Vollnarkose bei Kleinkindern - geistige Entwicklung kann gestört werden

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Sorgen in Bezug auf Narkotisierungen von Kindern berechtigt sein könnten

Von Cornelia Scherpe
11. Juni 2015

Narkosen gelten in Deutschland als sehr sicher. Eine Risikogruppe für sich sind jedoch Kleinkinder, denn bei ihnen muss die Dosierung besonders fein abgestimmt werden. Zudem befindet sich der gesamte Organismus noch in der Entwicklung.

Sorgen berechtigt?

Besonders dieser zweite Punkt ruft immer wieder Kritiker auf den Plan. Sie geben zu Bedenken, dass durch Narkosemittel, die das komplette Bewusstsein vorübergehend ausschalten, das kleine Gehirn beschädigt werden könnte. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass diese Sorgen durchaus berechtigt sein können. Erhalten Kinder in den ersten Lebensjahren eine Vollnarkose, kann das

  • den Spracherwerb verzögern,
  • die allgemeine Sprachentwicklung verlangsamen und auch
  • zu einem leichten Rückgang des IQs führen.

Die Studie schloß die Daten von 106 Kindern ein, die im Alter zwischen fünf Jahren und 18 Jahren kognitive Tests absolvierten. Neben der Ermittelung des IQs ging es um die Sprachfähigkeit und allgemeine Verständnistests.

53 der Kinder hatten nach der Geburt eine Operation durchstehen müssen und waren daher bereits als Kleinkinder einmal narkotisiert worden. Die Kinder waren maximal vier Jahre, als die Narkose stattfand. Die übrigen 53 Kinder dienten als Kontrollgruppe und hatte keine Narkose im Kleinkindalter bekommen.

Defizite durch Narkosemittel

Als die Forscher nun beide Gruppen gegenüberstellte und die Testergebnisse verglich, fiel ein Unterschied auf. Die Narkose-Gruppe hatte deutliche Defizite. Ein Test, der sich mit dem einfachen Hörverstehen beschäftigt hatte, fiel den Kinder mit zurückliegender Narkose schwerer. Im Schnitt lagen sie sechs Punkte hinter der Kontrollgruppe. Auch der IQ war im Durchschnitt 6,4 Punkte geringer.

Eine zusätzliche Hirnuntersuchung der Probanden zeigte die Unterschiede sogar bildlich. Dabei hatten die Kinder aus der Narkose-Gruppe weniger graue Hirnsubstanz. Der Mangel kam vor allen Dingen im Kleinhirn und im Areal des "okzipitalen Cortex" vor.