Missbrauch von Kindern: Die erlebte Gewalt verändert die Gehirnstruktur

Von Cornelia Scherpe
2. Juli 2013

Noch immer werden viele Kinder die Opfer von Gewalt. Sexueller Missbrauch, Schläge und Vernachlässigung prägen den Charakter dieser Betroffenen. Das schlägt sich für ihr späteres Umfeld und für Psychologen deutlich in ihrem Verhalten nieder. Viele erkranken an psychischen Leiden oder entwickeln verschiedene Sexualstörungen.

Neurologen vom Universitätsmedizin Berlin haben gemeinsam mit internationalen Kollegen nun festgestellt, dass man die Veränderungen aber auch direkt im Gehirn der Menschen nachweisen kann. Wer in einer frühen Lebensphase Missbrauch erfahren musste, dessen Gehirn verarbeite dies so, dass es zu einer Veränderung seiner Struktur kommt.

51 Frauen, deren Kindheit von Gewalt geprägt gewesen war, wurden mittels MRT untersucht. Dabei wurden alle Gehirnareale genau analysiert. Es zeigte sich, dass nicht nur die Gewalt an sich ihre Spuren hinterlassen hatte, sondern man im Gehirn genau erkennen konnte, welche Gewalt gegen die Patientinnen angewandt worden war. Es waren stets die Regionen schwächer ausgeprägt, die unmittelbar bei der Misshandlung aktiv waren.

Das erklärt auch, weshalb sexuelle Gewalt häufig zu sexuellen Störungen führt und Vernachlässigung eher zu Problemen mit sozialen Kontakten. Bei den Frauen, die sexuell misshandelt worden waren, war der somatosensorische Kortex genau an den Stellen unterentwickelt, in dem wichtige Befehle an die Genitalien gegeben werden.

Jene Frauen, die stark vernachlässigt worden waren, besaßen eine dünne Hirnrinde an jenen Stellen, die der Neurologie als Sitz der Selbsterkennung und als Sitz der Kontrolle der Emotionen bekannt ist. Ein Zufall kann daher so gut wie ausgeschlossen werden.

Die Forscher gehen davon aus, dass es sich bei diesen Unterentwicklungen von Hirnarealen um einen Schutzmechanismus des Körpers handelt. Die Betroffenen sollen vor weiteren negativen Erlebnissen dieser Art abgeschirmt werden.