddrüsenszintigraphie - Anwendung und Ablauf

Mithilfe der Schilddrüsenszintigraphie lassen sich Erkrankungen der Schilddrüse diagnostizieren und der Umfang der Schilddrüsenhormonherstellung beurteilen. Dazu wird ein radioaktiver Stoff in die Vene injiziert, der von der Schilddrüse aufgenommen wird. Die abgegebene Strahlung wird von einer Gamma-Kamera gemessen. Wann eine Schilddrüsenszintigraphie zum Einsatz kommt und wie diese abläuft, lesen Sie in diesem Artikel.

Von Jens Hirseland

Ziel und Zweck der Schilddrüsenszintigraphie

Die Schilddrüsenszintigraphie kommt zur Beurteilung von Schilddrüsenerkrankungen zur Anwendung. Erkrankungen der Schilddrüse sind in Deutschland weit verbreitet. So liegt bei jedem dritten Erwachsenen ein Schilddrüsenleiden vor, ohne dass die Betroffenen etwas davon wissen. Bei Menschen über 45 Jahren ist sogar jeder Zweite betroffen, was sich bei Männern und Frauen gleichermaßen bemerkbar macht. Mithilfe der Schilddrüsenszintigraphie ist es möglich, Größe, Form, Position und Funktionen der Hormondrüse bildlich darzubringen, wodurch sich wiederum bestimmte Erkrankungen feststellen lassen. Dazu gehören in erster Linie Tumore.

Bei der Schilddrüsenszintigraphie handelt es sich um eine Diagnosemethode der Nuklearmedizin. Das bedeutet, dass Radiopharmaka wie radioaktives Jod oder radioaktive Stoffe, die dem Jod ähneln, zum Einsatz gelangen. Das Gewebe der Schilddrüse nimmt diese Substanzen ebenso wie herkömmliches Jod auf. Durch die radioaktiven Stoffe wird permanent Gamma-Strahlung abgegeben. Mithilfe einer Gamma-Kamera lassen sich die Strahlen messen. Auf diese Weise kann das Anreichern der Substanz in der Schilddrüse bestimmt werden. Der Arzt ermittelt damit, in welchem Umfang die Aufnahme des Jods in den einzelnen Schilddrüsenabschnitten erfolgt, was wiederum dem Umfang der Schilddrüsenhormonherstellung entspricht.

Noch genauer fällt die Schilddrüsenszintigraphie aus, wenn im Vorfeld durch eine Ultraschalluntersuchung knotige Schilddrüsenveränderungen diagnostiziert wurden. So lassen sich die Knoten in sogenannte heiße und kalte Knoten einordnen. Während die kalten Knoten weniger Jod aufnehmen als unverändertes Gewebe der Schilddrüse, wird von den heißen Knoten mehr aufgenommen.

Ultraschallbild der Schilddrüse
Ultraschallbild der Schilddrüse

Gabe radioaktiver Stoffe

Im Rahmen der Schilddrüsenszintigraphie wird wie bereits erwähnt ein radioaktiver Stoff wie Natriumiodid oder Natrium-Pertechnetat in eine Vene gespritzt. Die Schilddrüse nimmt die Substanz auf, die sich besonders in Abschnitten anreichert, die stoffwechselaktiv sind.

Auf einem Computer werden die mit der Gamma-Kamera gemachten Aufnahmen in einem Szintigramm grafisch dargestellt. Abschnitte der Drüse, in denen eine intensive Strahlung vorherrscht, erscheinen auf dem Szintigramm rot. Die Abschnitte, in denen sich weniger von der radioaktiven Substanz ansammelt, weil in ihnen die Stoffwechselaktivitäten geringer ausfallen, weisen eine grüne Färbung auf.

Formen der Schilddrüsenszintigraphie

Es lässt sich zwischen verschiedenen Schilddrüsenszintigraphieformen unterscheiden.

