Antithrombin - Bedeutung des Antithrombin-Wertes

Das Glykoprotein Antithrombin (AT) ist in der Lage, verschiedene Blutgerinnungsfaktoren wie Thrombin zu inaktivieren und somit die Blutgerinnung zu hemmen. Mit der Bestimmung des AT-Wertes lassen sich Rückschlüsse auf die Ursachen einer Thrombose ziehen. Mehr zu den Aufgaben von Antithrombin und was ein zu hoher bzw. zu niedriger AT-Wert bedeuten kann, lesen Sie in diesem Artikel.

Von Jens Hirseland

Worum handelt es sich beim Antithrombin?

Das Bluteiweiß Antithrombin (AT) hat hemmende Eigenschaften auf die Blutgerinnung. Es ist auch unter den älteren Bezeichnungen Antithrombin III oder Heparin-Kofaktor I bekannt.

Es lässt sich ferner als Blutprodukt verwenden. Dabei wird es zur Substitution von Menschen, die unter einem Antithrombinmangel leiden, eingesetzt.

Entstehung und Zusammensetzung

Hergestellt wird das Antithrombin in der Leber. Das Glykoprotein setzt sich aus 432 Aminosäuren zusammen. Es wird zu den Serinproteaseinhibitoren gezählt. Im Antithrombin sind vier Glykosylierungsstellen sowie drei Disulfidbrücken enthalten. Im Blutplasma findet sich mit dem a-Antithrombin die dominante Antithrombinform. Es bindet an jeder Glykosylierungsstelle ein Oligosaccharid.

Aufgaben des Antithrombins

Das Antithrombin ist von wichtiger Bedeutung für die Hämostase (Stillen von Blutungen). Bei der primären Hämostase spielt das Eiweiß kaum eine Rolle. Dafür hemmt es wirkungsvoll die sekundäre Hämostase (Blutgerinnung).

Durch das Antithrombin erfolgt der Abbau von Thrombin, auch als Faktor IIa bekannt. Der Gerinnungsfaktor Thrombin ruft das Abspalten von Fibrin-Monomeren hervor, wodurch sich ein stabiles Gerinnsel für die Blutstillung bildet.

Darüber hinaus werden vom Antithrombin weitere Blutgerinnungsfaktoren und Enzyme gehemmt. Innerhalb der Gefäßwände bildet es den Plasminogenfaktor t-PA, der sich ebenfalls hemmend auf die Blutgerinnung auswirkt.

Die Funktion des Antithrombins ist durchaus als lebenswichtig einzuschätzen. So können sich die einzelnen Blutgerinnungsfaktoren untereinander verstärken. Infolgedessen droht schon aus geringfügigen Gründen eine nicht zu kontrollierende Thrombosebildung. Kommt es dadurch zum Verschluss eines Blutgefäßes, besteht das Risiko eines lebensbedrohlichen Herzinfarktes, Schlaganfalls oder einer Lungenembolie.

Zu welchem Zweck wird der Antithrombin-Wert bestimmt?

Eine Bestimmung des Antithrombin-Wertes findet bei Thrombosen statt, deren Ursache unbekannt ist. Dabei werden die Menge sowie die Aktivität von Antithrombin ermittelt. Grund dafür ist zumeist ein Antithrombinmangel.

Als sinnvoll gilt eine Kontrolle des Antithrombins außerdem im Rahmen einer Verbrauchskoagulopathie. Dabei aktiviert sich das Blutgerinnungssystem unkontrolliert aufgrund einer Blutvergiftung (Sepsis) oder eines Schocks. In den Gefäßen kommt es zu kleineren Mikrothromben. Weil nicht mehr ausreichend Gerinnungsfaktoren zur Verfügung stehen, treten intensive Blutungen auf.

Eine Messung des Antithrombin-Wertes findet außerdem statt, wenn eine Behandlung mit Heparin ohne Erfolg verläuft.

Labordiagnostik

Um Menge und Aktivität des Antithrombins zu messen, wird zumeist aus einer Vene eine kleine Blutprobe entnommen. Weil durch die Aufnahme von Nahrung keine größeren Veränderungen zu befürchten sind, ist es nicht nötig, dass der Patient nüchtern zur Untersuchung erscheint.

Die Bestimmung der Antithrombinkonzentration findet mithilfe eines chromogenen Substrats aus Citratplasma statt. In der Regel wird die Angabe des Laborbefunds in Prozent wiedergegeben.

Normaler Antithrombin-Wert

Bei gesunden Menschen beträgt der Blutplasmaspiegel des AT zwischen 70 und 120 Prozent des normalen Wertes. Je nach Lebensalter und Geschlecht sind aber auch Differenzen möglich. Bei Säuglingen bis zu einem Alter von drei Monaten besteht bei Abweichungen vom Normalwert keine Erkrankung.

Wann fällt der AT-Wert zu niedrig aus?

Zu einem Absinken des AT-Spiegels kommt es zumeist durch Erkrankungen der Leber. In manchen Fällen besteht bereits aus genetischer Veranlagung seit Geburt an eine verminderte Antithrombin-Bildung. Dadurch steigt bei den betroffenen Personen die Gefahr für Thrombosen an.

Für den Abfall des AT-Spiegels können aber auch Erkrankungen verantwortlich sein, die einen höheren Verbrauch des Antithrombins hervorrufen. Die Mediziner sprechen dann von einer Verbrauchskoagulopathie.

Als weitere Ursache für einen reduzierten AT-Spiegel kommen die Gabe von Medikamenten wie Heparin oder der Antibabypille sowie Nierenbeeinträchtigungen, die mit Eiweißverlust einhergehen, Blutungen und schwere Verletzungen infrage.

Wann fällt der AT-Wert zu hoch aus?

Zu erhöhten Werten des AT-Spiegels kommt es durch die Einnahme von speziellen blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln. Gleiches gilt für einige Erkrankungen der Galle oder der Nieren. Mitunter steigt der AT-Wert aber auch an, ohne dass sich dahinter eine Erkrankung verbirgt.

Was geschieht bei Veränderungen des AT-Wertes?

Kommt es zu Veränderungen des Antithrombin-Wertes, wird die auslösende Grunderkrankung behandelt. Im Falle eines Antithrombinmangels ist eine medizinische Untersuchung sinnvoll. Weil das Thromboserisiko bei den Betroffenen hoch ausfällt, gilt eine Zufuhr von synthetischem Antithrombin zumeist als alternativlos.

Mögliche Störungen des Messwertes

Durch Antikoagulantien ist mitunter eine Störung der AT-Messung möglich. Solche Störungen treten insbesondere durch direkte orale Antikoagulantien (DOAK) auf. Jedoch hängt es von dem jeweiligen Messverfahren ab, ob es tatsächlich zu Beeinträchtigungen kommt.

Bekannt sind zudem Störungen der Messung durch die Gabe von Heparin. Es besteht aber die Option, das Abfangen des Heparins durch den Zusatz von neutralisierenden Stoffen zum Reagenz zu erreichen.