Laufwagen - Arten, Vor- und Nachteile sowie Qualitätsmerkmale von Lauflerngeräten

Für Eltern ist es ein erstrebenswertes Ziel, dass ihre Kinder laufen lernen. Die Hersteller preisen daher Lauflernhilfen als spielerische Unterstützung und optimale Starthilfe für den Entwicklungsprozess an. Doch die fahrbaren Gestelle bergen ein hohes Unfallrisiko, die Ärzteschaft fordert seit Langem einen Verkaufsstopp.

Von Claudia Rappold

Das Laufenlernen ist für das Kind ein anstrengender Prozess, viele verschiedene Fähigkeiten müssen dabei geschult und beherrscht werden. Das Laufen gehört zu den kompliziertesten Bewegungsabläufen.

Nachdem das Kind sich an Möbeln hochgezogen hat und einigermaßen frei stehen kann, macht es auch bald die ersten wackligen Schritte. Dabei sind manche Kinder schneller und andere lassen sich noch ein bisschen mehr Zeit.

In jedem Fall sollten die Eltern Geduld haben und nichts forcieren, das Kind soll aus eigenem Antrieb handeln. Ob man ihm dabei Laufhilfen anbieten soll, ist bei Spezialisten umstritten.

Verschiedene Arten von Lauflernhilfen

Laufwagen dienen dem Laufen lernen und sind oft Lauflern- und Spielgerät in einem. Es gibt unterschiedliche Ausführungen und Modelle. Laufwagen sind aus unterschiedlichen Materialien, wie etwa

  • Kunststoff
  • Metall und
  • Holz.

Die Schiebewagen haben vier Räder und einen Bügel, an dem sich das Kind festhält. Sie können wie eine Schubkarre eine kleine Ladefläche besitzen, in der Spielsachen, Puppen und Kuscheltiere transportiert werden können. Andere sind schon in der Form und Ausstattung einem Puppenwagen nachempfunden.

Laufwagen mit integriertem Spielcenter

Die meisten namhaften Spielzeughersteller bieten auch Laufwagen an. So findet man Laufwagen, die vorne einen Spielcenter haben. Da kann das Kind animiert durch Formen, Farben, Töne und beweglichen Teile damit spielen.

Oft ist diese Spielkonsole abnehmbar, hat leuchtende Tasten, Elemente zum Drehen und Drücken und es ertönen Kindermelodien.

Sie sind zumeist aus Kunststoff. Andere Schiebewagen haben die Form eines Autos oder eines Tieres und sind teilweise aus Holz gefertigt.

Laufwagen mit Hängesitz

Bei anderen Laufwagen sitzt das Kind in einer Art Hängesitz und die Füße berühren den Boden. Die Räder sind von einer Art Stoßdämpfer umgeben und das Gestell von einer runden oder eckigen Form, die das Kind am Anecken hindern soll.

Diese Modelle nennt man auch Gehfrei. Oft haben sie noch eine Ablage oder verfügen über einen kleinen Tisch, auf dem das Kind spielen kann. Manche besitzen "Stopper", um gefährliche Treppenstürze zu verhindern.

Ein zusätzliches gepolstertes Rückenteil sorgt für den nötigen Sitzkomfort und auch die Sitzhöhe lässt sich meist verstellen. Einige Modelle sind zusammenklappbar, so dass sie sich leicht verstauen lassen.

Unterscheidungsmerkmale

Die Laufwagen unterscheiden sich in Sachen Altersempfehlung und Körpergewicht des Kindes. Die Preise variieren sehr stark, je nach Hersteller und Modell.

Teurere Modelle sind aus Holz und haben Vollgummireifen mit Holzfelgen, auch hier findet man oft noch zusätzliche Spielelemente. Manche Schiebewagen haben eine Box mit bunten Holzbauklötzen, andere sind wie ein Sitz geformt, wo sich das Kind auch vorne hinsetzen kann oder den geliebten Teddy transportiert.

Die Auswahl und das Angebot an Laufwagen sind sehr groß. Manche Laufwagen sind auch vielseitige Lernspielzeuge und bieten pädagogischen Spaß. So gibt es unter anderem:

  • ein Telefon mit Wählscheibe
  • eine Kreidetafel
  • eine Motorikschleife

Vor- und Nachteile

Es gibt Befürworter der Laufwagen und eben auch Gegner.

