Definition und Rechtslage der sexuellen Belästigung und wie Betroffene sich wehren können

Sexuelle Belästigung gibt es nicht nur am Arbeitsplatz. Auch an Schulen und Universitäten kann es zu Übergriffen durch Lehrer oder Aufsichtspersonen kommen. Die Betroffenen haben jedoch rechtliche Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen.

Von Jens Hirseland

Sexuelle Belästigung ist ein Problem, das häufig verschwiegen wird. Besonders heikel sind sexuelle Übergriffe in der Schule an Jugendlichen. Doch auch am Arbeitsplatz sowie Hochschulen und Universitäten kommt es immer wieder zu Fällen von sexueller Belästigung.

Nicht immer geht es dabei nur um Sexualität, sondern auch um Macht. So nutzen manche Lehrer oder anderes pädagogisches Personal

  • ihre Macht
  • ihre Überlegenheit und
  • das Abhängigkeitsverhältnis

dazu aus, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. So kann es sich auch ohne körperliche Übergriffe um sexuelle Belästigung oder Diskriminierung handeln.

Merkmale und Ausprägungsformen

Als sexuelle Belästigung gilt jedes sexuell unerwünschte, abwertende oder beleidigende Verhalten. Zur sexuellen Belästigung zählt man nicht nur Handlungen, sondern auch Worte und Gesten. Dies können zum Beispiel anzügliche Bemerkungen oder Witze sein. Ebenfalls zur sexuellen Belästigung gehören:

  • unerwünschte Annäherungsversuche
  • anzügliche Blicke
  • das Vorführen von pornografischen Inhalten
  • unangebrachte Berührungen

Im schlimmsten Fall kommt es sogar zu strafrechtlich relevanten Taten wie sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung. Ein typisches Merkmal von sexueller Belästigung ist, dass die Betroffenen das einseitige Verhalten als entwürdigend empfinden.

Sexuelle Belästigung an Hochschulen und Schulen

An Hochschulen setzt man die Betroffenen mitunter auch unter Druck, indem man ihnen im Falle von sexuellem Entgegenkommen Belohnungen verspricht. Weigert sich der Betroffene jedoch, werden ihm Nachteile bei der Benotung von Arbeiten oder Prüfungen angedroht.

Schülerinnen und Schüler leiden dagegen oft unter abfälligen und diskriminierenden Bemerkungen von Lehrern über ihr Aussehen oder ihren Körper. Aber auch

  • sexualisierte Komplimente
  • "Hilfestellungen" beim Sportunterricht an intimen Körperstellen sowie
  • direkte Berührungen

kommen vor. In seltenen Fällen ist auch ein intimes Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern möglich.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gehört noch immer zu den Tabuthemen in der Gesellschaft. Umfragen zufolge sind zwei von drei Frauen im Laufe ihres Lebens sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt.

Sexuelle Annäherungen im Berufsleben können auf vielfältige Weise geschehen. Sie reichen von anzüglichen Äußerungen über unerwünschte Berührungen bis hin zu sexueller Nötigung. Für die Betroffenen sind die Belästigungen oft entwürdigend.

Die Gesetzeslage in Deutschland

Allerdings ist es nicht immer ganz einfach, sexuelle Belästigung zu definieren. Der Gesetzgeber versteht unter dem Tatbestand der sexuellen Belästigung vorsätzliches und sexuell bestimmtes Verhalten, das zur Entwürdigung des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz führt.

Häufig muss dieses Gesetz jedoch erst ausgelegt werden. Stellt bereits ein Klaps auf den Po oder ein väterlich um die Schultern gelegter Arm sexuelle Belästigung dar?

Mit sexueller Belästigung sind in erster Linie sämtliche sexuellen Handlungen gemeint, die gesetzlich unter Strafe stehen. Doch auch sexuelle Handlungen, die unter Beleidigung fallen, gehören, zählen zu sexueller Belästigung, wie:

  • sexuelle Berührungen
  • das Zeigen von pornografischen Darstellungen
  • Bemerkungen, die einen sexuellen Inhalt haben

Wie kann man sich wehren?

Für Jugendliche ist es sehr schwer, sich gegen die Übergriffe von Lehrern zur Wehr zu setzen. So sind sie oft verwirrt oder empfinden Scham.

Vertrauensperson informieren

Wichtig ist dann, sich jemandem anzuvertrauen, zum Beispiel einer guten Freundin, mit der man das weitere Vorgehen bespricht. Am besten wendet man sich mit dem Problem an

  • die Eltern
  • den Vertrauenslehrer oder
  • den Schulsozialarbeiter,

damit diese einem helfen, sich gegen die Übergriffe zu wehren.

Beratungsstelle aufsuchen

Möchte man dies nicht, gibt es auch die Möglichkeit, eine Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch aufzusuchen. Diese Stellen haben Schweigepflicht und geben ohne Zustimmung keinerlei Informationen an Eltern oder Schule weiter. Außerdem helfen sie dabei, eine Lösung für das Problem zu finden.

Was tun als betroffener Arbeitnehmer?

Ein großes Problem ist, dass sich viele Frauen nicht trauen, mit ihren Vorgesetzten über sexuelle Belästigungen zu sprechen, da sie fürchten, dass sie dann ihren Arbeitsplatz verlieren könnten, denn einen neuen Job zu finden, ist heutzutage nicht leicht. Außerdem wollen sie nicht als prüde oder empfindlich gelten.

Besonders unangenehm ist die Situation, wenn die Belästigungen vom Chef selbst ausgehen. Wird jedoch gegen die Belästigungen nichts unternommen, besteht der Leidensdruck meist weiterhin. Bei vielen Betroffenen kommt es dadurch zu:

Sich zur Wehr zu setzen, ist somit im Falle einer sexuellen Belästigung sehr wichtig, denn wenn man die sexuelle Belästigung ignoriert, kann dies vom Täter als Zustimmung verstanden werden. Daher ist es besser, ihm laut und deutlich klarzumachen, dass sein Verhalten nicht nur unerwünscht, sondern auch strafbar ist.

  • Manchmal hilft es schon, dem Täter Zeitungsartikel mit Gerichtsurteilen auf den Schreibtisch zu legen, damit er erkennt, dass sein Verhalten strafbar ist.
  • Bringt dies nichts, sollte man sich an seine Vorgesetzten oder den Betriebsrat wenden.

Gesetzlich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, seine Angestellten vor sexueller Belästigung zu schützen.

  • Als Betroffener hat man das Recht, sich offiziell zu beschweren.
  • Weigert sich der Chef, etwas zu unternehmen, hat man nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) das Recht, die Arbeit zum Teil oder gänzlich verweigern.
  • Auch eine fristlose Kündigung ist möglich. Der Chef ist dann verpflichtet, solange weiterhin Gehalt zu zahlen, bis ein neuer Arbeitsplatz gefunden wurde.

Allerdings muss man die sexuellen Übergriffe auch beweisen können. Wenn man sich dazu entschließt, den rechtlichen Weg einzuschlagen, ist es zudem sinnvoll, sich von einem Anwalt beraten zu lassen. Tipps und Hilfestellungen erhält man auch bei Frauenbeauftragten oder öffentlichen Beratungsstellen.