Rotatorenmanschettenriss - Ursachen, Symptome und Behandlung

Zu den typischen Schulterverletzungen gehört der Rotatorenmanschettenriss bzw. die Rotatorenmanschettenruptur. Dabei kommt es zum Riss der Rotatorenmanschette. Zu den risikoreichen Sportarten zählen Tennis, Golf, Badminton, Handball oder auch Kampfsport und Kunstturnen. Informieren Sie sich über Ursachen, Symptome sowie Behandlungsoptionen eines Rotatorenmanschettenrisses.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: M75
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Generelles zur Rotatorenmanschette

Bei der Rotatorenmanschette, auch Muskel-Sehnen-Kappe genannt, handelt es sich um vier Muskeln an der Schulter. Dies sind

  • der Musculus supraspinatus, (Obergrätenmuskel)
  • der Musculus infraspinatus (Untergrätenmuskel)
  • der Musculus subscapularis (Unterschulterblattmuskel) sowie
  • der Musculus teres minor (kleiner runder Armmuskel).

Die vier Muskeln erstrecken sich vom Schulterblatt zum Oberarmknochen, wo sich ihr Sehnenansatz befindet. Die wichtigste Funktion der Muskeln ist die Stabilisierung des Oberarmgelenks. Außerdem halten sie den Kopf des Oberarmknochens in der Schulterblattgelenkpfanne und unterstützen bestimmte Arm- und Handbewegungen.

Kommt es zu einem Riss einer der vier Sehnen der Muskeln, spricht man von einem Rotatorenmanschettenriss. Diese Ruptur gehört zu den häufigsten Schulterverletzungen.

Bei einer Rotatorenmanschettenruptur kommt es zu einem Anriss oder sogar zu einem völligen Abriss einer oder mehrerer Sehnen der beschriebenen Muskeln. Im schlimmsten Fall können auch alle vier Sehnen reißen.

Das Risiko einer Verletzung steigt mit zunehmendem Lebensalter. In den meisten Fällen liegt eine Verletzung der Supraspinatussehne, also der Sehne des Obergrätenmuskels, vor.

Formen: Differenzierung in Sachen Ruptur

Man muss die degenerative Ruptur von der traumatischen Ruptur unterscheiden. Erstere Form tritt am häufigsten auf; es handelt sich um einen verschleißbedngten Riss, bei dem der/die Betroffene zuerst eine Kraftlosigkeit im Arm bemerkt.

Bei gewissen Bewegungen kommt es zu Schmerzen, sodass diese möglichst vermieden werden. Der Patient nimmt eine Schonhaltung ein.

Die traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette ist unfallbedingt. Sie führt zu plötzlichen Schmerzen, die mitunter auch bis in die Hand ausstrahlen können. Gleichzeitig liegt oftmals ein Impingement-Syndrom vor.

Ursachen einer Rotatorenmanschettenruptur

Die meisten Rotatorenmanschettenrisse lassen sich auf jahrelangen Verschleiß und Sehnenbelastungen zurückführen. Da die Sehnen und Muskeln der Rotatorenmanschette erheblichen Belastungen ausgesetzt sind, kommt es bereits ab einem Alter von 30 Jahren zur Degeneration der Sehnen.

Eine häufige Ursache von Rotatorenmanschettenrupturen ist das intensive Betreiben von Überkopfsportarten. Darunter versteht man Sportarten, bei denen die Athleten ständig die Arme heben müssen. Dazu gehören vor allem

Tennisspieler sind gefärdet für diese Art der Verletzung
Tennisspieler sind gefärdet für diese Art der Verletzung

So kommt es durch die fortwährend gleichen Bewegungsmuster und hohe Trainingsbelastungen zu winzig kleinen Überlastungsschäden, die man als Mikrotraumen bezeichnet. Dadurch besteht die Gefahr, dass auch Schäden und Risse im Schultergelenksbereich auftreten.

Aber auch bei bestimmten Berufsgruppen wie

  • Zimmerleuten
  • Malern oder
  • Lackierern

tritt die Verletzung oftmals auf. Sind die Sehnen bereits degeneriert, genügen mitunter schon relativ leichte Belastungen oder Traumen für einen Riss der Rotatorenmanschette. Manchmal führen auch starke Belastungen wie schweres Heben oder zu intensives Krafttraining zu dieser Verletzung.