MIBI-Szintigraphie

Im Rahmen der MIBI-Szintigraphie injiziert man dem Patienten Methoxy-isobutyl-isonitil (MIBI), das mit Techneticum markiert wird, über eine Vene. Das Verfahren eignet sich zur präziseren Abklärung von kalten Knoten der Schilddrüse. In diesen Abschnitten werden nur wenige oder sogar überhaupt keine Schilddrüsenhormone mehr hergestellt. In manchen Fällen können diese Knoten sogar bösartiger Natur sein.

mIBG-Szintigraphie

Zur Beurteilung von eventuellen Krebstumoren dient die mIBG-Szintigraphie. Mit mIBG ist die Verbindung Meta-iodobenzylguanidine gemeint. Nach ihrer radioaktiven Markierung spritzt der Arzt sie in den Körpers des Patienten. Sowohl die MIBI-Szintigraphie als auch die mIBG-Szintigraphie eignen sich ebenfalls zur Untersuchung von weiteren Körperregionen.

Suppressionszintigraphie

Eine weitere Variante der Schilddrüsenszintigraphie stellt die Suppressionsszintigraphie dar. Durch sie lassen sich die autonomen Schilddrüsenbereiche besser identifizieren. Unter diesen Regionen werden Gewebezonen verstanden, in denen autark von der gehirnbestimmten Hormonsteuerung Schilddrüsenhormone entstehen.

Der Patient erhält zu diesem Zweck einige Tage lang Schilddrüsenhormone in hoher Dosis zugeführt. Durch dieses Vorgehen tritt eine Sättigung des gesunden Schilddrüsengewebes ein, was dessen Aktivitäten zurückfährt. Im Anschluss daran erfolgt eine Schilddrüsenszintigraphie mit Technetium-Pertechnetat, mit denen sich die nicht gedrosselten Bereiche aufzeigen lassen.

Anwendungsgebiete der Schilddrüsenszintigraphie

Die Schilddrüsenszintigraphie kommt zum Einsatz, um gutartige oder bösartige Tumore zu identifizieren, wenn tastbare knotige Veränderungen vorliegen. Eine wichtige Rolle dabei spielen kalte, warme und heiße Knoten.

Von kalten Knoten sprechen die Ärzte, wenn ein verabreichter radioaktiver Stoff nur wenig oder gar nicht gespeichert wird. Die Aktivitäten des Gewebes fallen geringer aus als in der übrigen Schilddrüse, was als Indiz für einen bösartigen Tumor gilt. Es kann sich aber ebenso um eine Entzündung oder eine Zyste handeln.

In einem warmen Knoten wird die radioaktive Substanz etwas mehr abgespeichert als im Rest der Schilddrüse. Meist weist dies auf einen gutartigen Tumor hin. Nur selten handelt es sich dabei um eine bösartige Geschwulst.

Als heiße Knoten werden Gewebeabschnitte der Schilddrüse bezeichnet, die den radioaktiven Stoff intensiver speichern als das übrige Gewebe der Drüse. Meist ist dies ein Hinweis auf einen gutartigen Tumor, der autonom vom aktuellen Schilddrüsenhormonbedarf produziert wird.

Weitere Indikationen für eine Schilddrüsenszintigraphie:

  • Verdacht auf eine Schilddrüsenautonomie
  • Morbus Basedow
  • Überwachung von Karzinomen der Schilddrüse
  • Sichern der Diagnose bei einer unklaren Hashimoto-Thyreoiditis
  • Beurteilen des Therapieerfolges nach einer Radiojodtherapie oder einer operativen Entfernung der Schilddrüse
  • Kontrolle einer unbehandelten fokalen Schilddrüsenautonomie

Durchführung der Schilddrüsenszintigraphie

Vor der Schilddrüsenszintigraphie

Bevor die Schilddrüsenszintigraphie stattfindet, führt der Arzt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten. Dabei informiert er ihn über die Vorteile des Verfahrens und welche Risiken bestehen.

