Bei Missbrauch entwickelt das kindliche Gehirn eine andere Struktur

Von Dörte Rösler
6. Juni 2013

Das Gehirn ist ein formbares Gebilde. Erfahrungen und Erlebnisse in der frühen Kindheit schlagen sich unmittelbar in neuronalen Strukturen nieder. So lautet jedenfalls die Theorie. Und immer mehr Studien scheinen den Zusammenhang zwischen Gehirnstruktur und psychischen Auffälligkeiten zu belegen.

In einer aktuellen Untersuchung konnten Mediziner aus Berlin und Montreal zum Beispiel nachweisen, dass sich emotionaler und sexueller Missbrauch in der Hirnrinde niederschlägt. Jeweils in den Bereichen, die während des Missbrauchs stark involviert waren, zeigte die nervenreiche Gewebeschicht auffällige Veränderungen.

Die Opfer von sexuellem Missbrauch wiesen einen dünneren somatosensorischen Kortex auf. Bei den Opfern emotionaler Vernachlässigung hatte sich der für das Selbstbewusstsein zuständige Bereich verkleinert. Als Ursache sehen die Forscher hierfür den Selbstschutz des Gehirns: Wo unangenehme Erfahrungen verarbeitet werden mussten, reduzierte sich die Anzahl der Nervenzellen. In der Kindheit hatte dieser Schutzmechanismus durchaus Sinn, für den Erwachsenen bringt er jedoch Probleme mit sich - von sexuellen Funktionsstörungen bis zu Schwierigkeiten in der emotionalen Regulation.