Positive Aspekte

Befürworter sehen in einem Laufwagen ein sinnvolles Lauflerngerät, welches die natürlichen Prozesse des Kindes unterstützt. Er soll die Entwicklung des Kindes fördern und unterstützen.

Da die ersten Schritte oft noch ein bisschen wackelig ausfallen, besteht für das Kind eine Sturzgefahr. An einem Laufwagen kann es sich festhalten und ihn vorsichtig vor sich her schieben, dies gibt ein Stück Sicherheit.

Mit dem Laufwagen erweitert sich der Spielraum des Kindes. Er schult den Gleichgewichtssinn und die Koordination sowie die Bewegungsabläufe.

Die meisten Laufwagen sind nicht nur Lauflerngerät, sondern auch Spielgerät. Sie bieten pädagogischen Spaß und fördern mit verschiedenen Spielelementen die unterschiedlichsten Fähigkeiten des Kindes. Generationen von Kindern sind mit Laufwagen groß geworden.

Negative Aspekte

Die Gegner sind der Ansicht, dass das Kind in seinen natürlichen Bewegungsabläufen beeinträchtigt wird. Die leicht gebückte Haltung beim Schieben des Laufwagens soll der Wirbelsäule nicht gut tun.

Durch den Laufwagen erweitert sich der Bewegungsradius des Kindes und dies Tatsache birgt zusätzliche Gefahrenquellen in sich. Viele Hebammen und Kinderärzte raten daher von der Benutzung eines Laufwagens ab. Sie unterstützen das Krabbeln und das selbstständige Aufrichten und Gehen des Kindes, da dies in einem sinnvollen physiologischen Prozess geschieht.

Garantieren Prüfsiegel die nötige Sicherheit?

Laut Ergebnissen der Stiftung Warentest kaufen etwa 50 Prozent der Eltern ihrem Nachwuchs ab einem Alter von einem halben Jahr eine Lauflernhilfe. Die Geräte sind heute mit allerlei Zubehör ausgestattet, ob Spielzeug oder Musik. Halb sitzend können sich bereits Babys mit Strampel- und Laufbewegungen fortbewegen, wobei zum Teil Geschwindigkeiten von bis zu 10 km/h erreicht werden.

Viele Eltern und Großeltern denken, dass Lauflernprodukte aus Babyfachgeschäften ungefährlich sind, schließlich tragen die Geräte das GS-Siegel und sind häufig zusätzlich mit DIN-Prüfsiegeln versehen.

Zwar gibt es die Europäische Norm (EN 1273:2005), die die Sicherheitsanforderungen der fahrbaren Gestelle enthält, doch diese Norm garantiert lediglich die Kippsicherheit. Die Gefahren für Babys und Kleinkinder lauern allerdings woanders.

Treppenstürze als größtes Unfallrisiko

Jedes Jahr verunglücken rund 6.000 Kinder mit Lauflernhilfen. Am häufigsten kommt es bei der Altersgruppe zwischen sieben und vierzehn Monaten zu behandlungsbedürftigen Verletzungen. Eine Studie aus Australien belegt, dass jedes dritte Kind sich durch den Sturz mit einem Babywalker verletzt.

Treppenstürze gelten hierbei als größtes Unfallrisiko. Mehr als 80 Prozent der Kinder, die mit einem Gehfrei auf einer Treppe verunglücken, erleiden Schädel-Hirn-Traumen oder gar Schädelfrakturen. Durch die Fixierung in der Lauflernhilfe kann sich das Kind nicht automatisch durch Abrollen schützen, sondern prallt mit dem Kopf auf die Treppenstufen.

Doch auch auf ebenem Terrain sind Lauflerngeräte alles andere als ungefährlich, denn wenn Kinder mit einem Tempo von bis zu 10 km/h immer wieder an

  • Schränke
  • Stühle oder
  • Tischkanten

stoßen, ist die Gefahr von schweren Verletzungen groß, vor allem an der Wirbelsäule. Auch Gegenstände auf dem Fußboden oder Türschwellen erhöhen das Verletzungsrisiko, wenn die Kleinen mit den fahrbaren Geräten unterwegs sind.

