Stress in der Schwangerschaft überträgt sich durch das vaginale Mikrobiom auf das Kind

Sowohl psychischer als auch körperlicher Stress können sich durch die Scheidenflora auf das Kind auswirken

Von Cornelia Scherpe
20. Juli 2018

Es gab bereits einige Studien, die sich mit dem Thema Stress in der Schwangerschaft und den daraus entstehenden Risiken für das Kind beschäftigt haben. Zu Stress zählt man in diesem Fall nicht nur psychische Belastungen, sondern auch körperliche Faktoren wie das Erleben einer Hungersnot. So zeigte beispielsweise eine Studie aus den Niederlanden, dass Männer der Geburtsjahre 1946 und 1947 überdurchschnittlich häufig eine Schizophrenie ausbildeten. Ihre Mütter hatten während der Schwangerschaft die Hungersnot der Nachkriegszeit erlebt. Auch Frauen, die 1957 während der asiatischen Grippe schwanger waren, brachten in Finnland und England vermehrt Kinder zur Welt, die eine uni- oder bipolare Störung entwickelten. Die Beobachtungsstudien konnten aber keine Rückschlüsse darauf geben, wie genau der Stress von der Mutter auf das Kind übergeht. Aktuelle Tierexperimente bringen mehr Klarheit.

Schwangere Mäuse unter Stress

Forscher in Baltimore arbeiteten mit trächtigen Mäusen. Eine Gruppe wurde besonderem Stress ausgesetzt, indem man im Käfig den Geruch von Füchsen versprühte. Die später geborenen Jungtiere waren im Schnitt kleiner und häufig auch unterentwickelter als die Jungtiere der Kontrollgruppe.

Untersuchungen ergaben, dass bei den Muttertieren der ersten Gruppe das vaginale Mikrobiom eine andere Zusammensetzung hatte. Das vaginale Mikrobiom beschreibt die Zusammensetzung der Bakterien in der Scheide. Bei einem natürlichen Geburtsvorgang kommt ein Kind damit in unmittelbaren Kontakt, während es den Geburtskanal passiert.

Die aktuelle Theorie des Teams aus Baltimore besagt nun, dass die Bakterien in den kindlichen Organismus wandern und die Grundlage für die sich entwickelnde Darmflora bilden. Eine durch Stress veränderte Scheidenflora gibt dem Kind daher möglicherweise eine schlechtere Grundlage mit. Zumindest im Mausexperiment bestätigte sich diese Idee. Holte man Jungtiere eines stressfreien Muttertieres via Kaiserschnitt und brachte sie dann mit dem vaginalen Mikrobiom eines gestressten Muttertieres in Kontakt, entwickelte diese Jungtiere später ebenfalls Verhaltensauffälligkeiten. Der Gegenversuch scheiterte allerdings: Jungtiere einer gestressten Mausmutter zeigten durch das vaginale Mikrobiom einer anderen Maus keine Besserung.