Selfish-Brain-Theorie - Übergewicht beginnt im Gehirn

Die Selfish-Brain-Theorie beschäftigt sich mit der Energieversorgung des Gehirns unter Dauerstress durch die Ausschüttung von Stresshormonen. Es kommt zu einem gesteigerten Hungergefühl, was, wird diesem nachgegangen, einen möglichen Auslöser für Übergewicht darstellen kann. Das Hirn fordert Nahrung, obwohl der Körper diese gar nicht nötig hätte. Zudem führt ein bestimmtes Stresshormon zur vermehrten Fetteinlagerung in der Bauchregion. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Selfish-Brain-Theorie.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Selfish-Brain-Theorie - Übergewicht beginnt im Gehirn

Es gibt einige Situationen, in denen das Hirn "unter Hochdruck" arbeiten muss, so etwa in besonders stressigen Momentn. In solchen Zeiten benötigt es mehr Energie, was unter anderem zur Ausschüttung von Stresshormonen führt.

Dies macht sich beispielsweise durch ein Hungergefühl bemerkbar. Das Hirn "möchte" dem Körper damit klarmachen, dass der Mensch mehr Energie aufnehmen muss und stellt damit seinen eigenen Bedarf vor den des Organismus.

Diese selbstsüchtige Art der Energieversorungsregelung bezeichnet man als Selfish-Brain-Theorie. Da der Mensch auf diese Signale mit Essen reagiert, die der Körper allerdings in diesem Moment eigentlich nicht benötigt, geht die Theorie mit Übergewicht als mögliche Folge einher. Somit lässt sich sagen, dass die Entstehung von Übergewicht im Hirn beginnen kann.

Landläufig wird behauptet, dass ein dicker Mensch sich zu wenig bewegt, während er mehr Kalorien aufnimmt, als er eigentlich benötigen würde. Und tatsächlich sind eine erhöhte Kalorienzufuhr und ein fortwährender Bewegungsmangel die Hauptursache für Übergewicht.

Doch Schuld am Übergewicht sind nicht nur die pure Lust am Essen und die Unlust zur Bewegung, auch unser Gehirn ist maßgeblich an einer möglichen Gewichtszunahme beteiligt. So hat bestimmt schon jeder von uns die Erfahrung gemacht, dass das Essen in netter Gesellschaft oftmals einfach besser schmeckt. Und allein aus diesem Grund wird mehr gegessen.

Aber auch Frust und andere Gemütszustände (die vom Gehirn gesteuert werden) werden von vielen Menschen mit Essen kompensiert. Darüber hinaus ist es tatsächlich so, dass bei einigen Menschen die Gene am Übergewicht Schuld sind.

Übergewicht durch Ausschüttung von Dopamin

Bei der Nahrungsaufnahme wird in der Regel das Belohnungszentrum im Gehirn stimuliert. Dieses schüttet dann den Botenstoff Dopamin aus, das wiederum für ein zufriedenes, sattes Gefühl sorgt.

Bei einigen Menschen sind im Gehirn jedoch weniger Rezeptoren für das Dopamin vorhanden. Das hat zur Folge, dass sie mehr Nahrung aufnehmen müssen, um das satte und zufriedene Gefühl zu bekommen, welches normalerweise schon viel früher auftritt. Menschen mit dieser "Störung" neigen daher eher zu Übergewicht.

Übergewicht kann also tatsächlich mehr Ursachen haben als landläufig behauptet wird. Und auch Stress kann auf Dauer zu Übergewicht führen.

Bereitgestellte Energie wird nicht genutzt

Das Gehirn des Menschen macht etwa zwei Prozent des Körpergewichts aus. Vergleichsweise hoch ist die Beanspruchung des täglichen Zuckerbedarfs, der bei der Hälfte liegt - kommt es zu stressigen Phasen, können sogar 90 Prozent des Bedarfs an Zuckers beansprucht werden.

Grundsätzlich macht oder vielmehr machte dieser Umstand sinn. Stress signalisiert dem Körper, dass eine mögliche Gefahr vorliegt. Durch erhöhte Muskelkraft und ein schnelleres Reaktionsvermögen kann der Mensch aus einer solchen Situation fliehen oder sich aus dieser befreien.

