Elektromyographie (EMG) - Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf

Als Elektromyographie (EMG) bezeichnet man die Messung der elektrischen Aktivitäten der Muskeln. Diese Methode dient zur Erleichterung der Diagnostik sowie zur Einschätzung von Heilungschancen. Durch die Elektromyographie lassen sich Muskelerkrankungen sowie Störungen der Nerven, die die Muskeln mit Nerven versorgen, erkennen. Informieren Sie sich über Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf der Elektromyographie.

Von Jens Hirseland

Elektromyographie - Merkmale und Funktion

Bei der Elektromyographie handelt es sich um eine Untersuchung aus dem Bereich der Neurophysiologie zur Messung der elektrischen Muskelaktivität. Dabei wird ein Elektromyogramm aufgezeichnet.

Ziel und Zweck einer Elektromyographie (EMG) ist die Untersuchung der menschlichen Muskeln. Mit Hilfe einer Elektromyographie können Erkrankungen der Muskeln oder Funktionsstörungen der Nerven, welche die Muskeln mit Informationen versehen, festgestellt werden.

Die Aktivität der Muskeln wird dabei entweder bei Bewegung oder im Ruhezustand gemessen. Durch die Art und die Intensität der erzeugten Stromimpulse können Angaben über die Funktion der Muskeln sowie eventuelle Erkrankungen der Muskeln oder Nerven gemacht werden.

Bedeutung der Muskelaktionspotenziale bei der Elektromyographie

Die Aktivität der menschlichen Muskeln wird bei einer Elektromyographie durch Muskelaktionspotenziale (MAP) dargestellt. Differenziert wird dabei zwischen MAP, die durch elektrische Stimulationen entstehen oder Muskelaktionspotenziale, die durch willkürliche Bewegungen verursacht werden.

Sind diese Muskelaktionspotenziale verkürzt oder verlängert, ist dies ein Hinweis auf eine mögliche Erkrankung der Muskeln. Ebenso können Muskelaktionspotenziale, die im Ruhezustand des Muskels auftreten, Hinweis auf eine Krankheit sein.

Anwendungsgebiete: Wann führt man die Elektromyographie durch?

Durch die Aktivitätsmuster, die bei einer Elektromyographie entstehen, kann zwischen muskulären oder nervlich verursachten Krankheiten unterschieden werden. Aus diesem Grund setzt man die EMG zur Diagnose von

ein. Auch um gewisse Nervenerkrankungen wie beispielsweise Polyneuropathien festzustellen, kommt es zur Anwendung einer Elektromyographie. Häufig handelt es sich um Verletzungen oder Entzündungen eines Nervs, bei der es zu Muskellähmungen kommt.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist der Verdacht auf Rückenmarkserkrankungen. In vielen Fällen wird eine Elektromyographie zusammen mit einer Elektroneurographie (ENG), bei der die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen wird, durchgeführt.

Auch im Bereich des Biofeedbacks, welches zur Verhaltenstherapie gezählt wird, lässt sich die Elektromyographie mittlerweile einsetzen. Dabei geht es darum, dem Patienten Muskelspannungen zu vermitteln, die er nicht wahrnehmen kann, um diese letztendlich beeinflussen zu können.

Zu den weiteren Anwendungsgebieten zählen Entrappment-Syndrome. Zu diesen zählen

  • Tarsaltunnel-Syndrom
  • Karpaltunnelsyndrom sowie
  • eine Nervenschädigung durch Spondylose der Halswirbelsäule.

Ablauf einer Elektromyographie

Wenn der Verdacht auf bestimmte Erkrankungen der Muskeln besteht, wird eine Elektromyographie durchgeführt. Diese verläuft für den Patienten in der Regel risikolos.

Vorbereitungen auf die Elektromyographie

Vor der Anwendung der Elektromyographie grenzt der behandelnde Arzt durch eine neurologische Untersuchung, bei der eine Verdachtsdiagnose erstellt wird, die zu untersuchende Region ein. Dadurch müssen nur noch bestimmte Muskeln und Nerven untersucht werden.