In machen Fällen wird ein Rotatorenmanschettenriss auch durch Unfallverletzungen oder Verrenkungen verursacht.

Symptome bei einem Rotatorenmanschettenriss

Die Symptome, die bei einem Rotatorenmanschettenriss auftreten, können unterschiedlich sein. So setzen sie entweder ganz plötzlich ein oder entstehen erst im Laufe der Zeit, was von der Ursache der Verletzung abhängt. In den meisten Fällen kommt es zu Schmerzen bei Belastungen.

Sie können aber auch beim Schlafen auftreten, wenn der Patient sich auf die betroffene Schulterseite legt. Typisch ist auch das Auftreten von Schmerzen beim seitlichen Anheben des Arms gegen Widerstand. Manchmal ist bei dieser Verletzung auch ein reißendes Geräusch wahrzunehmen.

Mann hält mit schmerzverzerrter Hand linke Schulter
Mann hält mit schmerzverzerrter Hand linke Schulter

Außerdem kann der Arm kraftlos herabhängen. Sind jedoch Abnutzungserscheinungen für den Rotatorenmanschettenriss ursächlich, treten meist nur geringe Beschwerden auf, die sich vor allem bei Drehbewegungen oder Armbelastungen zeigen.

Handelt es sich lediglich um einen kleinen Riss, bleibt dies häufig sogar unbemerkt. Manchmal treten auch für einige Tage Schmerzen auf, die dann wieder zurückgehen. Bei Senioren kommt es oft vor, dass die Schmerzen über längere Zeit weiter zunehmen.

Eine Folge der Beschwerden ist, dass sich bestimmte Bewegungen mit weniger Kraft ausführen lassen, als man es sonst gewohnt ist. Durch diese Bewegungseinschränkungen können bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchgeführt werden. Weitere mögliche Symptome sind Druckschmerzen an der Supraspinatussehne oder Schmerzen an der Oberarmaußenseite im Bereich des Deltamuskels.

Außerdem kann der Arm bei bestimmten Bewegungen wie gelähmt wirken, was Mediziner als Pseudoparalyse bezeichnen. Das Ausmaß der Beschwerden hängt davon ab, ob die Rotatorenmanschette nur teilweise oder gar vollständig gerissen ist, und ob vor der Verletzung eine Sehnenentzündung bestand.

Diagnose

Um eine Rotatorenmanschettenruptur zu diagnostizieren, nimmt der behandelnde Arzt eine körperliche Untersuchung vor, bei der er die Bewegungsabläufe der Schulter testet und auf mögliche Auffälligkeiten achtet, die auf einen Sehnenriss hinweisen. Zu diesen Tests gehört zum Beispiel der so genannte Drop-arm-Test.

Dazu wird der Arm des Patienten bis zu 90 Grad angehoben. Kann der Patient seinen Arm nicht aus eigener Kraft halten, deutet dies auf einen Rotatorenmanschettenriss hin. Außerdem kommt es häufig zu Schmerzen, wenn der Arzt mit seinen Fingern Druck auf bestimmte Stellen an der Schulter ausübt.

Des Weiteren werden folgende Fertigkeiten überprüft: die Abspreizfähigkeit gegen Widerstand sowie die Außendrehung gegen Widerstand bei hängendem Arm und gebeugtem Ellenbogen. Auf diese Weise erhält der Arzt Informationen über die Funktion bestimmter Muskelbereiche.

Darüber hinaus kommen auch bildgebende Verfahren wie

zur Anwendung. Mithilfe dieser Untersuchungsmethoden lassen sich typische Befunde feststellen.

Behandlung

Auf welche Weise ein Rotatorenmanschettenriss behandelt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören vor allem die Schmerzintensität sowie das Ausmaß und der Zeitpunkt der Verletzung. Auch das Lebensalter und die Ansprüche des Patienten spielen eine wichtige Rolle.

