Leistenschmerzen - Ursachen und Behandlung

Schmerzen in der Leistenregion sind zumeist ein Warnzeichen für einen Leistenbruch oder Hüftprobleme. Aber auch urologische oder gynäkologische Erkrankungen können die Ursache von Leistenschmerzen sein, ebenso Beschwerden im Bauchraum wie eine Blinddarmentzündung. Da die Ursachen sehr vielfältig sind, sollte bei Leistenschmerzen stets ein Arzt aufgesucht werden. Wie dieser eine Diagnose stellt und welche Therapiemaßnahmen zur Anwendung kommen, lesen Sie hier.

Von Jens Hirseland

In der Medizin werden Leistenschmerzen auch als Inguinalschmerzen bezeichnet. Sie treten zwischen Oberschenkel, Hüfte und Unterleib auf.

Nicht selten verbergen sich Hüftprobleme oder ein Leistenbruch hinter den Beschwerden. Es kommen jedoch noch zahlreiche andere Auslöser für die Leistenschmerzen infrage.

Außerdem verlaufen die Leistenbeschwerden nicht immer gleich. So können sie auf beiden Körperseiten oder nur auf einer Seite allein auftreten. Manche Menschen leiden ständig unter den Schmerzen, während sie andere nur bei körperlichen Belastungen verspüren. In einigen Fällen werden Leistenschmerzen auch von weiteren Beschwerden, wie zum Beispiel Schwellungen an den Lymphknoten, begleitet.

Anatomie der Leiste

Mit der Leistenregion (Regio inguinalis) wird ein Übergang vom Bauch zu den Oberschenkeln hin gebildet. Dort angesiedelt ist der Leistenkanal, der eine Länge von ca. 4 bis 5 Zentimetern erreicht. Der Leistenkanal stellt eine Verbindung zwischen vorderer Bauchwand und äußerem Schambereich her. Außerdem wird er von wichtigen Blutgefäßen, Lymphgefäßen und Nervenbahnen durchzogen. Umgeben wird die Leiste von Bindegewebe, Bändern und Muskeln. Sie übernehmen den Schutz der Nervenbahnen und Gefäße.

Während sich bei der Frau das Mutterband in der Leistenregion befindet, ist beim männlichen Geschlecht dort der Samenstrang angesiedelt.

Der Leistenkanal stellt eine natürliche Schwachstelle des menschlichen Körpers dar. So kommt es dort aufgrund von intensivem Druckeinfluss wie Heben oder Tragen von schweren Lasten oder durch den Geburtsvorgang nicht selten zu einem Leistenbruch, der eine Vorwölbung von Bauchfell und Bauchorganen durch eine Leistenkanallücke zur Folge hat. Begleitet wird der Leistenbruch oft von Schwellungen und Leistenschmerzen.

Ursachen für Leistenschmerzen

Es gibt eine Vielzahl an Auslösern von Leistenschmerzen, besonders häufig sind folgende:

  • Leistenbruch (Leistenhernie)
  • Knochenverschleiß
  • Knochenkrankheiten
  • Verletzungen
  • Harnwegserkrankungen
  • Erkrankungen der Geschlechtsorgane
  • Veränderungen der Gefäße

Leistenbruch

Die häufigste Ursache ist der Leistenbruch. Von einem Leistenbruch sind fast immer Männer betroffen. So kommt die Leistenhernie bei ihnen bis zu neun Mal häufiger vor als beim weiblichen Geschlecht. Allein in Deutschland sind jedes Jahr bis zu 160.000 Leistenbrüche zu verzeichnen. Ebenso sind Leistenbrüche bereits bei Kindern möglich, was in rund 90 Prozent der Fälle Jungen betrifft.

Starke Leistenschmerzen gelten bei einem Leistenbruch als Alarmsignal. Sie können ein Hinweis darauf sein, dass eine Einklemmung von Nerven oder Blutgefäßen im Unterleibsraum vorliegt, sodass die Organe nicht mehr genügend Nährstoffe und Blut erhalten. In solchen Fällen muss so rasch wie möglich ein chirurgischer Eingriff durchgeführt werden.

Mehr zum Leistenbruch lesen Sie in unserem Artikel "Leistenbruch - Ursachen, Symptome und Behandlung".

