Das Durchtrennen der Nabelschnur zum richtigen Zeitpunkt

Die Nabelschnur nennt man lateinisch Funiculus umbilicalis. Über diese wird es mit allen lebenswichtigen Stoffen versorgt, ohne dass es schlucken oder atmen muss. Stoffwechselabbauprodukte werden über die Nabelschnur entsorgt. Der Blutkreislauf der Mutter ist mit dem Kreislauf des Ungeborenen verbunden und das Kind erhält alle wichtigen Nährstoffe. Die Abnabelung des Babys von der Mutter wird durchgeführt, wenn das Baby geboren wurde. Zu welchem Zeitpunkt die Nabelschnur durchtrennt wird, ist unterschiedlich.

Von Claudia Rappold

Die letzte Phase der Geburt wird in der Fachsprache "Austreibungsperiode" genannt. Die werdende Mutter verspürt Presswehen und presst intuitiv mit, damit das Baby geboren werden kann.

Sofern die Mama dies möchte, legt die Hebamme, die die Geburt geleitet hat, das neugeborene Baby auf den Bauch der Mutter. Dort kann sich das Neugeborene von den Strapazen der Geburt erholen und die junge Familie kann sich "beschnuppern".

Mit der Entbindung wird die Nabelschnur überflüssig, das Baby hat nach der Geburt einen eigenen gut funktionierenden Blutkreislauf.

Der Abnabelungsvorgang

Je nach Geburtsverlauf erfolgt dann früher oder später die so genannte Abnabelung. Die Hebamme benutzt dazu zwei Klammern, die in einem bestimmten Abstand um die Nabelschnur gezwickt werden. Die eine Klammer befindet sich im Abstand von wenigen Zentimetern vom Baby entfernt, die andere nochmals einige Zentimeter weiter.

Sofern der frischgebackene Papa dies möchte, darf er nun mit einer Schere zwischen den beiden Klammern die Nabelschnur durchtrennen.

Ein eigenständiger kleiner Mensch

Sobald die Abnabelung abgeschlossen ist, ist das Baby ein eigenständiger kleiner Mensch. Solange das Baby noch über die Nabelschnur mit der Plazenta verbunden ist, wird es noch mit Antikörpern der Mutter und Blutkörperchen versorgt. Sobald die Nabelschnur durchtrennt ist, wird auch die Geburtszeit notiert.

Der perfekte Zeitpunkt

Ist die Schwangerschaft unauffällig verlaufen und macht das Kind zum Zeitpunkt der Geburt einen rosigen und vitalen Eindruck, so erfolgt das Abnabeln meist erst, wenn die Nabelschnur nicht mehr pulsiert. Das ist dann der Fall, wenn kein Blut mehr über die Nabelschnur zum Baby geleitet wird.

Die Meinungen gehen auseinander

Die Meinungen gehen weit auseinander, ob man die Nabelschnur gleich durchtrennen soll, oder ob man sie in Ruhe auspulsieren lassen soll und dann erst durchschneidet.

Konservative Ärzte und Hebammen gehen davon aus, dass die Nabelschnur mit der Entbindung ihre Funktion verloren hat und sofort durchtrennt werden kann. Die so genannten natürlichen Entbindungsmethoden halten es für besser mit dem Durchtrennen zu warten, so lange das Blut noch in der Nabelschnur pulsiert.

Die Meinung eines Experten

Frédérick Leboyer, ein französischer Gynäkologe, gilt als der Vater der sanften Entbindung und war ein Vorreiter moderner Entbindungsmethoden. Er beschreibt, dass sich das Baby aus der Geborgenheit des Mutterleibes erst langsam an die neue Umgebung gewöhnen muss.

Er beschreibt weiter, dass das erste Atmen für das Kind sehr anstrengend und unter Umständen schmerzhaft sein kann. Durch das Auspulsieren der Nabelschnur kann es sich langsam an das Atmen gewöhnen und die Umstellung auf die eigene Atmung fällt leichter.

Komplikationen

Muss das Baby sofort ärztlich untersucht werden, so wie dies z.B. bei Frühgeburten der Fall ist, so wird die Nabelschnur sofort nach der Geburt durchtrennt. Eine sofortige Abnabelung erfolgt auch dann, wenn sich das Blut von Mutter und Kind nicht vertragen könnten.

Lotusgeburt

Eine besonders späte Form der Abnabelung ist die Lotusgeburt. Die Abnabelung erfolgt hier erst, wenn der Nabel von selbst abfällt.

Ein Bauchnabel entsteht

Wurde das Baby abgenabelt, so hängt noch ein wenige Zentimeter langes Stück der Nabelschnur am Bauch des Säuglings. Diese Nabelschnur trocknet nach wenigen Tagen ein und fällt ab. Erst dann ist der Nabel des Babys zu sehen.

Man kennt eine offene und eine geschlossene Nabelschnurpflege.

Diese Aufgabe gebührt den Vätern

Väter werden üblicherweise aufgefordert die Nabelschnur zu durchtrennen. Dies ist ein ganz besonderer und erhabener Augenblick. Einmal können sich die Väter so aktiv einbringen, zum anderen erleben sie das Durchtrennen als ganz besonderen Moment. Für Väter ist dieses Erlebnis einzigartig und verbindet sie mit dem Kind.

Der Nabelschnurrest am Baby wird versorgt und fällt nach circa zwei Wochen von alleine ab.

Keine Schmerzen für Mutter und Kind

Viele Väter erleben die Geburt ihrer Tochter oder ihres Sohnes sehr intensiv. Viele Papas zögern auch und haben ein bisschen Angst vor dem Durchtrennen der Nabelschnur. Das Durchschneiden geschieht völlig schmerzfrei für Mutter und Kind und ist auch ganz ohne Risiko.

Lange Vorbereitung auf diesen Augenblick

Engagierte Väter waren auch schon bei den Geburtsvorbereitungskursen dabei und haben sich gut auf die Entbindung vorbereitet. Wenn es dann endlich soweit ist, sind sie zumeist doch sehr aufgeregt.

Nach oft stundenlangem Warten und Wehen ist es eine Erlösung für beide Eltern, wenn der Nachwuchs endlich da ist. Dann sind alles Bangen, Hoffen, alle Schmerzen und das Warten vergessen.

Und plötzlich liegt so ein kleines Menschenkind auf dem Bauch der Mama. Staunend und ungläubig bewundern Mama und Papa den Nachwuchs und dann fordert der Arzt oder die Hebamme den Vater auf die Nabelschnur zu durchtrennen.

Dieser Augenblick bleibt für den Vater unvergleichlich und unvergesslich.

Die Frau ist oft noch erschöpft von der Entbindung, kann diesen überragenden Moment aber miterleben. Jetzt ist alles überstanden und alles ist gut. Ist der Vater bei der Entbindung dabei, so kann er die Frau aktiv unterstützen.

Es ist bewiesen, dass Väter, die bei der Geburt ihres Kindes dabei waren, eine engere und intensivere Beziehung zu dem Kind haben.