Funktion und Durchführung verschiedener Anästhesie- und Narkosemaßnahmen am Auge

Im Rahmen von augenmedizinischen Behandlungen können Narkosemaßnahmen erforderlich sein. Dafür stehen dem Augenarzt verschiedene Verfahren zur Verfügung.

Von Jens Hirseland

Ambulante Augenoperationen

In manchen Fällen ist es nötig, bei der Durchführung von augenärztlichen Behandlungen wie einer Operation, dem Patienten eine Narkose zu verabreichen. In früheren Zeiten war für einen Eingriff am Auge sogar stets eine Vollnarkose erforderlich. Aus diesem Grund mussten die Patienten mehrere Tage lang im Krankenhaus bleiben.

Heutzutage erfolgen die meisten Augenoperationen jedoch ambulant, was für den Patienten deutlich schonender ist. Außerdem kann er nach dem Eingriff wieder nach Hause gehen. Nur in seltenen Fällen muss noch eine Vollnarkose verabreicht werden.

Verschiedene Narkosemaßnahmen für das Auge

Im Rahmen einer Augenoperation gibt es mehrere Möglichkeiten, eine Narkose zu verabreichen. So betäubt man das Auge entweder mit einer Spritze, was man als Retrobulbäranästhesie bezeichnet, oder nimmt eine Tropfanästhesie vor. Das heißt, dass der Arzt das Auge mithilfe von Augentropfen betäubt. Darüber hinaus können eine Lokalanästhesie (örtliche Betäubung) oder eine Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) vorgenommen werden.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die einzelnen Anästhesiemethoden im Detail vor.

Retrobulbäranästhesie

Von einer Retrobulbäranästhesie (RBA) ist die Rede, wenn zur Betäubung der Augen eine Spritze verabreicht wird. Dabei setzt der Augenarzt die Spritze direkt neben den Augapfel. Auf diese Weise ist ein schmerzfreier Verlauf bei bestimmten Eingriffen am Auge gewährleistet. Eine Variante der Retrobulbäranästhesie stellt die Parabulbäranästhesie (PBA) dar, bei der eine kürzere Nadel zum Einsatz kommt.

Indikationen

Die Retrobulbäranästhesie zählt zu den gängigsten Narkosemaßnahmen in der Augenmedizin. So lassen sich mit diesem Verfahren sämtliche Bereiche des Augapfels betäuben.

Weitere Anwendungsgebiete sind

  • Operationen am Glaskörper wie eine Entfernung des Glaskörpers oder
  • Eingriffe an der Hornhaut.

Um eine Retrobulbäranästhesie durchführen zu können, bedarf es der Mitarbeit des Patienten, der stillhalten muss. Ist der Patient dagegen sehr ängstlich oder handelt es sich um geistig Behinderte oder Kinder, erfolgt alternativ eine Vollnarkose.

Ablauf

Vor dem Eingriff nimmt der Patient auf einer Liege Platz. In den meisten Fällen erhält er bereits im Vorfeld ein Schmerz- oder Beruhigungsmittel. Schließlich verabreicht der Augenarzt oder ein Narkosearzt die Betäubungsspritze.

Zu diesem Zweck schiebt man am Augenhöhlenrand eine Kanüle durch das Augenlid im Augapfelbereich ein. Währenddessen muss der Patient entweder von der Spritze wegsehen oder aber nach vorne blicken.

Als lokale Betäubungsmittel kommen zumeist 2 bis 5 Milliliter Bupivacain oder Lidocain zum Einsatz. Die Injektion des Mittels erfolgt langsam und behutsam. So muss die Nadel eine geeignete Position einnehmen, was einige Minuten dauert.

Insgesamt nimmt die Prozedur etwa 20 Minuten in Anspruch. Erst dann kann mit der Operation begonnen werden. In manchen Fällen ist es auch erforderlich, die Spritze an mehreren Stellen zu setzen.

Damit die Betäubung länger vorhält, führt man mitunter einen Katheter ein. Auf diese Weise lässt sich während des Eingriffs eine weitere Narkose verabreichen.

Während die Betäubung anhält, sind auch keinerlei Augenbewegungen möglich. Es ist also nicht zu befürchten, dass falsche Bewegungen den Erfolg des Eingriffes zunichte machen.

Mögliche Komplikationen

Eine Retrobulbäranästhesie ist nicht ganz frei von Risiken. So besteht die Gefahr, dass es zu Verletzungen unterschiedlicher Strukturen kommt. Sogar der Augapfel selbst kann durch die Injektionsnadel in Mitleidenschaft gezogen werden.