Erkrankungen und Verschleißerscheinungen an den Knochen

Häufig werden Schmerzen an der Leiste auch von Verschleißerscheinungen der Knochen oder Erkrankungen der Lendenwirbelsäule verursacht. Dabei kann es sich beispielsweise um einen Wirbelbruch aufgrund von Knochenschwund (Osteoporose) oder eine Spinalstenose, bei der ein verengter Wirbelkanal besteht, handeln. Weitere Ursachen im Bereich der Knochen:

Gefäßveränderungen

Ein weiterer häufiger Grund für Leistenbeschwerden sind Veränderungen an den Gefäßen wie:

Harnwegserkrankungen

Nicht selten werden Leistenschmerzen durch Erkrankungen im Urogenitaltrakt hervorgerufen. Häufigste Auslöser sind:

Erkrankungen der Geschlechtsorgane

Ebenfalls zu Leistenbeschwerden kann es durch Erkrankungen der Geschlechtsorgane kommen.

Bei Männern handelt es sich dabei zumeist um:

  • Krampfadern an den Hoden
  • eine Prostatitis (Entzündung der Vorsteherdrüse)
  • eine Entzündung der Nebenhoden
  • eine Hydrozele (Ansammlung von Flüssigkeit im Hodensack)
  • eine Hodentorsion

Aber auch Frauen sind manchmal von Leistenschmerzen durch Beschwerden an den Geschlechtsorganen betroffen. Häufige Auslöser sind:

Baucherkrankungen

Mitunter sind Leistenschmerzen eine Begleiterscheinung von Erkrankungen, die im Bauchraum auftreten. Dazu gehören:

Leistenschmerzen durch sportliche Aktivitäten

Von Leistenschmerzen sind oftmals auch Sportler betroffen. Als besonders risikoreich gelten folgende Sportarten:

  • Fußball
  • Laufen
  • Tennis
  • Squash
  • Skilanglauf
  • Kraftsport

Sonstige Ursachen

  • Erkrankungen der Lymphdrüsen
  • Lipome
  • Krebs
  • Abszesse im Leistenbereich
  • Ganglion (Überbein) an der Hüfte
  • Schleimbeutelentzündung des Hüftgelenks
  • Hüftdysplasie bei Neugeborenen
  • Schambeinentzündung
  • Operative Eingriffe aufgrund eines Leistenbruches

Diagnostik

Selbst wenn Leistenschmerzen nur vorübergehend auftreten, sollte unbedingt ein Arzt zu Rate gezogen werden. Bei akuten starken Beschwerden ist umgehend ein Notarzt zu verständigen. Als erster Ansprechpartner bei Leistenproblemen gilt der Hausarzt. Nach einer Untersuchung kann er den Patienten je nach Diagnose an einen Facharzt wie einen Urologen oder Chirurgen weiterleiten.

Weil viele Gründe für Leistenschmerzen in Betracht kommen, befasst sich der Arzt zunächst mit der Krankengeschichte seines Patienten. Dabei erkundigt er sich, ob der Erkrankte unter akuten oder chronischen Beschwerden leidet und ob die Schmerzen eher dumpf oder stechend ausfallen. Von Wichtigkeit sind außerdem mögliche Vorerkrankungen wie ein Leistenbruch und ob der Patient Risikosportarten wie zum Beispiel Fußball ausübt.

Als besonders wichtig gilt die körperliche Untersuchung der Leistenregion. Dabei achtet der Mediziner auf die Beweglichkeit des Körpers, mögliche Fehlstellungen der Wirbelsäule und des Beckens sowie die Druckempfindlichkeit von Bändern, Muskeln und Sehnen. Bei Männern werden zudem die Hoden abgetastet. Ermittelt der Arzt beim Abtasten eine Schwellung, kontrolliert er deren Verschiebbarkeit nach innen.

Auch Gefäßpulse an Handgelenken und Beinen werden kontrolliert. Von Interesse sind weiterhin bestimmte Gefäße und Organe wie Milz, Leber, Herz und Lunge. Ferner misst der Arzt den Blutdruck.

