Gänsehaut beim Quietschen - warum manche Geräusche uns in Alarmbereitschaft versetzen

Von Dörte Rösler
10. September 2014

Ob Kreide auf der Tafel oder zwei Styroporstücke, die aneinander reiben - wenn es quietscht, bekommen die meisten Menschen eine Gänsehaut. Aber warum quält uns so harmlose Geräusche? Antwort gibt ein Blick auf unsere Evolutionsgeschichte und die moderne Hirnforschung.

Gänsehaut ist unser Fell

Eine Gänsehaut signalisiert, dass wir frieren. Aus evolutionärer Sicht stellt sich uns aber auch das Fell auf, wenn wir in Gefahr sind. Vermutlich sollen die gesträubten Haare dem Feind einen größeren Gegner suggerieren. Mit Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.

Was die Forscher herausgefunden haben, ist allerdings eines: Geräusche mit einer Frequenz zwischen 2.000 und 5.000 Hertz werden von unserem Gehirn als Notsignal interpretiert, denn sie ähneln Angst- und Hilfeschreien. Am stärksten ist der Effekt bei langgezogenen und relativ monotonen Geräuschen.

Quietschen weckt Ur-Instinkte

Dass quietschende Laute uns instinktiv quälen, hängt mit ihrer Verarbeitung im Gehirn zusammen. Die Geräusche werden nicht nur im auditorischen Kortex verarbeitet - aufgrund ihrer evolutionsgeschichtlichen Bedeutung aktivieren sie auch die Amygdala, das Zentrum zur Verarbeitung emotionaler Reize. Hier werden die wahrgenommenen Reize mit einer negativen Bewertung belegt. Beim Quietschen in einem hohen Frequenzbereich rasen die Signale blitzschnell zwischen Hörkortex und Amygdala hin- und her: die Wahrnehmung der Geräusche verstärkt sich, der Körper fährt die Alarmbereitschaft hoch.

Abschalten lässt sich diese Reaktion nicht. Die Amygdala arbeitet unabhängig vom Bewusstsein. Und das ist auch gut so. In Notsituationen wären wir sonst viel zu langsam, um in den Flucht- oder Kampfmodus zu gehen. Bei eigentlich harmlosem Kreidequietschen erinnert sie uns jedoch an unsere Vergangenheit in der Wildnis.