Behandlungsziele sind die Wiederherstellung von Kraft und Funktion des Schultergelenks sowie das Erreichen von Schmerzfreiheit. Als Behandlungsmöglichkeiten kommen sowohl eine konservative als auch eine operative Therapie infrage.

Konservative Therapie: Behandlung eines Rotatorenmanschettenrisses ohne OP

Eine konservative Therapie führt man durch, wenn die Schulterfunktion nur geringfügig eingeschränkt ist. Dabei werden Medikamente wie Schmerzmittel oder entzündungshemmende Präparate wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) verabreicht. In manchen Fällen erhält der Patient auch Injektionen mit Glukokortikoiden unter das Schulterdach.

Weitere wichtige Bestandteile der konservativen Therapie sind eine Physiotherapie, die Muskelaufbautraining beinhaltet, und eine manuelle Therapie. Zur Unterstützung können auch physikalische Behandlungen wie

zur Anwendung kommen. In manchen Fällen ist zu Beginn der Behandlung die Ruhigstellung der Schulter mit einer speziellen Schiene erforderlich.

Operativer Eingriff bei Rotatorenmanschettenriss

Führt die konservative Therapie nicht zur Besserung der Beschwerden, ist ein operativer Eingriff nötig. Auch bei Sportlern wie Tennisspielern oder Handballspielern wird häufig eine Operation durchgeführt, um den Sehnenriss zu beheben. Bei einer solchen Schulterarthroskopie erhält der Patient eine Vollnarkose. Während in früheren Zeiten offene Operationen mit größeren Hautschnitten erfolgten, ist es heute meist möglich, die so genannte Schlüssellochchirurgie anzuwenden.

Das heißt, dass eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) gemacht wird, die schonender für den Patienten ist. Im Rahmen der Arthroskopie greift der Operateur auf ein Endoskop zurück, mit dem er die Strukturen des Schultergelenks einsehen kann.

Außerdem ist es möglich, mit dem Instrument die gerissene Sehne zu vernähen. Dazu wird zunächst der Raum unter dem Akromion (Schulterdach) durch die Entfernung von Gewebe erweitert, was Mediziner als subakromiale Dekompression bezeichnen.

Des Weiteren werden mithilfe von Spezialinstrumenten Teile des Akromionknochens abgetragen. Schließlich vernäht der Chirurg die gerissene Sehne wieder. Für den Fall, dass bei der Rotatorenmanschettenruptur auch ein Knochenstück ausreißt, ist es erforderlich, dieses Knochenfragment wieder zu befestigen und zu fixieren.

Nachsorge: Übungen nach Rotatorenmanschettenriss

Im Anschluss an den Eingriff ist eine konsequente Nachbehandlung überaus wichtig. So muss der Patient den operierten Arm für 4-6 Wochen auf einem speziellen Schulterabduktionskissen, das auch Abspreizkissen genannt wird, lagern. Außerdem wird eine passive Physiotherapie vorgenommen, damit mit der Schulter bald wieder freie Bewegungen möglich sind.

Des Weiteren soll Schritt für Schritt die Muskelkraft wiederaufgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass die krankengymnastischen Übungen keine Schmerzen verursachen.

Folgende Übungen sind nach einer Schulter-OP zu empfehlen:

  • im Sitzen: in die Hand der operierten Seite eine halbvolle bis volle Wasserflasche nehmen und diese langsam vor und zurück pendeln
  • im SItzen: mit der gesunden Hand das andere Handgelenk umfassen; der Arm zeigt dabei nach vorne unten - mit dem gesunden Arm den anderen nach oben in die äußere Richtung führen und dem Arm hinterherschauen, drei Durchgänge à 15 Wiederholungen
  • im Sitzen: die Handflächen aneinander legen und gegeneinander spannen; die Spannung eine halbe Minute lang halten und die Übung drei Mal wiederholen
  • im Sitzen: die Finger ineinander einharken und die Hände auseinander ziehen; die Spanung eine halbe Minute lang halten und die Übung drei Mal wiederholen
  • im Stehen: an eine Wand stellen und mit beiden Händen so weit wie möglich nach oben und wieder nach unten krabbeln