Weitere Untersuchungen

In der Regel lässt sich die Ursache der Leistenschmerzen bereits durch eine körperliche Untersuchung feststellen. Falls erforderlich, können sich jedoch noch weitere Diagnoseverfahren anschließen. Dazu gehört in erster Linie die Ultraschalluntersuchung (Sonographie), mit der sich zahlreiche Verdachtsdiagnosen bestätigen lassen. Besonders bei Patienten, die unter starkem Übergewicht leiden, ermöglicht der Ultraschall wertvolle Aufschlüsse. Außerdem kann durch seinen Einsatz häufig ein Leistenbruch oder eine Hodentorsion erkannt werden.

Besteht der Verdacht, dass Erkrankungen der Hüfte für die Leistenschmerzen verantwortlich sind, werden Röntgenaufnahmen angefertigt oder spezielle Untersuchungen wie ein Knochenszintigramm oder eine Computertomographie (CT) vorgenommen.

Therapie der Leistenschmerzen

Die Behandlung der Leistenschmerzen hängt von der jeweiligen Ursache ab.

Behandlung eines Leistenbruches

Liegt ein fortgeschrittener Leistenbruch vor, muss rasch eine Operation durchgeführt werden. Dies gilt besonders dann, wenn Bauchorgane oder andere Strukturen in den Bruchkanal eintreten. So drohen dadurch gravierende Komplikationen wie das Einklemmen von Organen.

Zur Ausführung der Operation eignen sich unterschiedliche Techniken. Bei sämtlichen Verfahren wird die Leistenkanalhinterwand verstärkt. Auch minimal-invasive OP-Techniken lassen sich anwenden.

Mehr zur Behandlung eines Leistenbruches lesen Sie in unserem Artikel "Leistenbruch - Ursachen, Symptome und Behandlung".

Behandlung von Hodenveränderungen

Entstehen die Leistenschmerzen durch Hodenveränderungen, erfolgt die Therapie zumeist durch einen Urologen. Im Falle einer Hydrozele (Wasserbruch, d.h. Flüssigkeitsansammlung um die Hoden) wird gegen deren Ursache vorgegangen. Lässt sich der Auslöser nicht finden, kann ein operativer Eingriff sinnvoll sein, wenn Beschwerden bestehen. Gleiches gilt für angeborene Hydrozelen, die sich nicht wieder zurückbilden.

Liegt eine Nebenhodenentzündung vor, die durch Bakterien hervorgerufen wird, können Antibiotika Abhilfe schaffen. Gegen die Schmerzen und Entzündungen lassen sich lindernde Arzneimittel verabreichen. Wichtig ist außerdem das Hochlagern und Kühlen des Hodensackes.

Behandlung von Gefäßverschlüssen

Sind für die Schmerzen an der Leiste Gefäßverschlüsse aufgrund von Blutgerinnseln verantwortlich, muss das Gerinnsel aufgehalten werden. Die Patienten erhalten zu diesem Zweck Medikamente. Außerdem tragen sie oft Kompressionsstrümpfe.

Behandlung von Knochenerkrankungen oder Knochenverletzungen

Verletzungen wie zum Beispiel ein Oberschenkelhalsbruch werden stabilisiert. Darüber hinaus ist auf die Blutversorgung von Hüftkopf und Oberschenkelhals zu achten.

Keiner speziellen Behandlung bedürfen Leistenschmerzen, die durch das Wachstum oder die weibliche Menstruation entstehen. Bei starken Ausprägungen kann jedoch das Lindern dieser Beschwerden sinnvoll sein.

Vorbeugung von Leistenschmerzen

Leistenschmerzen vorzubeugen ist mitunter nur eingeschränkt möglich. Dazu zählen das Stärken der Bauchmuskeln sowie der Abbau von Übergewicht. Schwere Gegenstände sollten nicht allein angehoben werden, weil dabei das Risiko eines Leistenbruches besteht. Als weitere sinnvolle Präventionsmaßnahmen gelten:

  • eine gesunde Ernährung
  • ein aufrechter Gang
  • regelmäßige Bewegung
  • das Stabilisieren der Bauchmuskeln
  • das Tragen von passendem Schuhwerk
  • regelmäßiges Strecken
  • das Einhalten von Ruhepausen

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