Weitere mögliche Komplikationen sind:

Darüber hinaus kann es durch das Betäubungsmittel zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Dazu gehören vor allem:

Vor- und Nachteile der Retrobulbäranästhesie

Größter Vorteil der Retrobulbäranästhesie ist die zuverlässige Betäubung des Auges. Im Unterschied zu einer Allgemeinanästhesie bestehen weniger allgemeine Gesundheitsrisiken. Daher lässt sich eine RBA auch bei Patienten durchführen, die unter Allgemeinerkrankungen leiden.

ür ängstliche Patienten ist sie allerdings nicht geeignet.

Tropfanästhesie

Bei einer Tropfanästhesie handelt es sich um eine weitere gängige Narkosemaßnahme bei Augenoperationen. Zur Anwendung kommen dabei Augentropfen, die eine lokal betäubende Wirkung haben.

Indikationen

Zu den Anwendungsgebieten der Tropfanästhesie zählen zahlreiche kleinere bis mittlere Augenoperationen wie zum Beispiel

  • die Entfernung von Fremdkörpern oder Nähten
  • eine Katarakt-Operation sowie
  • Eingriffe am Augapfel, der Hornhaut und der Bindehaut.

Ähnlich wie bei der Retrobulbäranästhesie ist auch bei der Tropfanästhesie die Mithilfe des Patienten überaus wichtig, indem dieser sich ruhig verhält und den Anweisungen des Augenarztes folgt. Außerdem sollte es sich nicht um eine lange und komplizierte Operation handeln. Bei behinderten Menschen oder Kindern gilt dagegen eine Vollnarkose als sinnvoller.

Ablauf

Kurz vor der Augenoperation träufelt der Augenarzt auf das zu behandelnde Auge ein lokal wirkendes Betäubungsmittel. Zu den gebräuchlichsten Mitteln zählt Tetracain.

Das Aufbringen des Anästhetikums wiederholt man mehrere Male. Nicht selten wird zusätzlich ein Beruhigungsmittel verabreicht. Setzt die Wirkung des Betäubungsmittels ein, kann der Operateur mit dem Eingriff beginnen.

Im Unterschied zur Retrobulbäranästhesie werden die Augenmuskeln bei der Tropfanästhesie nicht betäubt. Deswegen muss der Patient während der Operation stets in eine bestimmte Richtung blicken wie zum Beispiel nach unten. Manchmal kann es auch notwendig sein, die betäubenden Augentropfen während des Eingriffs erneut aufzutragen.

Komplikationen

Die Risiken bei einer Tropfanästhesie sind deutlich geringer als die bei einer Retrobulbäranästhesie, da es nicht zu mechanischen Verletzungen kommt. Mögliche Nebenwirkungen durch das Anästhetikum können

  • Hornhautschäden
  • Herzrhythmusstörungen und
  • Blutdruckanstieg

sein. Auch allergische Reaktionen sind im Bereich des Möglichen.

Vor- und Nachteile der Tropfanästhesie

Ein großer Vorteil der Tropfanästhesie ist, dass sie sich unkompliziert und rasch durchführen lässt. Außerdem wird für die Betäubung kein Narkosearzt benötigt. Auch Verletzungen des Auges sind nicht zu befürchten. Des Weiteren braucht der Patient keine Angst vor einer Spritze zu haben.

Ein Minuspunkt ist allerdings, dass sich die Augenmuskeln nicht durch die Tropfanästhesie ruhigstellen lassen, sodass die Mitarbeit des Patienten während des Eingriffs nötig ist. Dieser muss die Augen ruhig in einer bestimmten Position halten.Aus diesem Grund kommt die Tropfanästhesie in erster Linie bei kurzen Routineeingriffen zur Anwendung.

Lokalanästhesie

In der Augenmedizin erfolgt eine Lokalanästhesie, also eine örtliche Betäubung, in der Regel bei Operationen am Augenlid. Injiziert wird das Lokalanästhetikum mithilfe einer Spritze Ist ein Eingriff am Augapfel notwendig, greift man stattdessen auf eine Retrobulbäranästhesie oder eine Tropfanästhesie zurück.

Indikationen

Wie bereits erwähnt, kommt eine Lokalanästhesie vor allem bei Lidoperationen zur Anwendung. Dabei handelt es sich häufig um:

  • eine Lidkorrektur
  • eine Hagelkorn-Operation
  • die Entfernung eines Tumors

Darüber hinaus ist sie zur Behandlung von Verletzungen am Augenlid geeignet.

