Angeborene Taubheit: Gentherapie ermöglicht Mäusen das Hören

Die Methode soll auch Menschen mit otoferlinbedingter Taubheit zukünftig zum Hören verhelfen

Von Cornelia Scherpe
21. März 2019

Menschen mit der sogenannten otoferlinbedingten Taubheit können bereits bei der Geburt nichts hören, obwohl sowohl das Ohr als auch die notwendigen Hirnbereiche zur Verarbeitung gesund sind. Der Grund, weshalb die akustischen Signale nicht richtig übersetzt werden: Es mangelt den Patienten am Eiweiß Otoferlin. Ohne dieses Protein sind die eigentlich funktionstüchtigen Sinneszellen in den Ohren nicht in der Lage, die aufgenommenen Signale an das Gehirn weiterzugeben.

Die Tatsache, dass Sinneszellen und Hirn prinzipiell gesund sind, wollen sich Forscher zunutze machen und durch eine Gentherapie das fehlende Eiweiß bei Betroffenen nachträglich in den Körper transportieren. In ersten Versuchen mit tauben Mäusen hat dies bereits funktioniert.

Gentherapie verhilft Mäusen zu hören

Die Wissenschaftler züchteten Mäuse, denen das Protein Otoferlin fehlte und die entsprechend ohne Hörvermögen zur Welt kamen. Nun nahm man veränderte Viren, die als Transporter des Eiweißgens dienten. Als Fähre brachten die Viren die nötige Information zur Herstellung des Proteins in den Organismus der Mäuse.

Dieses Verfahren ist seit Jahren gut erforscht, kann bislang allerdings nur 4,6 Kilobasen an Informationen übertragen. Vergleichbar mit einer Festplatte ist die "Ladekapazität" der Viren beschränkt. Da das Otoferlin-Gen jedoch sechs Kilobasen benötigt, gingen die Wissenschaftler einen Umweg: Sie teilten die Information in zwei Teile und hofften, die Genbestandteile würden sich im Körper zu einem Gen verbinden. Diese Strategie war erfolgreich. Die Forscher konnten sowohl neugeborene als auch adulte Mäuse mit der Gentherapie behandeln.

Mit der Methode könnten schon bald Menschen geheilt werden, die kein Otoferlin bilden. Diese Form der angeborenen Taubheit betrifft zwar nur circa zehn Prozent der Patientinnen und Patienten, doch für sie wäre es eine enorme Lebensverbesserung. Die Medizinwelt hofft zudem, nun auch für andere Hörstörungen mit genetischer Grundlage vergleichbare Therapien zu entwickeln.