Was im Körper passiert, wenn man Angst hat

Angst ist ein Gefühl, das jeder ab und zu erlebt. Doch was geht im Körper vor, wenn man Angst hat?

Von Jens Hirseland

Eigentlich ist Angst ein Grundgefühl des Menschen, das sogar einen nützlichen Effekt hat. So funktioniert es als Alarmsignal und macht auf bestimmte Bedrohungen aufmerksam.

Durch die Angstgefühle wird der Mensch vor einer Gefahrensituation gewarnt und kann Gegenmaßnahmen einleiten. Ist die bedrohliche Situation vorüber, verschwindet die Angst wieder.

Es gibt jedoch Menschen, die permanent Angst empfinden und sich sogar dann fürchten, wenn gar keine Bedrohung existiert. Außerdem haben sie keine Kontrolle über ihre Angstgefühle. In diesem Fall spricht man von einer Angststörung.

Einteilung in drei Komponenten

Wissenschaftler haben in verschiedenen Untersuchungen herausgefunden, dass Angstgefühle aus drei Komponenten bestehen. Dabei handelt es sich um

  1. die körperliche Komponente
  2. die gedankliche Komponente, sowie
  3. die Verhaltenskomponente.

Diese drei unterschiedlichen Komponenten stehen miteinander im Zusammenhang. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sie zur gleichen Zeit vorkommen.

So können einige Menschen Angstgefühle eher gedanklich wahrnehmen, während andere sie körperlich empfinden. Außerdem werden beim Auftreten von Angstgefühlen bestimmte Verhaltensmaßnahmen ergriffen.

Im Folgenden erhalten Sie detailliertere Informationen zu den einzelnen Komponenten der Angst.

Die körperliche Komponente der Angst

Bei der körperlichen Angstkomponente spielen diverse Symptome eine Rolle.

Herzrasen

Angst macht sich mitunter körperlich bemerkbar. Eines der häufigsten Symptome bei Angstgefühlen ist Herzrasen. Durch die Angstreaktion beschleunigt sich der Herzschlag, damit mehr Blut und Nährstoffe in den Organismus geleitet werden können.

Manchmal hat der heftige Herzschlag zur Folge, dass es zu einer starken Anspannung der Nerven im linken Brustkorb kommt. Dabei sind auch schmerzhafte Kontraktionen der Zwischenrippenmuskeln sowie Fehlstellungen der Brustwirbelsäule oder der Halswirbelsäule im Bereich des Möglichen.

Zittern und Unsicherheit

Bei Angst spricht man häufig von "weichen Knien" und einem zittrigen Gefühl. Diese Wahrnehmungen entstehen durch die erhöhte Leistungsbereitschaft des Körpers, der sich auf Angriff oder Flucht vorbereitet. Da die meisten Menschen diese verstärkte Reaktionsbereitschaft nicht gewohnt sind, fühlen sie sich dabei unsicher.

Schwindel

Ein weiteres typisches Symptom von körperlicher Angst sind Schwindelgefühle. Im Falle einer Angstreaktion wird das Blut vom Gehirn vor allem zu den Muskeln geleitet, während andere Organe weniger Blut zugeführt bekommen. Zu diesen Bereichen gehört auch die Gehirnrinde, die für die bewusstseinsbildenden Vorgänge im Körper zuständig ist.

Die Unterversorgung mit Blut kann dazu führen, dass der Betroffene sich benommen oder schwindelig führt. Manchen Menschen wird bei Angst auch schwarz vor Augen, was auf eine schlechtere Durchblutung des Augenhintergrundes zurückzuführen ist.

Atemprobleme

Hat man große Angst, bekommt man oft schlechter Luft und meint, einen Kloß im Hals zu spüren. Bei Angstgefühlen weiten sich beide Lungenflügel.

Auf diese Weise lässt sich der Körper besser mit Sauerstoff versorgen. Darüber hinaus werden mehr Atemzüge in der Minute vorgenommen.