Auch bei dieser Narkosemaßnahme ist die Mithilfe des Patienten wichtig. So muss dieser sich während des Eingriffs stets ruhig verhalten und darf sich nicht abrupt bewegen.

Durchführung

Im Rahmen einer Lokalanästhesie wird ein Betäubungsmittel mit einer Spritze verabreicht. Gebräuchliche Lokalanästhetika sind Mepivacain und Lidocain. Um das Mittel zu injizieren, sticht der Augenarzt eine feine Hohlnadel in das zu behandelnde Gewebe.

Bis die Wirkung eintritt, vergehen nur ein paar Minuten. Bei Bedarf lässt sich die Dosis auch nachträglich erhöhen.

Eventuelle Komplikationen

In seltenen Fällen sind bei einer Lokalanästhesie mechanische Verletzungen möglich. Dabei kann es sich um Blutungen oder Blutergüsse handeln. Wird ein Nerv getroffen, macht sich dies durch Sensibilitätsstörungen bemerkbar.

Davon abgesehen sind auch Nebenwirkungen durch das Anästhetikum möglich. Dazu gehören vor allem:

  • erhöhter Blutdruck
  • Herzrhythmusstörungen
  • Schwindelgefühle

Vor- und Nachteile der Lokalanästhesie

Die Lokalanästhesie weist sowohl Vorteile als auch Nachteile auf. Ein großer Pluspunkt gegenüber der Vollnarkose ist das geringere Risiko von Komplikationen. Außerdem lässt sie sich bei den meisten Patienten ohne Probleme durchführen und der Aufwand der Methode fällt wesentlich geringer aus als bei einer Allgemeinanästhesie.

Ein Nachteil ist jedoch, dass sich die Methode oft nicht für sehr ängstliche Patienten eignet. Auch für Kinder oder geistig behinderte Menschen kann eine Vollnarkose sinnvoller sein.

Allgemeinanästhesie

Als Allgemeinanästhesie bezeichnet man eine Narkose bzw. Vollnarkose. Das heißt, dass das Bewusstsein des Patienten durch die Gabe von speziellen Medikamenten> komplett ausgeschaltet wird. Dadurch kann der Patient keine Schmerzen wahrnehmen. Auch an die Operation erinnert er sich später nicht.

Indikationen

Durchgeführt wird eine Vollnarkose, wenn lokale Betäubungsmittel zum Ausschalten des Schmerzes nicht ausreichen.

  • In der Augenmedizin ist dies vor allem bei Tränenwegsoperationen der Fall.
  • Aber auch bei langwierigen, aufwendigen oder komplizierten Eingriffen wie zum Beispiel Operationen am Glaskörper, gilt eine Vollnarkose als sinnvoll.
  • Mitunter kann selbst bei kleineren Operationen wie einer Katarakt-Operation eine Vollnarkose erforderlich sein, weil die Patienten nicht in der Lage sind, sich über längere Zeit ruhig zu verhalten.

Dabei handelt es sich zumeist um Kinder, behinderte Menschen oder sehr ängstliche Patienten.

Durchführung

Bevor eine Allgemeinanästhesie erfolgt, ist es notwendig, im Vorfeld die Eignung des Patienten für diese Narkosemaßnahme zu prüfen. So muss der Arzt darauf achten, dass der Patient nicht unter bestimmten allgemeinen Erkrankungen leidet.

Schon vor der Operation erhält der Patient ein Beruhigungsmittel. Außerdem ist es wichtig, dass er nüchtern bleibt und sechs Stunden vor dem Eingriff nichts mehr isst. Zwei Stunden vor der Narkose darf auch nichts mehr getrunken werden.

Das Verabreichen des Narkosemittels erfolgt über eine Kanüle, die man in eine Armvene legt. Auf diese Weise kann bei Bedarf während der Operation noch mehr von dem Betäubungsmittel injiziert werden. Alternativ ist auch ein Verabreichen der Narkose über die Atemwege möglich.

Nachdem der operative Eingriff beendet wurde, folgt das Ausleiten der Narkose, sodass der Patient allmählich wieder erwacht. Danach kontrolliert ihn das medizinische Personal noch eine Zeitlang.

Risiken

Eine Vollnarkose ist mit gewissen Risiken verbunden. Zu schweren Komplikationen kommt es jedoch nur in seltenen Fällen. Als mögliche Nebenwirkungen gelten:

Auch eine systemische Infektion, die sich über die Blutbahn im ganzen Körper verbreitet, wie eine Sepsis, ist im Bereich des Möglichen. Mitunter können auch allergische Reaktionen oder eine maligne Hyperthermie auftreten.