Beschneidung ohne effektive Betäubung - Kritik an Gesetz und mangelnden Informationen

Von Dörte Rösler
23. Dezember 2013

Eine medizinische Notwendigkeit besteht für die Beschneidung von kleinen Jungen nicht. Damit Operateure in Deutschland den Eingriff dennoch vornehmen dürfen, hat die Bundesregierung im Dezember 2012 das Beschneidungsgesetz erlassen. Danach ist die Zirkumzision erlaubt, wenn sie nach ärztlichen Regeln erfolgt - inklusive effektiver Schmerzbehandlung. In diesem Punkt streiten die Mediziner jedoch bis heute.

Betäubungscreme Emla nur schmerzlindernd

Bei jüdischen Kindern findet die Beschneidung traditionell am achten Tag nach der Geburt statt. Eine Narkose ist für Kinder unter zwei Jahren jedoch zu riskant. Am jüdischen Krankenhaus in Berlin verwenden die Ärzte deshalb die Betäubungscreme Emla. Eine europäische Expertenkommission hat das frei verkäufliche Medikament aber als unzureichend beurteilt: mit Emla lasse sich bestenfalls eine Schmerzlinderung erreichen.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie beurteilt die Operation mit alleiniger Anästhesie durch Emla als Kindesmisshandlung. Im Sommer zog auch der Hersteller die Unbedenklichkeitsbescheinigung zurück.

Eingriff auch durch Nicht-Mediziner

Weiterer Kritikpunkt der Kinderärzte: Da laut Gesetz auch Nicht-Mediziner den Eingriff durchführen dürfen, sei eine wirksame Kontrolle nicht garantiert. Hinzu kommt, dass es kaum gesicherte Erkenntnisse über das Schmerzempfinden von Säuglingen gibt. Während man früher annahm, dass Babys bis zum 14. Lebenstag kaum Schmerzen wahrnehmen, gehen Wissenschaftler heute davon aus, dass Neugeborene Schmerzen sogar intensiver spüren als Ältere.