Traumata der Kindheit verändern das Immunsystem

Missbrauch, Gewalt und Verwahrlosung führen zu weitreichenden Veränderungen auf der Zellebene

Von Cornelia Scherpe
7. November 2016

Erleben Menschen Situationen, die abseits des Begreifens sind, führt das oft zu tiefgreifenden Veränderungen in der Psyche. Das Leben in Kriegsgebieten, oder auch Misshandlung und Missbrauch verändern das Erleben der Welt dauerhaft. Besonders Kinder können diese Traumata selten verarbeiten und entwickeln seelische Störungen wie Depressionen.

Schon länger vermuten Ärzte, dass nach einem Trauma nicht nur die Psyche verändert bleibt, sondern auch der Körper. Immerhin kennt man bereits aus anderen Bereichen, wie eng die körperliche und seelische Verfassung zusammenspielen. Eine Studie hat jüngst untersucht, ob man am Immunsystem erwachsener Frauen ablesen kann, dass sie in der Kindheit Missbrauch und Gewalt erfahren haben.

Blutproben weichen deutlich ab

Insgesamt nahmen 30 Frauen an der Untersuchung teil. Sie waren zwischen 22 Jahren und 44 Jahren und hatten nach eigenen Angaben alle in der Kindheit ein Trauma erlebt. Die Art und die Stärke der Misshandlung war dabei unterschiedlich, was im Detail dokumentiert wurde. Die Spanne reichte von emotionaler Vernachlässigung bis zum schweren sexuellen Missbrauch.

Alle Frauen ließen sich Blut entnehmen, das im Labor von den Forschern auf verschiedene Entzüngsmarker hin untersucht wurde. Tatsächlich fand man mehr Zytokine und C-reaktive Proteine, als bei gleichaltrigen Frauen ohne akute Erkrankung normal ist.

Allgemeine Alarmbereitschaft des Immunsystems

Die Forscher fragten sich, warum es mehr Entzündungsmarker gibt und gingen weiter in die Tiefe. Sie sahen sich die Mitochondrien der Testpersonen an. Mitochondrien sind Zellbestandteile, die jede Zelle als Kraftlieferant besitzt. Es sind quasi die internen Kraftwerke. Bei den 30 Traumata-Patientinnen war die Aktivität dieser Zellbestandteile unnatürlich hoch. Das sorgte für weitreichende Veränderungen auf der Zellebene und erklärt die allgemeine "Alarmbereitschaft" des Immunsystems.

Die Forscher gehen davon aus, dass die Missbrauchserfahrungen nicht nur die Seele verletzt haben, sondern auch den Körper immer davon ausgehen lassen, dass bald etwas "Schlimmes", also etwa eine Infektionen, kommen kann.