Von Interesse sind weiterhin eventuelle Vorerkrankungen oder die regelmäßige Darreichung von Arzneimitteln. So besteht die Möglichkeit, dass bestimmte Medikamente, die Jod enthalten, die Untersuchungsresultate negativ beeinflussen, indem sie bewirken, dass der radioaktive Stoff schlechter vom Gewebe der Schilddüse aufgenommen wird. Vor der Szintigraphie kann es daher nötig sein, nach Absprache mit dem Arzt entsprechende Präparate abzusetzen. Ansonsten bedarf die Untersuchung von Seite des Patienten keiner speziellen Vorbereitungen.

Ablauf der Schilddrüsenszintigraphie

Zur Untersuchung nimmt der Patient sitzend Platz oder legt sich auf eine Liege. Schlucken oder das Bewegen des Kopfes sollte während der Untersuchung unterbleiben, weil es sich negativ auf die Qualität der Aufnahmen auswirken kann. Schmerzen braucht der Patient während der Schilddrüsenszintigraphie jedoch nicht zu befürchten.

Erster Schritt des Verfahrens ist das Injizieren eines Radionuklids in eine Vene. In den meisten Fällen dient eine Armvene dazu. Bis sich die radioaktiven Stoffe in der Schilddrüse anreichern, dauert es ungefähr 10 bis 20 Minuten. Danach lassen sie sich messen. Von der Gamma-Kamera wird die Strahlung, die die radioaktive Substanz abgibt, aufgezeichnet. Weiterhin lässt sich bei der Untersuchung feststellen, wie viel die Schilddrüse von der Radionuklidmenge aufnimmt und verarbeitet.

Dauer der Schilddrüsenszintigraphie

Der Messvorgang selbst nimmt bei einer Schilddrüsenszintigraphie lediglich zehn Minuten in Anspruch. Allerdings spielt für die Gesamtdauer der Untersuchung der jeweilige radioaktive Stoff eine entscheidende Rolle. Gelangt ein Technetium-Pertechnetat zum Einsatz, das bei der Untersuchung am häufigsten verwendet wird, lassen sich die Aufnahmen schon fünf bis 25 Minuten nach der Darreichung anfertigen. Wird dagegen Natriumiodid verwendet, erstreckt sich die Wartezeit auf 120 bis 240 Minuten.

Nach der Schilddrüsenszintigraphie

Welche weiteren Maßnahmen erfolgen, hängen von den Resultaten der Schilddrüsenszintigraphie ab. Ergibt sich ein negativer Befund, bedarf es normalerweise keiner weiteren Untersuchungsmethoden. Das Technetium-Pertechnetat wird vom Organismus rasch abgebaut. Besondere Maßnahmen sind daher im Anschluss an die Szintigraphie nicht notwendig.

Gegenanzeigen

Nicht durchgeführt werden darf eine Schilddrüsenszintigraphie während der Schwangerschaft. In der Stillzeit muss die Mutter das Stillen ihres Kindes für 48 Stunden unterbrechen, da sonst dessen Gefährdung besteht.

Aufgrund der Strahlenbelastung darf eine erneute Schilddrüsenszintigraphie außerdem erst drei Monate nach der ersten Untersuchung stattfinden.

Risiken und Nebenwirkungen

Die Strahlenbelastung während der Schilddrüsenszintigraphie fällt nur gering aus, sodass dadurch in der Regel keine Komplikationen zu befürchten sind. Theoretisch besteht allerdings die Gefahr einer strahleninduzierten späten Krebserkrankung. Daher sollten Risiken und Nutzen der Untersuchung gut abgewogen werden.

Möglich sind außerdem lokale Verletzungen von Nerven oder Gefäßen, wenn der radioaktive Stoff intravenös verabreicht wird. Bei einer Suppressionsszintigraphie drohen in seltenen Fällen Kreislaufprobleme.

Die Verkehrstauglichkeit wird durch eine Schilddrüsenszintigraphie normalerweise nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Kostenübernahme einer Schilddrüsenszintigraphie

Die Kosten für eine Schilddrüsenszintigraphie werden sowohl von den gesetzlichen als auch den privaten Krankenkassen übernommen, wenn eine entsprechende medizinische Notwendigkeit besteht. Die Untersuchung darf jedoch nur durch speziell ausgebildete Mediziner erfolgen.