Hangry sein: die negative Grundstimmung entsteht nicht allein durch Hunger

Forscher nahmen das "hangry"-Phänomen in einer Studie unter die Lupe

Von Cornelia Scherpe
5. Juli 2018

In englischsprachigen Regionen ist das Wort Hangry inzwischen gut bekannt und wurde sogar in das Oxford Wörterbuch eingetragen. Auch in Deutschland nutzen es immer mehr Jugendliche, denn die Kombination aus "hunger" und "angry" passt so oft: Gemeint ist ein typisches Verhalten von Menschen, die gerade hungrig sind. Sie treten dann weniger ruhig auf, haben eine eher negative Sicht auf Dinge und schwanken zwischen Aggression und gedrückter Stimmung.

Studie zu negativen Emotionen durch Hunger

Doch entsteht dieses Verhalten wirklich als direkte Folge des Hungers? Das wollte eine aktuelle Studie wissen und untersuchte 200 Studenten. Die jungen Frauen und Männer erklärten sich zu einem Experiment bereit, bei dem sie alle an einem PC schwierige Übungen durchführten. Dann stürzte der Computer ab, was von den Forschern geplant war, den Teilnehmern aber als Unfall verkauft wurde. Es kam ein Mitarbeiter zu ihnen in den Raum und warf ihnen vor, sie seien Schuld am PC-Crash.

Vor diesem Experiment hatte man die Studierenden in zwei Gruppen aufgeteilt:

  • Die einen hatten seit vielen Stunden nichts gegessen
  • Die anderen hatten kurz zuvor erst ein leckeres Essen bekommen

Außerdem bat man einige Probanden vorab, eine kleine Schreibübung zu absolvieren, bei der sie sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzten.

Hunger entscheidet nicht allein über die Emotionen

Nach dem anschließenden Test samt Computercrash gaben alle in einem Fragebogen ihre Gefühle an. Es zeigte sich, dass Studierende der Fasten-Gruppe nur dann übermäßige negative Emotionen angaben, wenn sie nicht zuvor über ihre Gefühle reflektiert hatten. Wer das getan hatte, zeigte sich trotz Hunger weniger negativ. Demnach ist der Hunger nicht allein für eine "Hangry-Stimmung" verantwortlich.

Das zeigte auch ein Online-Experiment, bei dem 400 Teilnehmer entweder erst ein negatives, neutrales oder positives Bild sahen und danach ein zweideutiges Piktogramm. Wer hungrig war, bewertete nach einem negativen Bild das Piktogramm zwar auch eher negativ, doch ein neutrales oder positives Bild brachte auch die Hungrigen eher dazu, das Piktogramm positiv zu sehen. Demnach sind Kontext und Selbstreflexion entscheidender als der leere Magen.