Die Nadel-EMG

Bei der Elektromyographie gibt es zwei verschiedene Varianten, die zur Anwendung kommen. Die erste Variante ist die Nadel-EMG.

Dabei kommt es zur Einführung einer ziemlich dünnen Nadel in einen Muskel des Patienten. Diese Nadel misst dann die vorherrschende Spannung des Muskels.

Der Patient spannt dann zunächst die Muskeln leichter und danach mit zunehmender Stärke an. Die dadurch entstehenden Spannungsschwankungen werden von einem Computer aufgezeichnet.

Mit Hilfe eines Lautsprechers können diese Spannungsschwankungen auch hörbar gemacht werden, wodurch der untersuchende Mediziner bereits einen ersten Eindruck erhält. Die eigentliche Untersuchung der Signale und spontanen Muskelaktivitäten erfolgt dann am Computer.

Die Oberflächen-EMG

Die zweite Variante bei der Elektromyographie ist die Oberflächen-EMG, bei der Sonden, die die Spannung messen, auf einem Muskel angebracht werden. Diese Methode wird allerdings nur bei Muskeln, die sich unmittelbar unter der Oberfläche befinden, angewendet. Nachteil der Oberflächen-EMG ist, dass mit ihr nur die Spannung des ganzen Muskels, nicht aber die Spannungen der einzelnen Muskelfasern gemessen werden kann.

Auswertung der Elektromyographie

Um die Ursache der Beschwerden herauszufinden, beident man sich der Merkmale des Aktionspotentials motorischer Einheiten (MUAP). Zu den Parametern, die dabei ausgewertet werden, zählen

  • Wellenlänge (Amplitude) des MUAP
  • Dauer bis zum ersten Höhepunkt
  • Dauer des MUAP und
  • Phasenanzahl.

Des Weiteren lässt sich herausfinden, ob die Anzahl der MUAPs je Muskelreizung ausreichend, erniedrigt oder erhöht ist. Dabei gibt es unterschiedliche Testmethoden an jeweils anderen Muskelbereichen.

Bleibt die elektrische Aktivität durch Einführen der Nadel in den Muskel auch danach bestehen, liegt vermutlich eine Muskelschädigung vor. Bei keinerlei Aktivität kann ein Muskelschwund oder aber ein bindegewebiger Muskelumbau vorliegen.

Ebenso wertet man die Spontanaktivität des Muskels in Ruhe aus. In Ruhe werden normalerweise keine elektrischen Impulse ausgesendet. Bei so genannten Fibrillationen liegt ein solches elektrisches Potential jedoch vor; meist hat der Muskel in diesem Fall keinen Kontakt mehr zu seinem Nerv.

Eine erhöhte elektrische Aktivität in Ruhe kann auch auf entzündliche Veränderungen hinweisen. Auch Nervenschädigungen (Neuropathien) sind mögliche Auslöser. Erkennt man myotone Entladungen, wenige Sekunden andauernde Aktionspotentiale, liegen meist Schädigungen der Ionenkanäle innerhalb der Muskelmembran vor.

Außerdem untersucht man, ob die Muskulatur zwischen Kontraktion ein bestimmtes Pausenintervall einlegt. Bei deutlich verringerter Zeit können neuronale Erkrankungen oder Tetanus die Auslöser sein.

Schließlich erfasst man die MUAPs unter verstärkter Muskelkontraktion; man bezeichnet dies als Interferenzmusteranalyse. Durch diese lässt sich erahnen, ob es sich um einen geschädigten Nerv oder Muskel handelt: hat das MUAP eine geringe Amplitude, spricht dies für eine Schädigung des Muskels.

Dauer, mögliche Komplikationen und Risikogruppen der Elektromyographie

Im Durchschnitt nimmt eine Elektromyographie nur zwischen 5 und 20 Minuten in Anspruch. Zu größeren Komplikationen kommt es in der Regel bei einer EMG nicht.

Leichte Schmerzen entstehen nur durch die Einstiche der Elektroden. In manchen Fällen kann sich der Muskel für einige Tage taub anfühlen oder wehtun. Nicht angewendet werden sollte eine Elektromyographie, wenn eine gestörte Blutgerinnung beim Patienten besteht.