Der Alltag mit Zwillingen: Tipps zum Stillen und Besonderheiten in der Erziehung

Wer den manchmal anstrengenden Alltag mit einem Kind kennt, kann sich vorstellen, dass mit einem Zwillingspärchen alles doppelt so anstrengend sein kann.

Von Claudia Rappold

Zwillinge - eine ganz besondere Beziehung

Bei Zwillingen wird die besondere Geschwisterbeziehung dadurch gekennzeichnet, dass alles im Doppel erledigt werden muss. Typisch für Zwillinge ist

  • ihre Solidarität zueinander und
  • dass sie sich ihrer besonderen Beziehung zueinander schnell bewusst werden.
  • Das erste Lebensjahr ist wohl für Eltern und Kinder am schwersten, um sich in die neue Situation einzufinden.

Oft braucht es die Unterstützung von Verwandten und Bekannten. Da schreit nicht nur ein Kind und will die Flasche oder gestillt werden, sondern es sind immer gleich zwei.

Den Bedürfnissen der Zwillinge gerecht werden

Ab der Geburt teilen sich die Zwillinge den gleichen Lebensraum und durchlaufen gleichzeitig die unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Die Aufmerksamkeit, die sie von den Eltern erhalten, ist zumeist auch immer eine geteilte.

Auch für die Eltern entsteht oft das Gefühl, dass sie sich zweiteilen müssten, um beiden Kindern gerecht zu werden. Um die Bedürfnisse von beiden Kindern zu stillen und für beide da zu sein, braucht es gerade in der Anfangszeit eine große Ausdauer. Die Eltern sind im Alltag vor eine besondere Aufgabe gestellt, doch meist arrangieren sich die Parteien und sind bald ein eingespieltes Team.

Der Alltag mit Zwillingen

Eine große Herausforderung ist es, wenn schon ältere Geschwisterkinder da sind, die ebenfalls die Aufmerksamkeit der Mutter brauchen. Schon ein Arztbesuch kann da zu einem schwierigen Unterfangen werden:

Zwei Kinder müssen gewickelt werden, drei Kinder angezogen werden, Trinkfläschchen für unterwegs richten, Kekse und Spielsachen einpacken, Wickeltasche richten, zwischendurch die Nasen putzen oder Tränen trocknen und dann alle Kinder auch noch transportieren.

Da können einer Zwillingsmutter schon einmal die Schweißperlen auf der Stirn stehen.

Doppelter Stress und doppelte Freude

Der Alltag mit Zwillingen bedeutet in jedem Fall doppelten Stress, aber er bedeutet auch doppelte Freude.

  • Zwillingsmütter sollten sich zugestehen, dass sie auch einmal überfordert sein dürfen und sollten jede Hilfe annehmen und sich unterstützen lassen.
  • Mit zwei kleinen Babys ist man gefordert genug, da kann nicht auch der Haushalt immer perfektionistisch auf Vordermann sein.

Die aufwendige Mühe der ersten Jahre zahlt sich aber aus, wenn die Kinder älter werden, denn sie haben immer einen Spielpartner und müssen nicht dauernd beschäftigt werden.

Das Stillen von Zwillingen

Das Stillen von Zwillingen ist eine Herausforderung, aber nicht so schwierig, wie die meisten Menschen sich das vorstellen. Nach der Entbindung regelt erst einmal die Nachfrage das Angebot.

In einer geeigneten Sitzposition mit Stillkissen können Zwillinge auch gleichzeitig angelegt werden. Erfahrungsgemäß wollen sie aber zumeist zu unterschiedlichen Zeiten trinken.

Bei den meisten Müttern ist auch genügend Milchmenge vorhanden, um beide Kinder zu versorgen. Vielmehr ist es eine Frage der Organisation und wie der Alltag geregelt wird.

Stress vermeiden

Auf keinen Fall sollte sich die Mutter unter Druck setzen und in Stress geraten. Auch den Anspruch, die Kinder komplett zu stillen, sollte sie unter Umständen überdenken.

  • Eine ruhige und ausgeglichene Mama ist der beste Garant für ein erfolgreiches Stillen, denn Stress und Druck wirken sich auf die Milchmenge und auch die Milchqualität aus.
  • Milchbildungstees können erfolgreich unterstützen und in der Regel sind sie auch sehr schmackhaft.
  • Die Mutter sollte sich nicht verunsichern lassen, wenn es von Anfang an nicht so gut klappt. Jeder Tropfen ist wichtig und mit der Zeit wird die Menge sich steigern und Mama und Kinder werden ein eingespieltes Team.