Dies hat früher gut funktoniert. Allerdings ist Stress heutzutage bei vielen Menschen ein alltäglicher Faktor, den man besonders im Arbeitsbereich oft einfach aussitzt.

Bewegung und Kraftverbrauch, um diese Situation zu meistern, fallen weg. Das Hirn fordert immer mehr Nahrung und das Körpergewicht steigt, da die dem Körper bereitgestellte Energie nicht genutzt wird.

Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit - Stress führt zum "selbstsüchtigen Gehirn"

Von allen unseren Organen benötigt das Gehirn am meisten Energie. In stressigen Situationen benötigt das Gehirn umso mehr Energie, um auch dann noch leistungsfähig zu bleiben. Damit diese Leistungsfähigkeit gewährleistet ist, nutzt der Körper einen ausgeklügelten Mechanismus.

Durch die Ausschüttung der so genannten Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol) wird das Gehirn schnell mit wichtiger Glukose versorgt. Auf diese Weise können auch in extrem stressigen Situationen noch wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Der erhöhte Energiebedarf kann im kleinen zeitlichen Rahmen aus den körpereigenen Energiereserven generiert werden. Ist die stressige Situation vorüber, dann wird auch die Ausschüttung der Hormone wieder auf ein normales Maß reduziert.

Ist das Gehirn jedoch dauerhaft einem hohen Stresspegel ausgesetzt, dann kann das dazu führen, dass das normale System des Energiestoffwechsels im Körper dauerhaft beeinflusst werden. Das ist zumindest die Ansicht des Hirnforschers Achim Peters.

Gesteigertes Hungergefühl, obwohl der Körper keine zusätzliche Nahrung braucht

Peters erklärt in seiner "Selfish-Brain-Theorie", dass das Gehirn unter Dauerstress vor allem seine eigene Leistungsfähigkeit aufrechterhalten will. Um seinen Bedarf an Energie zu decken, braucht das Gehirn Nährstoffe. Diesen Bedarf signalisiert es dem Körper dann mit einem gesteigerten Hungergefühl.

Steigt der Stresspegel, benötigt das Gehirn mehr Nährstoffe und das Hungergefühl wird noch größer. Um seinen eigenen Energiebedarf zu decken, fordert es unter Dauerstress also permanent mehr "Nahrung" an, als der übrige Körper (Muskeln und Organe) eigentlich benötigen würde.

Der Organismus wird daher von einem "selbstsüchtigen" Gehirn praktisch dazu gezwungen, dauerhaft zu viel Nahrung aufzunehmen. Und so kommt es laut der "Selfish-Brain-Theorie" auf lange Sicht zu einem Übergewicht.

Ein dauerhaft erhöhter Stresspegel kann aber nicht nur zu einem "selbstsüchtigen Gehirn" führen, welches fast zwangsläufig im Übergewicht endet. Die dauerhafte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol ist im Zusammenspiel mit dem Übergewicht auch besonders gefährlich. Denn das Cortisol ist unter anderem dafür verantwortlich, dass sich das überschüssige Fett insbesondere in der Bauchregion einlagert.

Und gerade das Bauchfett wird als Risikofaktor für bestimmte Erkrankungen angesehen. Zu diesen Erkrankungen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und andere Folgeerkrankungen.

Was tun gegen Dauerstress?

Damit der Dauerstress das Gehirn nicht zu seiner gefürchteten selbstsüchtigen Strategie zwingt, die langfristig zu Übergewicht führt, ist es ratsam, rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dazu ist es zunächst einmal wichtig, die stressigen Situationen zu erkennen und die Ursachen nach Möglichkeit zu beseitigen.

Darüber hinaus kann es helfen, einen Ausgleich zu den Stresssituationen (zum Beispiel Sport) zu finden und sich selbst Ruheoasen zu schaffen. Und natürlich sollte man sich seine Nahrungsaufnahme nicht von seinem "selbstsüchtigen Gehirn" diktieren lassen, sondern wieder bewusst essen.