  • Da jedoch keine wirkliche körperliche Leistung erfolgt, kommt es zu einer flachen Atmung.
  • Außerdem kann der Sauerstoff nicht bis an die äußeren Bereiche der Lunge gelangen, wodurch ein Gefühl von Atembeklemmung entsteht.
  • Da sich dabei auch die Bronchien verkrampfen, empfindet der Betroffene einen Kloß im Hals.

Magenbeschwerden und Mundtrockenheit

Ein anderes typisches Symptom bei Angst ist ein flaues Gefühl im Magen. Dabei handelt es sich um eine Folgeerscheinung der verminderten Durchblutung des Bauchraumes.

Außerdem stellt sich der Körper bei Angstgefühlen von Verdauung auf Leistung um, weswegen die Speicheldrüsen weniger aktiv sind. Da durch die verstärkte Atemtätigkeit mehr Speichel verdunstet wird, kann es deswegen zu Mundtrockenheit kommen.

Weitere körperliche Beschwerden bei Angst sind

All diese Symptome werden durch den beschleunigten Herzschlag und die Umverteilung des Blutes im Körper hervorgerufen. Darüber hinaus kommt es durch die Angst zu einer vermehrten Aktivität der Schweißdrüsen.

Die gedankliche Komponente der Angst

Das Entstehen von Angst ist oftmals auch eine Frage der Gedanken. Denkt man zum Beispiel an eine bedrohliche Situation, kann dies Angstgefühle und die damit verbundenen körperlichen Symptome auslösen. Ob eine Situation als bedrohlich oder harmlos eingestuft wird, hängt davon ab, ob man ängstlich oder gelassen reagiert.

Denkmuster laufen automatisch und unterbewusst ab

So können bestimmte Denkmuster bzw. gedankliche Abläufe wie Hilflosigkeit oder Befürchtungen Angstgefühle auslösen oder noch verstärken. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass es in nur wenigen Millisekunden zu angstfördernden Gedanken kommt. Dabei handelt es sich um Denkmuster, die ganz automatisch und im Unterbewusstsein ablaufen.

Angstgefühle führen auch zu einer veränderten Tätigkeit des Gehirns, die eine Unterdrückung von Denkvorgängen zur Folge hat. Dadurch lässt sich auch erklären, dass Menschen, die Angst vor Prüfungen haben, ihr Wissen oft nicht abrufen können.

Um dem Körper eine raschere Reaktion auf eine Gefahrensituation zu ermöglichen, werden die Denkvorgänge vom Gehirn unterdrückt. Dabei kann es auch zu unbewussten Reflexen kommen, die automatisch ablaufen, ohne dass der Betroffene sich darüber Gedanken macht.

Die Verhaltenskomponente der Angst

Die dritte Komponente der Angst ist die Verhaltenskomponente. Darunter versteht man bestimmte Reaktionen auf eine drohende Gefahr.

Schreck- und Fluchtverhalten

Zu den natürlichen Verhaltensweisen der Angst zählen das Schreckverhalten und das Fluchtverhalten. Das heißt, dass ein Mensch im Zustand der Angst eine sinnvolle Reaktion auf eine plötzlich auftretende Gefahr zeigt.

In der heutigen Zeit ist es jedoch nur selten nötig, zu fliehen. Da es sich bei diesem Verhalten jedoch um einen Instinkt handelt, ergreifen viele Betroffene dennoch die Flucht, wenn sie sich vor etwas fürchten.

Vermeidungsverhalten

Typisch dafür ist das Vermeidungsverhalten. So gehen ängstliche Menschen einer vermeintlichen Gefahr lieber aus dem Weg, indem sie konsequent bestimmte Orte oder Situationen meiden, die sie für gefährlich halten.

In manchen Fällen greifen die Betroffenen auf diverse Methoden zurück, die ihnen dabei helfen sollen, eine angstmachende Situation zu überstehen. Dabei kann es sich zum Beispiel um

handeln. Mitunter bitten ängstliche Menschen auch andere Personen, etwas für sie zu tun, wovor sie selbst Angst haben.

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