Psychische und physische Ursachen für Vaginismus und mögliche Therapieansätze

Als Vaginismus bezeichnet man die unwillkürliche Verspannung oder Verkrampfung des weiblichen Beckenbodens sowie der äußeren Vaginalmuskulatur. Die Gründe dafür können sowohl seelischer als auch körperlicher Natur sein.

Von Jens Hirseland

Vaginismus wird auch Scheidenkrampf genannt. Darunter versteht man eine reflexartige Verkrampfung der weiblichen Scheidenmuskulatur und des Beckenbodens, wenn es beim Geschlechtsakt zu einer Berührung des Scheideneingangs durch den männlichen Penis kommt. Dadurch sind Penetration und Geschlechtsakt nicht möglich.

Mögliche Ursachen

Die genauen Gründe für Vaginismus ließen sich bislang noch nicht eindeutig klären. Aufgrund der unwillkürlichen Krämpfe des Beckenbodens, die beim Vaginismus entstehen, kommt es zur Verengung der Scheide.

Ausgelöst werden die Krämpfe meist durch die Vorstellung, dass Geschlechtsverkehr unmittelbar bevorsteht. Manchmal treten die Krämpfe jedoch auch beim Einführen eines Tampons oder im Rahmen von gynäkologischen Untersuchungen auf. Als Auslöser werden sowohl psychische als auch körperliche Faktoren angenommen.

  • So tritt der Vaginismus bei manchen Frauen erst nach Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, nach einer Geburt oder nach operativen Eingriffen auf.
  • In manchen Fällen verbergen sich hinter den Scheidenkrämpfen auch unbewusste Missbrauchserfahrungen aus der Kindheit, die erst bei einer Psychotherapie zutage treten.
  • Mitunter kann jedoch auch der Partner für das Entstehen des Vaginismus verantwortlich sein. So leiden Partner von Frauen mit Vaginismus häufig selbst an Sexualstörungen oder psychischen Problemen, an denen sie ihrer Partnerin die Schuld geben.

Ausprägungsformen

Vaginismus wird in mehrere Formen unterteilt. Dazu gehören vor allem:

  1. der primäre Vaginismus
  2. der sekundäre Vaginismus

Beim primären Vaginismus war die betroffene Frau noch nie in ihrem Leben in der Lage, etwas in ihre Scheide ohne Schmerzen einzuführen. In den meisten Fällen erfolgt die Entdeckung in der Pubertät.

Von sekundärem Vaginismus spricht man, wenn der Scheidenkrampf erst durch ein bestimmtes Erlebnis ausgelöst wird. Dabei handelt es sich häufig um:

  • traumatische Ereignisse wie sexuelle Gewalt
  • häufige Schmerzerlebnisse beim Sex
  • unsanfte gynäkologische Untersuchungen
  • ein Geburtstrauma

Neben diesen beiden Hauptformen des Vaginismus gibt es noch weitere Formen wie:

  • den globalen Vaginismus, der unabhängig vom Sexualpartner auftritt
  • den situationsbedingten Vaginismus, zu dem es nur in bestimmten Situationen oder mit bestimmten Partnern kommt
  • den konsistenten Vaginismus, der sich immer dann bemerkbar macht, wenn die betroffenen Frauen versuchen, etwas in ihre Scheide einzuführen

Schweregrade

Vaginismus kann somit in unterschiedlichen Formen und Schweregraden auftreten. Mitunter lässt eine Untersuchung beim Frauenarzt wegen der Krämpfe kaum durchführen, sodass meist eine Narkose erforderlich ist. In schweren Fällen sind die betroffenen Frauen nicht einmal in der Lage, während ihrer Menstruation Tampons in ihre Vagina einzuführen.

Bei leichteren Vaginismusausprägungen ist dies dagegen möglich. Dabei kommt es nur dann zu Scheidenkrämpfen, wenn ein Mann versucht mit seinem Penis in die Scheide einzudringen. Viele Frauen, die unter Vaginismus leiden, sind dennoch imstande, einen Orgasmus zu erleben.

Sofern der Penis nicht in die Vagina eingeführt wird, empfinden die betroffenen Frauen sexuelle Handlungen durchaus als befriedigend. Bei manchen Frauen besteht dagegen eine regelrechte Koitusphobie, bei der jede Art von Geschlechtsverkehr vollkommen verweigert wird. Für eine Partnerschaft ist Vaginismus mit der Zeit überaus problematisch, weswegen viele Betroffene schließlich einen Therapeuten konsultieren.

Behandlung

Grundsätzlich lässt sich Vaginismus gut behandeln. In früheren Zeiten versuchte man das Problem durch operative Eingriffe zu beheben, da man davon ausging, dass die Vagina der Betroffenen nicht groß genug wäre.

Heutzutage verzichtet man jedoch auf Operationen und setzt stattdessen auf eine Kombination aus

  • praktischen Übungen und
  • Psychotherapie,

wobei die körperliche Therapie besonders wichtig für den Behandlungserfolg ist.

Ziel der Behandlung ist der Abbau des Reflexgeschehens. Zu diesem Zweck führt die Frau alleine und entspannt Übungen durch, bei denen sie Gegenstände in ihre Vagina einführt. Dies tut sie solange, bis der Gegenstand die Größe eines Penis erreicht. Eingesetzt werden dabei zumeist spezielle Vaginaldilatoren, bei denen es sich um konisch geformte Stäbe handelt.

Ebenfalls hilfreich ist das Trainieren des Beckenbodens, das dazu dient, wieder die Kontrolle über die Muskulatur zu übernehmen. So lernt die Frau dadurch bewusstes An- und Entspannen.