  • Leisten
  • Teppiche und
  • herumliegendes Spielzeug

können zu gefährlichen Stolperfallen werden. Kippt ein Walker um, können sich die angegurteten Kinder nicht selbständig aus ihrer prekären Lage befreien.

Auch die Bewegungsfreiheit in einer Lauflernhilfe schürt die Unfallgefahr. Krabbelkinder in einem Gehfrei sind weniger in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt als üblich. Deshalb erreichen sie gefährliche Gegenstände wie Wasserkocher, Kabel, Schubladen oder heiße Tassen leichter. Es drohen schwere Verletzungen durch

Einschränkung der motorischen Entwicklung

Lauflerngeräte bergen jedoch nicht nur eine hohe Unfallgefahr, sondern

  • schränken zudem die motorische Entwicklung ein,
  • führen zur Überlastung des Haltungsapparates und
  • beeinträchtigen bei Nutzung über einen längeren Zeitraum das Laufenlernen.

Britische Studien zeigen, dass Kinder, die sehr oft eine Lauflernhilfe nutzen, im Durchschnitt später laufen lernen als ihre Altersgenossen ohne Hilfsmittel. Die Gegner raten von Laufhilfen mit der Begründung ab, dass das Kind nur eine halb stehende Position hat und dadurch die Hüften zu stark belastet werden. So lernt das Kind nicht, den ganzen Fuß zu belasten und geht eher zehenbetont.

Fazit

Deutsche Kinder- und Jugendärzte fordern seit langem ein Verkaufsverbot für Lauflerngeräte; Stiftung Warentest empfiehlt Eltern seit 1997, auf den Kauf der Produkte zu verzichten. Aufgrund ihrer Gefährlichkeit dürfen Lauflernhilfen sowohl in Skandinavien als auch in Kanada gar nicht mehr angeboten werden.

Kinder lernen auch ohne die fahrbaren Gestelle laufen und brauchen keine zusätzlichen Lauflernhilfen. Experten scheinen sich einig zu sein, dass die Laufhilfen der Entwicklung des Kindes schaden und die Ausbildung des Stützapparates beeinträchtigt wird. Grundsätzlich sollten Eltern auf unterstützende Lauflerngeräte verzichten, denn die Kleinen trainieren durch Hochziehen an feststehenden Möbeln ganz von alleine das selbständige Stehen und Laufen.

Die Entscheidung für oder gegen einen Laufwagen ist wirklich nicht leicht, vor allem weil die Meinungen so geteilt sind. Vielleicht ist ein goldener Mittelweg die Lösung: Die zeitlich eingeschränkte Nutzung einens Laufwagens kann eine Möglichkeit darstellen, um das Kind nicht zu überfordern und dennoch in seiner Entwicklung zu fördern.

Worauf beim Kauf eines Laufwagens geachtet werden sollte

Beim Kauf eines Laufwagens gilt es, einige Punkte zu beachten. Der Laufwagen ist ein Lauflerngerät und will das Kind stützen. Deshalb muss er robust und stabil, vor allen Dingen aber auch kippsicher sein.

Gut abwägen! Lauflernhilfen stehen in besonders starker Kritik - man sollte einen Kauf gut abwägen und überlegen, ob man der Entwicklung seines Kindes damit nicht eher schadet.

Sicherheit ist ausschlaggebend

Die Räder des Laufwagens sollten nicht zu leichtgängig sein, damit das Kind beim Laufen noch etwas ausgebremst und nicht zu schnell wird, denn Sicherheit ist oberstes Gebot. Deshalb ist es sinnvoll, vor dem Kauf Testergebnisse der Stiftung Warentest einzusehen.

Ein Laufwagen sollte in jedem Fall TÜV geprüft sein und über ein CE Zeichen verfügen. Die verwendeten Materialien sollten schadstoffgeprüft, Lacke und ähnliches müssen speichelfest sein.

Es ist empfehlenswert, den Laufwagen nicht über Versand oder das Internet zu beziehen, damit man ihn beim Kauf vor Ort überprüfen und begutachten kann. Eine Ausnahme bildet natürlich der Kauf einer vertrauten und bekannten Marke, deren Qualität man bereits kennt.