Schweine als letzte Rettung für Transplantationen - die Möglichkeiten der Xenotransplantation

Von Jutta Baur
2. Juli 2012

Es gibt derzeit viel zu wenig Organspender. Darum sterben Kranke, bevor sie die Chance auf eine neue Niere, ein neues Herz oder andere Organe haben. Jeden Tag sind dies drei Patienten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichtet, dass insgesamt 12.000 Menschen auf Wartelisten stehen.

Wissenschaftler arbeiten daher an Möglichkeiten, Organe von Tieren zu verpflanzen. Die Xenotransplantation wäre eine Hoffnung für Patienten. Die Münchner Universitätsklinik liegt auf diesem Forschungsgebiet weit vorne. Ab Juli steht besonders die Verpflanzung von Schweinegewebe im Fokus der Wissenschaftler.

Unter dem Titel "Biologie der xenogenen Zell- und Organtransplantation" soll geforscht werden. Noch dürften die Erwartungen nicht allzu hoch geschraubt werden, sagte der Sprecher des Projekts, Bruno Reichart. Der Herzchirurg erklärte, dass Schweinegewebe vom menschlichen Organismus abgestoßen werde. Antikörper führten zu drastischen Wirkungen.

In Neuseeland gibt es bereits Erfahrungen, die auch die Universität in München nutzen könnte. Schweine, die auf den Auckland Inseln gehalten werden, sind komplett frei von irgendwelchen Infektionen. Krankmachende Keime würden somit nicht auf den Menschen übertragen. Umgeben von biologischem Material spritzt man Diabetikern die Schweinezellen in den Bauch. Dort wird das Insulin freigesetzt, ohne dass eine Abstoßung erfolgt. Die Ummantelung verhindert solche Reaktionen.

Grundsätzlich könnte dieses Verfahren auch mit anderen Gewebeteilen klappen. Allein, wie lange die Verkapselung des Schweinematerials vorhält ist unbekannt. Ist sie zerstört, kommt es zu erneuten Abstoßungsreaktionen. Darum setzt Reichart auf gentechnisch veränderte Stoffe. Stellen die Schweine menschliches Eiweiß her, bräuchte es keine Ummantelung mehr.

Die Hoffnung von Reichart liegt darin, dass in ein paar Jahren komplette Organe auf diese Weise erzeugt und implantiert werden könnten. Dies dürfe jedoch nicht im Verborgenen geschehen. Reichart freut sich auf eine allgemeine Diskussion zu diesem Thema. Der Deutsche Tierschutzbund hat deutliche Vorbehalte gegen die Forschung. Er weiß von Tierversuchen, die überaus quälend für die Versuchtiere abliefen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt das Projekt vier Jahre lang mit zwölf Millionen Euro.