Paralleles oder einzelnes Stillen?

Um beide Kinder gleichzeitig zu stillen, kann die Hebamme unterschiedliche Anlegepositionen zeigen. Das gleichzeitige Stillen kann Zeit sparen und ein trinkschwacheres Baby profitiert von seinem Zwilling, wenn dieser durch einen starken Saugreflex eine vermehrte Milchproduktion auslöst.

Andere Mütter kommen besser zurecht, wenn sie die Kinder einzeln stillen oder eben jedes Kind seine Brust hat. Die meisten Mütter entwickeln schnell ein Gespür, wie sie am besten mit den Zwillingen umgehen und solange beide gut gedeihen, kann die Mama auf ihren Umgang mit dem Stillen vertrauen.

Tipps zum nächtlichen Stillen

Stillende Mütter sind sehr beansprucht und Zwillingsmütter dann noch einmal doppelt, wenn sie dann mal zum Schlafen kommen, schlafen sie sehr tief. Deshalb sollten die Kinder in der Nähe schlafen, dass sie auch gehört werden.

Auch wenn nachts gestillt werden muss, finden die Mütter in der Regel schnell ihren Rhythmus und erarbeiten einen Weg, wie sie dies handhaben. Um selbst zu Schlafpausen zu kommen, wecken manche Mütter den anderen Zwilling, wenn nur einer zum Trinken aufgewacht ist. Andere Frauen stillen und wickeln die beiden Kinder lieber nacheinander.

Besonderheiten in der Erziehung

Zwillingskinder sind zwar eine Besonderheit, aber Besonderheiten in der Erziehung gibt es kaum zu beachten.

Individuelle Persönlichkeiten fördern

Intuitiv erziehen die meisten Eltern ihre Kinder richtig, wenn sie auf die individuelle Persönlichkeit des Kindes eingehen und

Bei Zwillingen kann die Gefahr bestehen, beide in einen Topf zu werfen, daher ist es ganz wichtig, die eigene Identität des einzelnen Kindes zu respektieren. Wir alle haben bei Zwillingen das Bild vor Augen der gleich angezogenen Geschwisterkinder. Warum müssen Zwillinge gleich angezogen sein? Weil es so niedlich und schön aussieht?

Schon hier beginnt die Erziehung zur Individualität: Zwillinge müssen nicht immer gleich angezogen sein und die selben Spielsachen haben. Sie sollten sich genau so unterschiedlich entwickeln dürfen wie andere Geschwisterkinder.

Eigenarten akzeptieren

Noch immer haben Zwillinge eine Sonderstellung und gelten als biologisches Wunder. Wegen ihrer äußerlichen Ähnlichkeit werden sie bestaunt und automatisch wird davon ausgegangen, dass sie unzertrennlich sind und auch gleich denken und sich gleich entwickeln.

  • Aber Zwillingskinder können charakterlich und in vielen anderen Eigenschaften genau so unterschiedlich sein wie andere Geschwisterkinder.

Die Eltern sollten das jeweilige Kind immer einzeln wahrnehmen und auf seine Bedürfnisse eingehen.

Schwache und dominante Position

Die Psychologie geht davon aus, dass eines der Zwillingskinder immer eine dominante Position hat. Wenn die Eltern das bemerken, sollten sie das schwächere Kind stärken und es unterstützen. Zwillinge sollten immer einzeln angesprochen werden und nicht im Dual.

Die Eltern sollten Äußerungen immer direkt an das einzelne Kind richten und es persönlich ansprechen. Oft werden die Kinder als "die Zwillinge" angesprochen oder man spricht über "die Zwillinge", dies kann zu einer Identitätsstörung führen.

Soziale Kompetenzen fördern

Die meisten Zwillinge sind sich sehr schnell ihres Sonderstatus bewusst und können diesen auch ausnutzen, deshalb sollten die Eltern für soviel Normalität wie möglich sorgen. Es wurde beobachtet, dass die Entwicklungsschritte bei Zwillingskindern verzögert sein können.

Der Umgang kann sich auf den Zwillingspartner beschränken und andere Kontakte mit Kindern werden gemieden. Da sollten die Eltern ermuntern und helfen weitere soziale Kontakte zu knüpfen.

Um sich benennen und identifizieren zu können, brauchen Kinder eine Vorstellung von sich selbst. Bei allen erstaunlichen Gemeinsamkeiten sollten sich auch Zwillingskinder ganz eigenständig entwickeln dürfen.