Hyposensibilisierung - Anwendung, Ablauf und Behandlung

Als Hyposensibilisierung bezeichnet man in der Medizin eine spezifische Immuntherapie. Diese kommt bei Allergien zur Anwendung und dabei kommt es zu einer Beeinflussung des Immunsystems.

Von Jens Hirseland

Ziel und Zweck

Ziel und Zweck einer Hyposensibilisierung, die auch als SIT (spezifische Immuntherapie) oder als Desensibilisierung bezeichnet wird, ist die Behandlung von Allergien. Dabei soll das Immunsystem dazu gebracht werden, nicht mehr empfindlich und überschießend auf bestimmte Allergene zu reagieren.

  • Auf diese Weise lassen sich zahlreiche Allergien vom Typ I abschwächen oder sogar heilen.
  • Darüber hinaus lässt sich mit Hilfe einer Hyposensibilisierung vermeiden, dass ein allergischer Schnupfen zu chronischem Asthma wird.

Funktionsweise

Grafik wie eine Pollenallergie einwirkt
Durch die Verabreichung von Allergenen werden Antikörper zur Bekämpfung dieser gebildet

Die Hyposensibilisierung gilt als die wirksamste Methode bei der Behandlung von Allergien. Durch die Beeinflussung des Immunsystems des Allergikers, wird beabsichtigt, dass anstelle der Antikörper der Klasse E, die die Allergie auslösen, andere Antikörper gebildet werden.

Die so genannten IgG-Antikörper werden in der Regel vom Immunsystem gegen Bakterien gebildet. Ihr Zweck ist es, die schädlichen Bakterien aus dem Organismus zu entfernen.

Bei einer Hyposensibilisierung soll dieser Effekt auch bei einer Allergie erreicht werden. Nach dem Kontakt mit dem Allergen bilden sich umgehend Antikörper, die die Allergene angreifen, damit es gar nicht erst zur Bildung von IgE-Antikörpern und anschließenden allergischen Reaktionen kommt.

Zielgruppen

Besonders Allergien gegen Insektengift oder gegen Pollen können durch die Anwendung einer Hyposensibilisierung erfolgreich bekämpft werden.

  • Bei Blütenpollen beträgt die Erfolgsquote ca. 60-70 Prozent.
  • Bei Insektengiftallergien liegt die Quote sogar bei 90 Prozent.

Vor allem bei Kindern und Jugendlichen erweist sich die spezifische Immuntherapie als besonders erfolgreich, denn je jünger der Patient ist, desto größer sind die Erfolgsaussichten.

  • Eine Hyposensibilisierung kann jedoch nur dann erfolgen, wenn das Allergen, das die Allergie auslöst, bekannt ist.
  • Außerdem muss das Allergen auch als Hyposensibilisierungslösung erhältlich sein.

Anwendungsgebiete

Zur Anwendung kommt eine Hyposensibilisierung in erster Linie bei Beschwerden wie Heuschnupfen (allergische Rhinitis) und allergischem Asthma, die von unterschiedlichen Pollen verursacht werden, wie:

Besonders wichtig ist eine Hyposensibilisierung, wenn eine Allergie gegen Insektengifte, wie von Bienen oder Wespen, besteht. In diesem Fall kann eine spezifische Immuntherapie sogar lebensrettend sein und sollte unbedingt durchgeführt werden.

Subkutane Immuntherapie (SCIT)

Bei der Durchführung der Hyposensibilisierung, die in der Regel als subkutane Immuntherapie (SCIT) erfolgt, verabreicht man dem Patienten ein Allergenpräparat, das den Allergie auslösenden Stoff enthält. Die Dosen werden dabei allmählich gesteigert, um einen Gewöhnungseffekt zu erreichen, wodurch das Immunsystem im Laufe der Zeit nicht mehr mit einer Abwehrreaktion auf das Allergen reagiert.

Injektion und Dosis

Zu Beginn der Behandlung fällt die Allergendosis sehr gering aus. Die Dosis wird dem Patienten subkutan, also unter die Haut, in den Oberarm gespritzt. Dabei wird die Menge des Präparates so dosiert, dass es im schlimmsten Fall nur zu Juckreiz und einer kleinen Schwellung an der Einstichstelle kommen kann.

Die Dosis der Allergenlösung wird dann von Woche zu Woche gesteigert.

Grundbehandlung

Das Allergen wird von den Abwehrzellen des Körpers aufgenommen, die das Immunsystem alarmieren. Trotz einer Reaktion des Immunsystems bleibt eine heftige allergische Reaktion aus.

Diese Prozedur wird so lange fortgesetzt, bis schließlich eine Höchstdosis, die man vorher errechnet hat, erreicht wird. Je nach Art der Allergie kann diese Grundbehandlung etwa sechs Wochen bis vier Monate in Anspruch nehmen.

Fortsetzungsbehandlung

Danach wird eine Fortsetzungsbehandlung durchgeführt, bei der man drei Jahre lang, im Abstand von vier bis sechs Wochen, die Allergenlösung unter die Haut spritzt. Dadurch wird das Immunsystem immer wieder mit dem Allergen konfrontiert, um es schließlich unempfindlich dagegen zu machen.

Im besten Fall wehrt sich das Immunsystem auf harmlose Weise gegen das Allergen und produziert IgG-Antikörper.

Spritze mit Allergenpräparaten
Nach einer erfolgreichen Durchführung mit SCIT produziert der Körper die passenden IgG-Antikörper

Cluster-Immuntherapie

Eine Variante ist die Cluster-Immuntherapie, bei der die Grundbehandlung deutlich schneller geht. Dabei werden die Allergen-Präparate mehrmals täglich anstatt einmal in der Woche verabreicht. Dadurch wird die Höchstdosis wesentlich schneller erreicht. So kann die Fortsetzungsbehandlung schon nach einigen Tagen beginnen.

Schnell-Hyposensibilisierung

Bei Pollen-Allergien kann auch eine Schnell-Hyposensibilisierung, die auch als Kurzzeit-Immuntherapie bezeichnet wird, erfolgen. Dabei werden dem Patienten vor Beginn der Pollensaison vier bis sieben Injektionen im Abstand von ca. einer Woche verabreicht.

Sublinguale Immuntherapie (SLIT)

Bei Allergikern, die keine Spritzen vertragen, kann auch eine sublinguale Immuntherapie (SLIT) erfolgen. Dabei erhält der Patient Tropfen, die unter die Zunge gegeben werden. Allerdings ist diese Methode nicht so effizient wie die subkutane Immuntherapie.

Tabletten-Immuntherapie

Seit 2006 erfolgen Immuntherapien gegen Gräserpollen auch in Form von Tabletten, die sich innerhalb von Sekunden im Mund auflösen. Diese Tabletten-Immuntherapie muss vier Wochen vor Beginn der Gräserpollensaison begonnen werden. Danach sollte man sie während der ganzen Saison fortsetzen.

Mögliche Komplikationen

Bei einer Hyposensibilisierung kann es zu unterschiedlich schweren Nebenwirkungen kommen, wie:

Im schlimmsten Fall kann es zu einem allergischen Schock kommen. Das Risiko ist jedoch sehr gering, da der Patient nach jeder Behandlung dreißig Minuten lang vom behandelnden Arzt beobachtet wird.